So 12.04.2009
Gary, inwiefern wärst Du als Lehrer konkret von den Schmied-Plänen betroffen?
Bei mir persönlich würde es bedeuten, dass ich eine zusätzliche Klasse übernehmen müsste. Da ich gem. provisorischer Lehrfächerverteilung meiner Schule (diese musste die Schule schon am 20.3. dem Landesschulrat vorlegen) ab Sept.09 ausschließlich in externen Klassen in meiner Wohnnähe unterrichte (neben meiner Bundespersonalvertretungstätigkeit), müsste ich dann wieder ins 54km entfernte Linz pendeln.
Du bist im Verhandlungsteam der Gewerkschaft - wie erlebst Du die Medien und die Verhandlungen?
Was bei diesen Gesprächen an Worten ausgetauscht wurde, war eh jeweils kurz darauf in den Print- und Onlinemedien zu lesen, mehr war da nicht. Ich habe eigentlich keinerlei Fortschritte in den 6 Wochen seit Aschermittwoch erlebt. BM Schmied nennt ihre eigenen Vorschläge Kompromissangebote, wie wohl diese den LehrerInnen genauso viel Geld wegnehmen sollen (heuer z.B. 180 Millionen), wie ihr erster Vorschlag, dass jede und jeder 2 Stunden mehr unterrichten müsse. Sie nennt ihren Vorschlag der Befristung der Lehrpflichterhöhung einen Kompromiss, wie wohl sie schon deutlich gesagt hat, dass gem. ihren Vorstellungen nach dieser zeitlichen Befristung ein neues Dienstrecht mit einer eher noch höheren Unterrichtspflicht stehen soll. Sie wirft den LehrerInnen vor, dass sie über Maßnahmen nach einem evt. Scheitern der Verhandlungen nachdenken und verbietet sich solche Überlegungen, wiewohl sie selbst die Gespräche bis zum letztmöglichen Termin (14.4. unmittelbar vor dem Ministerrat und womöglich dann noch einmal vor dem Ministerrat am 20.4.) hinauszögert, ohne je ein Angebot gemacht zu haben das den LehrerInnen weniger als 180 Mill. heuer und 345 Millionen im nächsten Jahr kostet - denn das Bildungsbudget ist für BM Schmied und die gesamte Regierung seit dem Aschermittwoch (25.2., also seit 6 Wochen und 4 Gesprächen mit der ARGE Lehrer und einigen Untergruppengesprächen) in Beton gegossen. Während in dieser Zeit eine Steuersenkungsreform beschlossen wurde und gerade diese Woche wieder eine Milliarde an eine Bank überwiesen wurde. Ist die Volksbank tatsächlich doppelt so viel wert wie die Volksbildung? (Mit in Summe 500 Millionen kämen wir bis 2011 und dann beginnen die stärkeren Pensionierungen, und wenn dann auch noch die Altersteilzeit dazu kommt, gehen sich alle geplanten und gesetzlich festgelegten Bildungsreformen auch mit den jetzt gültigen Unterrichtspflichten aus.) Und damit zum eigentlichen Skandal an demagogischer Manipulation, den BM Schmied in den letzten Tagen über die Medien spielte: Das BMUKK behauptet, dass 4100 LehrerInnen ihren Job verlieren würden, wenn die Lehrpflichterhöhung nicht kommt, denn "Bei Nichthandeln würden hingegen allein im kommenden Jahr 4.100 Lehrer ihren Posten verlieren." Wahr ist hingegen, dass bei Nichthandeln die derzeitigen Gesetze weiter gelten und die besagen: Maximal 25 SchülerInnen pro Klasse aufsteigend in die 3. und 7. Schulstufe im Herbst 09 und in die 4. und 8. im Herbst 2010. Weiterhin Teilungen in D, Math, Fachgegenstand in 31er-Klassen in der 9. Schulstufe der BORG und BMHS. Wahr ist also, dass nur beim Handeln des Ministeriums und des Gesetzgebers zum Nachteil der LehrerInnen und SchülerInnen die gültige SchOG-Novelle wieder verschlechtert werden könnte oder die Lehrverpflichtung erhöht und/oder die Prüfungstaxen gestrichen (ist das gesetzlich überhaupt vorstellbar?) und/oder Überstundenzuschläge abgeschafft würden (ist das gesetzlich für eine einzelne Gruppe von ArbeitnehmerInnen überhaupt vorstellbar?). Nur weil sich die LehrerInnen in den letzten 20 Jahren fast alles gefallen ließen, heißt das nicht, dass das auch diesmal so ist.
Die GÖD ist ja nicht gerade als fortschrittliche Gewerkschaft bekannt. Z.B. versucht die ÖVP nun über diese Hintertür die Neue Mittelschule wieder auszuhebeln. Ist die GÖD-Führung repräsentativ für die LehrerInnen? Welche Gewerkschaft würden sich die KollegInnen wünschen?
Die GÖD-Führung ist zwar nicht durch direkte Wahlen und auch nur ganz vereinzelt durch Gewerkschaftswahlen legitimiert, aber zum größeren Teil doch durch Personalvertretungswahlen. Die knappe FCG-Mehrheit dürfte repräsentativ für die öffentlich Bediensteten sein, auch bei den LehrerInnen. Bezüglich der Akzeptanz der Neuen Mittelschule gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Schultypen.
Bei den Dienststellenversammlungen waren die Abstimmungen für Streik ja sehr eindeutig. Sind die KollegInnen wirklich streikbereit? Und ist es die Gewerkschaft? Hast Du das Gefühl, die Gewerkschaftsführung bremst eher oder versucht ehrlich einen Kampf zu organisieren?
Ja, die KollegInnen sind streikbereit, und auch die Gewerkschaft. Die Führungen der einzelnen LehrerInnengewerkschaften und der GÖD hoffen aber immer noch, mit Verhandlungen und der Androhung von Maßnahmen und wohl auch mit Hilfe der Nationalratsabgeordneten die Pläne von BM Schmied zu Fall zu bringen. Allerdings spielen hier Kanzler und Vizekanzler/Finanzminister ein doppeltes Spiel. Einerseits geben sie nicht das für die Bildung gem. Gesetzeslage notwendige Geld her, andererseits tun sie so, als hätten sie mit der dadurch scheinbar notwendigen Arbeitsverschlechterung der LehrerInnen nichts zu tun.
Wie ist die Stimmung unter den KollegInnen? Sind sie bereit, auch länger zu streiken, wenn nötig?
Ja, das glaube ich. Die allermeisten halten den Streik oder als ersten Schritt eine große Demo für wesentlich sinnvoller als einzelne Boykott- oder Dienst-nach-Vorschrift-Aktionen.
Schmied behauptet ja, die SchülerInnen würden von den LehrerInnen und Direktionen zum Schulstreik genötigt. Wie siehst Du das aus Deiner Erfahrung mit Jugendlichen und mit den letzten Schulstreiks?
Die SchülerInnen wurden meinen Erfahrungen nach weder von den LehrerInnen falsch informiert noch instrumentalisiert. Die können nämlich sehr wohl selber denken und rechnen.
Für 20.4. ruft ein breites Bündnis aus SchülerInnen und Organisationen zum Schulstreik gegen die Schmied-Pläne. Ziel ist es auch, die GÖD dazu zu motivieren, den angedachten Streik am 21.4. tatsächlich durchzuführen. Was hältst Du davon?
Da es am 14.4. wieder ein Gespräch des BMUKK und der ARGE LehrerInnen gibt und da es sehr wohl noch die berechtigte Hoffnung auf Abwendung der Unterrichtspflichterhöhung gibt, ist es wohl verständlich, dass die GÖD noch nicht zum Streik aufruft.
Was sollte aus Deiner Sicht das Ergebnis eines Streiks und wie sollten die Streiks organisiert sein?
Streik bedeutet, dass - wie es ein Gewerkschaftsvorsitzender sagte - die Schulen finster bleiben. Also auch keinerlei Aufsichtstätigkeit. Das Ziel ist für den Moment das Abwenden der Erhöhungen der Unterrichtspflicht oder anderer Maßnahmen, die die Arbeitszeit der LehrerInnen weiter erhöhen (nach den vielen Erhöhungen in den letzten 20 Jahren) oder ihr Gehalt weiter verringern. Tatsächlich brauchen wir aber nicht nur ein Lippenbekenntnis der PolitikerInnen zu einem Bildungsschwerpunkt, sondern auch definitiv mehr Budget dafür.