Mo 01.09.2008
Es ist gerade 3 Jahre her, als im deutschen Nordrhein-Westfalen (NRW), die WASG 2005 erstmals bei Wahlen antrat. Sie kandidierte gegen SPD, PDS und erreichte 2,2 % der Stimmen (die PDS 0,9 %). Heute, nach der Fusion der WASG “durch” die PDS zur DIE LINKE, hält sie in Umfragen bundesweit bei 14 % und ist damit die 3. stärkste (!) Partei. Kann DIE LINKE ein Vorbild für das neue Wahlbündnis LINKE in Österreich sein?
Die Gründung der LINKEN war Ausdruck einer sozialen Bewegung auf die Einschnitte im Lebensstandard in Deutschland. Unter dem Schlagwort “Agenda 2010” zerschlug die SPD-Grün Regierung den Sozialstaat. Das passierte ohne zentrale Gegenwehr der Gewerkschaft (DGB). Der Druck auf der Straße wurde aber derart stark, dass sich kämpferische Teile des DGB von der SPD lossagten. Die Verbindung mit dem Widerstand der Betroffenen führte letztlich zur WASG.
Nach den Wahlen in NRW schrieben viele bereits das Ende der WASG herbei. Obwohl das Ergebnis von den Beteiligten selbst als Erfolg gewertet wurde. Die Kandidatur hatte im Wahlkampf soziale Themen vorgegeben. Unsere deutsche Schwesterpartei – die SAV – war von Beginn an der Gründung der WASG beteiligt. Wir sahen damals die Kandidatur als ersten Schritt für den Aufbau einer neuen Partei für Arbeitslose, Jugendliche, Beschäftigte und PensionistInnen. Und offenbar tat das auch Oscar Lafontaine, weil er kurz darauf auf den bereits fahrenden Zug WASG aufsprang. Mit Lafontaine stiegen aber nicht nur die Berichte auf den Titelseiten. Die WASG war bis zu diesem Zeitpunkt ein Projekt von unten. Mit dem Eintritt des ehemaligen Finanzministers und SPD Kanzlerkandidaten Lafontaine begann sich dieses Verhältnis innerhalb der WASG in Richtung “etablierte Politik” zu verändern.
In Deutschland war die Gründung von DIE LINKE zur Bundestagswahl 2005 ein Paukenschlag. Einerseits weil es eben Ausdruck der Stimmung und des Potentials war, andererseits aber auch weil mit Lafontaine und Gysi zwei Polit-Promis an der Spitze standen. Durch die Fusion zur DIE LINKE hat die WASG einiges von ihrer Dynamik eingebüßt. Ist doch die ehemalige PDS nach wie vor in vielen Kommunen und Ländern für die Umsetzung neoliberaler Politik verantwortlich.
Weil die PDS in Berlin Regierungspartei ist, trat schließlich die WASG Berlin nach der Fusion eigenständig in Berlin an. Es wurden Aktionen gemeinsam mit Erwerbslosen gemacht. Durch Spenden finanziert ging man/frau ins Nobelrestaurant und lud sich zum Wirtschaftminister ein, unter dem Druck des Wahlkampfes wurden die KollgenInnen gemeinsam mit den WASG-KandidatInnen empfangen; im Gepäck mit dabei Fakten über Armut und Reichtum.
Der Wahlkampf hat sich demnach erheblich von jenem schalen und lästigen Wahlkampf voll müder Versprechung und Hetze unterschieden. Für das neue Bündnis in Österreich zeigt das gleich von Anfang an: Es ist absolut notwendig zu zeigen, dass die linke eine solide und ernsthafte Alternative zu dem Einheitsbrei der etablierten Parteien ist. In Deutschland zeigte sich das sehr schnell: KandidatInnen und WahlkämpferInnen führten einen aktiven Wahlkampf auf der Straße mit Infotischen, klarem Infomaterial und politischen Diskussionen. Schon dadurch unterschieden sie sich von anderen Wahl werbenden Parteien, die sich nahezu immer von oben herab auf Bühnen und mit schmucken, aber oft inhaltsleeren Foldern präsentierten.
DIE LINKE zeigt, dass es möglich ist in großem Rahmen linke Forderungen aufzustellen. Sie stellt Forderungen auf, die sich gegen die Kürzungspolitik der etablierten Parteien richten wie dir Rücknahme von Privatisierungen in öffentliches Eigentum, Mindestlohn usw. Das ist Ausdruck einer neuen gesellschaftlichen Realität und führt umgekehrt dazu, dass ArbeiterInnen, Frauen, Jugendliche und Erwerbslose sich radikalisieren. Diese Situation könnte sich auch in Österreich ergeben. Wobei uns klar sein muss, dass die tatsächliche Breite unseres Bündnisses ohne soziale Auseinandersetzungen wie in Deutschland damals, eingeschränkt ist.
Das Fehlen eines Polit-Promis wie Oscar Lafontaine oder Gregor Gysi in Österreich kann gleichzeitig auch die Chance dafür sein, dass sich die linke in Österreich nicht an etablierte Parteien anbiedert wie es DIE LINKE in Zuge von Regierungsbeteiligungen letztlich tut.
Das Auftreten, das Programm und das Handeln einer Partei bzw. eines Bündnisses darf nicht den Fehler begehen, sich als “brav” oder “extra radikal” gegenüber etablierten Parteien zu werden, und sie damit zum Bezugspunkt ihrer Politik zu machen. Die ArbeiterInnenklasse muss immer der Bezugspunkt bleiben. DIE LINKE hat diesen Schwenk zur “Partnerschaft” mit etablierten Parteien allerdings gemacht. Sie beschloss z.B. in Berlin in einer Koalition mit der SPD genauso Einschnitte mit und beschränkte sich in vielen Bereichen auf eine radikale Rhetorik und hat damit auch bereits wieder viele Chancen vertan.