Die Zukunft der Industrie?

Smartphone & Co. haben unser Leben verändert – von einer Revolution sind wir aber weit entfernt.
Albert Kropf

Roboter, Smartphone und das Internet der Dinge. Der technische Fortschritt scheint mit Riesen-Schritten unser Leben zu verändern. Es wird uns das Bild einer rosigen Zukunft gemalt, in dem wir von Arbeit befreit sind, weil Maschinen alles machen. Doch anstatt uns darauf zu freuen, gibt es Angst. Als SozialistInnen sehen wir natürlich die technischen Möglichkeiten, unliebsame Arbeit auf ein Minimum zu reduzieren, positiv. Allerdings kann die Auswirkung des Einsatzes dieser neuen Technologien nicht unabhängig vom gesellschaftlichen Rahmen, in dem er stattfindet, gesehen werden.

Die Zukunft der „Arbeit“ ist spätestens seit der Wirtschaftskrise der 1970er Jahre ein wichtiges Thema. Die Schwerindustrie, bei uns v.a. die Verstaatlichte, taumelte von einer Krise in die nächste. Durch die zunehmende internationale Verflechtung wurde es billiger, Produkte zu importieren als zu produzieren. Der Prozess, der sich auch in vielen anderen industrialisierten Ländern Europas zeigte, wurde als „Strukturwandel“ bezeichnet.

Die Realität bedeutete massenhafte Kündigungen, Privatisierungen und Werksschließungen in ganz West- und nach dem Zusammenbruch des Stalinismus auch in Osteuropa. Für Österreich wurde durch die Sozialdemokratie und in ihrem Schlepptau die Gewerkschaften die Antwort in Form der „Modernisierung“ gegeben. Konkret hieß das auch staatlich unterstützte Rationalisierung, um die österreichische Wirtschaft im internationalen Vergleich konkurrenzfähiger zu machen.

„Digitalisierung“ war in aller Munde, die menschenleeren Roboter-Fabriken schienen in greifbarer Zukunft zu liegen. Obwohl es sich dabei, so wie heute, um nach außen hin „unabhängige“ Studien handelte, waren es im kapitalistischen Umfeld Drohungen in Richtung von Beschäftigten und Gewerkschaften, nach der Pfeife der Wirtschaft zu tanzen. Das Musterland war Japan. Die Beschäftigten hatten kaum Rechte, waren ans Unternehmen gebunden, trauten sich nicht einmal den ihnen zustehenden Urlaub zu konsumieren – der Traum der westlichen Konzernetagen. In Folge unterschrieben die Gewerkschaften in ganz Europa faule Kompromisse zur Rationalisierung und besonders Flexibilisierung der Arbeitskräfte.

In letzter Zeit ist die Debatte zurückgekehrt. Dieses Mal mit den Schlagwörtern „Industrie 4.0“, „Arbeitswelt 4.0“ oder Digitalisierung. Eine Studie der Oxford Universität geht davon aus, dass in den nächsten 25 Jahren 47% der Jobs in den USA verschwunden sein werden. Das österreichische Institut für Höhere Studien (IHS) spricht mittelfristig von 9% der Jobs (=360.000) in Österreich, die durch die neuen Technologien verloren gehen.

Digitalisierung, Industrie 4.0 und letztlich auch die menschenleere Roboter-Fabrik - keine leeren Drohungen. Die Flexibilisierung zwingt Millionen Beschäftige in krank machende Arbeitszeitmodelle und rund um die Uhr von Zuhause arbeiten via Smartphone.

Die Modernisierung der 1980er Jahre in Westeuropa hat die Produktivität nach oben schnellen lassen und den gesellschaftlichen Reichtum massiv von unten nach oben umverteilt. Die Rationalisierung mit der in der Globalisierung verlagerten Produktion in Billiglohnländer hat vielen Menschen ihre Arbeitsplätze und damit ihre Existenzgrundlage geraubt. Ganze Regionen in Europa sind der Deindustrialisierung zum Opfer gefallen. Sei es die Obersteiermark, das Südburgenland, das Ruhrgebiet in Deutschland, das französisch-belgische Industriegebiet oder Nord- und Mittelengland – überall dort gibt es für die Menschen keine ausreichenden Perspektiven mehr. Die Standortpolitik der Sozialdemokratie hat genauso versagt, wie das „Abfedern“ der schlimmsten Konsequenzen oder das Mitverhandeln der Flexibilisierung der Arbeitszeit durch die Gewerkschafsführung.

Andererseits ist die Realität in vielen Punkten weit hinter dem zurückgeblieben, was angekündigt worden war und sich im kollektiven Bewusstsein, z.B. in diversen Filmen, widerspiegelte. „Zurück in die Zukunft II“ spielt 2015, doch wir befinden uns auch heute nicht annähernd dort, wo der Film 2015 die technische Entwicklung wähnte. Das zeigt einerseits, dass hier auch eine gehörige Portion Propaganda der Herrschenden dabei ist und dass profitorientiertes Wirtschaften auch eine Technologiebremse ist.

Doch das alles ist kein vom Menschen unabhängiger Prozess, dem wir willenlos ausgeliefert sind. Es ist das Ergebnis menschlichen Schaffens und eines politischen Willens. Sorgen wir dafür, dass die Entwicklung nicht gegen, sondern für uns läuft.

 

Der gesamte Schwerpunkt zu „Industrie 4.0“ der 262. Ausgabe:

Die Industrie stirbt. Oder wird als Industrie 4.0 erneuert. Die Beschäftigten kommen dabei unter die Räder. Und kann mit neuer Technologie eine Krise verhindert werden?

  • Titelseite: Die Zukunft der Industrie? Von Albert Kropf

https://www.slp.at/artikel/die-zukunft-der-industrie-8588#

  • Hauptartikel: Sind Roboter krisenfest? Von Sonja Grusch

https://www.slp.at/artikel/sind-roboter-krisenfest-8589

  • Zahlen und Fakten von Georg Kummer:

https://www.slp.at/artikel/zahlen-und-fakten-zu-industrie-8590

  • Marx aktuell: Von Maschinen und Profiten von Nicolas Prettner

https://www.slp.at/artikel/marx-aktuell-von-maschinen-und-profiten-8591

  • Digitale Revolution – Soziale Reaktion? Von Thomas Hauer

https://www.slp.at/artikel/digitale-revolution-soziale-reaktion-8592

 

 

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