Fr 04.11.2005
Bereits Mitte des 19.Jahrhunderts kam es zu den ersten großen Arbeiteraufständen in Spanien, die schließlich im Generalstreik der katalonischen Textilarbeiter gipfelten. Um die Jahrhundertwende war Spanien noch eine der industriell unterentwickeltesten Nationen Europas. Über 70% der arbeitenden Bevölkerung waren in der Landwirtschaft beschäftigt. Die Landarbeiter lebten in ärmsten Verhältnissen und jeder Versuch ihre Lebensbedingungen zu verbessern wurden von den Großgrundbesitzern blutigst niedergeschlagen. Zur Bewirtschaftung der Äcker standen den Kleinbauern und Landarbeitern nur primitive Hilfsmittel zur Verfügung. Sie unterschieden sich nur geringfügig von den Geräten, die bereits im Mittelalter benutzt wurden. Daher ist es auch nicht verwunderlich, daß Spanien die niedrigsten Hektarerträge von ganz Europa hatte. Die Ländereien waren in den Händen weniger Großgrundbesitzer und einer davon war die katholische Kirche. Die breite Schicht der am Land lebenden Bevölkerung war völlig besitzlos und verarmt. Die sozialen Gegensätze waren enorm. Eine Landreform, die das Land ein wenig aufteilen w?rde, gab es nicht und war auch nicht in Aussicht.
Mit der Industrie sah es auch nicht viel besser aus. Sie war auf einige wenige Zentren beschr“nkt und die Schlüsselindustrie zum größten Teil in der Hand des ausländischen Kapitals. Am Weltmarkt spielte Spanien eine untergeordnete Rolle. Die einzigen Güter die Spanien im Tausch gegen industrielle Fertigprodukte anbieten konnte, waren Agrarprodukte und Bodenschätze, die teilweise aus den Kolonien in Übersee stammten.
Die Arbeiterorganisationen
Trotz der industriellen Rückständigkeit wuchsen die zwei Äste der spanischen Arbeiterbewegung heran - der Sozialismus und der Anarchismus. Beide hatten urspr?nglich die gleichen Wurzeln: die ehemalige Sektion der 1864 gegründeten I. Internationale. Während sich in den meisten Ländern der Sozialismus klar gegen den Anarchismus behauptet konnte, behielten die Anarchisten in Spanien noch lange die Nase vorn. Wie es dazu kam ist schnell erklärt: Sowohl die Sozialisten wie auch die Anarchisten waren gemeinsam in der I. Internationale. Nach heftigen Streitereien wurden schlußendlich die Anarchisten aus der Internationale ausgeschlossen und es kam zur Spaltung. In den meisten Ländern ging der Großteil der Sektionen mit den Sozialisten. Anders in Spanien; hier blieb nur eine kleine Gruppe dem revolutionären Sozialismus treu, die Mehrheit schloß sich den Anarchisten unter der Führung von Michail Bakunin an. Sie riefen zum Wahlboykott auf, sprachen sich gegen den Kampf für Sozialreformen aus und lehnten es ab, sich in Form einer Partei zu organisieren. Ihre Stärke war ihre große Verankerung in den regionalen Gewerkschaften. So entwickelte sich eine spezifische Gewerkschaftsbewegung, der "Anarcho-Syndikalismus". Die Eckpfeiler dieser Mixtur aus der anarchistischen Theorie und dem französischen Gewerkschaftssyndikalismus sind: Wahlboykott, Kampf für den Sturz des Staates und aber nicht für Sozialreformen sowie die unantastbare Unabhängigkeit und Neutralität der Gewerkschaften von Parteien.
Die kleine Gruppe von Sozialisten, die nach der Spaltung übrig blieb, gründete 1879 die Sozialistische Partei Spaniens, PSOE, die vorläufig noch im Untergrund tätig war. Im Gegensatz zu den Anarchisten kämpfte die PSOE für Sozialreformen und beteiligte sich an den Wahlen mit eigenen Kandidaten. In Spanien aber standen Wahlbetrug durch Manipulation oder Bestechungen auf der Tagesordnung. Das nützte natürlich den Anarchisten in ihrer Argumentation für einen generellen Wahlboykott. Noch immer gab es keine überregionalen Gewerkschaften. Darum gründeten die Mitglieder der Sozialistischen Partei gegen Ende des 19. Jahrhunderts den sozialistischen Gewerkschaftsdachverband UGT. Die Mehrheit der Industrie- und Landarbeiter war aber noch in den regionalen anarchistischen Gewerkschaften organisiert. Erst am Beginn des 20. Jahrhunderts begannen die Arbeiter vermehrt in die UGT und die PSOE zu einzutreten. Das kam, weil sich die UGT immer öfter an die Spitze von Streikbewegungen stellen konnte. Ein Beispiel dafür ist der Metallarbeiterstreik in Bilbao, der der UGT ein festes Standbein im Baskenland einbrachte. Nach der großen Streikwelle von 1917 und 1918 hatte die UGT schließlich 200.000 Mitglieder. Bald darauf wurde von den katalonischen Anarchisten die syndikalistische Gewerkschaftsorganisation CNT gegründet. In der CNT verbanden sich die einzelnen regionalen anarchistischen Gewerkschaften zu einem nationalen Verband. Von Anfang an war die CNT einer weit stärkeren staatlichen Unterdrückung und Verfolgung als die UGT ausgesetzt.
Nach der erfolgreichen Revolution in Rußland und der Gründung der III. Internationale, stellte sich auch für die spanischen Arbeiterorganisationen die Frage, der III. Internationale bzw. der "Roten Gewerkschaftsinternationale" (RGI) beizutreten. Innerhalb der PSOE löste die Diskussion über einen Beitritt zur III. Internationale einen heftigen Streit aus. Auf dem dritten außerordentlichen Parteitag der PSOE wurde nur mit knapper Mehrheit ein Beitritt abgelehnt. Die Befürworter unterwarfen sich diesem Entschluß aber nicht. Sie gründeten die Kommunistische Partei Spaniens, PCE, und nahmen fast die H“lfte der Funktionäre der PSOE mit zur PCE.
Bald sollte die Kommunistische Partei Verstärkung aus den Reihen der CNT bekommen. Die CNT entschied sich vorerst für einen Beitritt der RGI. Aber nach den Ereignissen von Kronstadt zog die CNT ihren Entschluß zurück und trat der RGI nicht bei. Nur ein kleiner Teil der CNT, darunter befanden sich auch Andres Nin und Joaquin Maurin, trat daraufhin in die neugegründete PCE über. Von einer Massenpartei war die PCE noch weit entfernt.
Der Putsch des Generals Primo de Rivera und die 2. Republik
Aus Angst, die Kontrolle über das Land zu verlieren, unterstützten die Bürgerlichen 1923 einen Putsch des konservativen Generals Primo de Rivera. Das Parlament wurde aufgelöst und Rivera stellte sich an die Spitze des Staates, um mit der Unterstützung des Königs zu regieren. Zwei Jahre regierte er unumschränkt dann ernannte er sich zum Ministerpräsident. Seine Regierungsziele fanden die Unterstützung des Adels und des Bürgertums. Die Arbeiterorganisationen wurden verboten und ihre Mitglieder brutal verfolgt. Die sozialdemokratische Gewerkschaft "tolerierte" den Putsch und entzog sich so der Verfolgung w“hrend die Anarchisten und Kommunisten im Untergrund arbeiteten. 1930 hatte Primo de Rivera ausgedient - seine Diktatur war nicht mehr haltbar. Er wurde vom König und den Großgrundbesitzern abberufen. In einem letzten Hilferuf setzte der König den General Damaso Berenguer als de Riveras Nachfolger ein - vergeblich. Nach den Wahlen mußte nun schließlich auch der König seinen Hut nehmen und abdanken.
Am 14. April 1931, nach einem überwältigenden Wahlsieg der republikanischen Parteien wurde die Republik ausgerufen. Es kam zu einer Koalition zwischen den bürgerlichen Liberalen und den Sozialdemokraten. Aber die Bürgerlichen besetzten die wichtigsten Ämter des Staates; so wurde Alcala Zamora Präsident der Republik.
Zu diesem Zeitpunkt war die III. Internationale bereits von Stalin ihrer revolutionären Funktion beraubt. Sie diente der Kraml-Bürokratie nur mehr als Instrument für ihre konterrevolutionäre Außenpolitik. 1931 verbreitete Moskau noch die Theorie des "Sozialfaschismus". Kurz gefaßt besagt sie, daß auch die Sozialdemokraten Faschisten sind. Daher sind die Sozialdemokraten Feinde der Arbeiter und jedes Bündnis mit der Sozialdemokratie ist abzulehnen. Aus diesem Grund wurde in Spanien ganz im Sinne der Moskauer Bürokratie die neue Regierung als eine "faschistische" bezeichnet. Interessant ist dabei nur, daß sowohl die Sozialdemokraten wie auch die bürgerlichen Republikaner fünf Jahre später zu den engsten Verbündeten von Stalins Lakaien im Kampf gegen die revolutionären Arbeiter wurden. Inzwischen war aber eine Gruppe aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden. Es waren dies die Anhänger der "Linken Opposition". Trotzdem verteidigten sie das Erbe der Bolschewiki gegen Stalins Politik. Unter den Ausgeschlossenen befand sich auch Andres Nin, ein Mitbegründer der Kommunistischen Partei und langjähriger Sekretär der Roten Gewerkschaftsinternationale.
Aber auch Juan Andrade, einer der wichtigsten Arbeiterjugendfunktionäre Spaniens wurde aus den Reihen der Kommunistischen Partei verbannt. Diese Bolschewiken gründeten daraufhin die Izquierda Comunista (Kommunistische Linke). Sie hatte zwar im Süden so gut wie keinen Einfluß, war aber dafür im Nordosten ein wichtiger Faktor.
Die Revolution geht weiter
Die Arbeiter hatten sich nach dem Ende der Diktatur mehr von der Republik erwartet. Die Regierung ging auf die Forderungen der Arbeiter und kleinen Pächter nicht ein und die verlangten Land- und Sozialreformen blieben fast gänzlich aus. Die Monarchie als Staatsform wich zugunsten der Republik, ohne daß die bestehende Gesellschaftsordnung angetastet worden wäre. Das war der "Erfolg" der Republik. Rund zwei Millionen Landarbeiter blieben weiterhin besitzlos während sich zirka 50.000 Großgrundbesitzer den Boden Spaniens untereinander aufteilten. Kaum Veränderungen brachte die Republik für die Bevölkerung der Kolonie Marokko. Für sie gab es nach wie vor keinerlei demokratische Rechte, sie wurde weiterhin mit der gleichen grausamen Härte der Fremdenlegion unterjocht.
Noch im April verkündete der neue Präsident Alcala Zamora, selbst ein Großgrundbesitzer, die Republik als Folge einer "friedlichen Revolution". Bereits im August trieb die Regierung tausende streikende Arbeiter unter Artilleriebeschuß zurück an ihre Arbeitsplätze. Für wen die Republik stand und für wen nicht zeigte sich so früher als gedacht. Im Mai 1931 kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen Monarchisten und Arbeitern in Madrid. Im Juli und August legte eine Streikwelle einen Teil des Landes lahm. Der Generalstreik in Sevilla wurde gewaltsam durch Regierungstruppen niedergeschlagen. Bei den Wahlen im Juni ging die PSOE als größte Partei hervor. Der bürgerliche Manuel Azana wurde Ministerpräsident. 1932 spitzte sich die Lage weiter zu: Streiks und Aufstände, die in Katalonien bis zur Unabhängigkeitserklärung gingen.
Innerhalb der Armee sammelten sich die konservativen Kräfte. Die Mehrheit der Offiziere und Armeeführung waren Monarchisten, gegen die Republik und erklärte Feinde der Arbeiter. Die Offiziere, oft aus den Familien der Großgrundbesitzer stammend, gehörten zur privilegierten Oberschicht Spaniens. Sie sahen durch die Forderungen der Arbeiter und Bauern ihre Vorrechte, die sie seit Jahrhunderten genossen, in Gefahr. Als Reaktion auf die revolutionären Arbeiter erhob sich ein Teil der Armee unter General Sanjuro gegen die Republik. Der Putsch mißlang. Innerhalb der Kommunistischen Partei löste dieser Putschversuch aber einen heftigen Streit aus. Ein Teil der Partei hatte zur Verteidigung der bürgerlichen Republik aufgerufen. Das entsprach aber damals noch nicht der offiziellen "ultralinken" Linie Moskaus, die ohnehin alles außer der KP selbst als faschistisch bezeichnete. Erst drei Jahre später auf dem VII. Kongreß der III. Internationale kam die Kehrtwendung Stalins die die KP dann rechts von der Sozialdemokratie positionierte - zur Volksfront. Alles außer den Faschisten selbst wurde dan plötzlich zum "antifaschistischen" Bündnispartner. Die Direktiven, welche die Kommunistische Partei aus Moskau erhielt, waren eindeutig: Die Gruppe, die zur Verteidigung der Republik aufrief, hatte sich des Opportunismus schuldig gemacht. Auf dem Parteitag 1932 wurden sie aus der Partei ausgeschlossen. Die meisten Ausgeschlossenen waren hohe Funktionäre, darunter Jose Bullejos, Generalsekretär der Partei. Nun war es die Gruppe um Jose Bullejos, die noch ein paar Jahre zuvor am heftigsten gegen die Linke Opposition kämpfte und ihre Ausschlüsse forderte. Zum Zeitpunkt des Putschversuches durch das konservative Militär wurden die bürgerlichen Republikaner noch alle als "Faschisten" bezeichnet. Ein paar Jahre später präsentierte sich der Moskauer Apparat dann als die großen Verbündeten der Arbeiter und Bauern. 1932 führte die Unterstützung der Republik noch zum Ausschluß hoher Parteifunktionäre. 1935 nach der 180 Grad Wendung zur bedingungslosen Unterstützung der bürgerlichen Republik war keine Kritik am neuen Kurs Moskaus mehr zu hören.
Der Aufstand vom Oktober 1934
Die Wahlen im April 1933 brachten große Gewinne f?r die rechten Parteien. Alejandro Lerroux, Führer der rechten "Radikalen Partei", löste Azana als Ministerpräsident im September ab. Die Anarchisten hatten wieder ihre Parole von der Wahlenthaltung ausgegeben und die große Mitgliederschaft der CNT ging nicht zur Wahl. Das Resultat dieser Politik lies nicht lange auf sie warten: Kaum im Amt, begann Lerroux bereits offen Reformen zu widerrufen. Im Oktober 1934 bildete Lerroux gemeinsam mit den Mitgliedern der offen rechtsextremen Partei CEDA von Gil Robles eine neue Regierung. Die Rechte ging in die Offensive.
Die spanischen Arbeiter und ihre Organisationen waren fest entschlossen, dieser Gefahr auch mit Waffengewalt entgegenzutreten. Eine Niederlage der Arbeiterklasse wie in Italien, Deutschland oder Österreich sollte auf jeden Fall verhindert werden. Die Aufnahme der CEDA in die Regierung wurde von vielen als Anzeichen einer kommenden faschistischen Diktatur gesehen. Um diese Regierung zu st?rzten riefen die großen Gewerkschaften in der Provinz Asturien zu einem Aufstand auf. Am 4. Oktober begann der Aufstand und es bildete sich die sogenannte "Asturische Kommune". Die Fabriken und die Felder wurden enteignet und gemeinschaftlich geführt und bestellt. Zur Verwaltung wurden Komitees gewählt und alles stand unter dem Zeichen "Unios Hermanos Proletarios!", was soviel heißt wie: Vereinigt Euch proletarische Br?der! Geleitet wurde der Aufstand hauptsächlich von den Gewerkschaften, den Sozialdemokraten und den Anarchisten. Die Kommunisten unterstützten den Aufstand erst in letzter Sekunde. Der Grund dafür liegt auf der Hand: die Beteiligung der Sozialdemokraten an der Asturischen Kommune. Die Weisungen der Moskauer Bürokratie über die Komintern waren unmißverst“ndlich gegen jegliche Zusammenarbeit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten. Sie waren ja - laut Stalin - einfach "Sozialfaschisten".
Begleitet wurde der Aufstand in Asturien von einem Aufruhr in Katalonien, den die bürgerlichen Nationalisten unter Louis Companys anführten. Sie riefen in Katalonien eine unabhängige Republik aus und bildeten in Barcelona eine provisorische Zentralregierung f?r die neue Föderative Republik Spanien.
Die Regierung unter Lerroux setzte nun das Militär ein und rief Francos Fremdenlegion gegen die Arbeiter und Bauern in Asturien zu Hilfe. Franco metzelte den Aufstand blutig nieder. Nach einigen Wochen endete alles mit der Einnahme Oviedos durch Regierungstruppen - geleitet von Franco. Die schreckliche Bilanz: Bei Vergeltungsmaßnahmen wurden 5.000 revolution“re Arbeiter ermordet, 30.000 verhaftet, sowie alle Volkshäuser, egal ob sie der UGT oder CNT gehörten, geschlossen.
Die Volksfront und der Kriegsausbruch
Lerroux hielt sich aber noch bis zum Jänner 1936 an der Spitze des Staates, bevor er nach einem Finanzskandal und etlichen Korruptionsaffairen zurücktreten mußte. Die für Februar ausgeschriebenen Neuwahlen brachten große Gewinne und den Wahlsieg eines Bündnisses (Volksfront) der republikanischen Parteien, darunter auch bürgerliche Republikaner.
Obwohl die Arbeiterparteien den größten Anteil der Stimmen errangen, überließen sie die führenden Ämter wieder einmal den Bürgerlichen und so wurde Azana erneut Ministerpräsident. Innerhalb der Volksfrontregierungen kam es ständig zu personellen Änderungen und so traten später auch die Anarchisten und die Kommunisten in die Regierung ein. Diese Regierungsbeteiligung markierte den Wendepunkt der bisherigen Politik beider Parteien. Vor allem bei den Anarchisten: Sie hatten sich eben noch geweigert an Wahlen teilzunehmen. Jetzt koalierten sie sogar mit den Bürgerlichen. Eines aber hatten alle kommenden Volksfrontregierungen gemeinsam: Sie weigerten sich mit Händen und Füßen den Bauern Land, Marokko die Unabhängigkeit und den Arbeitern die politische Macht zu geben. Aber genau das war es wofür die spanischen Arbeiter und Bauern letztendlich dann auch kämpften und um was sie betrogen wurden.
Von nun an ging es Schlag auf Schlag. Kurz nach der Wahl rief der faschistische General Mola zum Militärputsch gegen die Regierung auf. Vorerst schien es, als blieb dieser Aufruf ungehört. Aber Franco, der nach dem Wahlerfolg der Republikaner auf die Kanarischen Inseln versetzt wurde, wartete nur mehr auf einen Anlaß, um losschlagen zu können.
Anfang Juli tauchte erneut Putsch-Gerüchte auf. Der neue Ministerpr“sident glaubte nicht daran. Er behauptete: "Mola ist ein der Republik getreuer General!". Wie loyal Mola war, hat er ein paar Tage später eindrucksvoll bewiesen als führender Kopf des faschistischen Putsches. Die Tötung des Monarchistenführers Jose Calio Sotelo wurde von den Faschisten als Vorwand für den Putsch genutzt.
Am 17. Juli war es soweit, große Teile der spanischen Armeeführung erhoben sich unter der Führung Francos gegen die Regierung. Es ist nicht verwunderlich, daß der Putsch in Marokko begann. Denn dort war die Marokkanische Fremdenlegion stationiert, die bereits im Oktober 1934 zur blutigen Niederschlagung der "Asturischen Kommune" herangezogen wurde.
Die Volksfront stand den Ereignissen völlig machtlos gegenüber. Ministerpräsident Quiroga verweigerte die Bewaffnung der Arbeiter und Bauern und auch der sonst so radikal schreienden kathalonischen Liberalen weigerte sich in Katalonien Waffen an die Arbeiter zu verteilen. Die Faschisten konnten schnell große Gebiete Spaniens unterwerfen und bildeten bereits am 23. Juli eine "nationale" Gegenregierung in Burgos nördlich von Madrid. Noch zuvor hatte der mittlerweile neue Ministerpräsident Martinez Barrio den Generälen Franco und Mola die Posten als Innen- und Verteidigungsminister angeboten. Sie lehnten jedoch ab. All das geschah im Namen der Volksfront, die ab Juli auch offiziell von der KP und den Anarchisten unterstützt wurde.
Bevor man Waffen an die Arbeiter und Bauern verteilte, mußte die Volksfrontregierung sicher gehen, daß die Arbeiter die Waffen nicht gegen die Bourgeoisie strecken und für eine sozialistische spanische Republik kämpfen würden. Das war die Rolle, die den spanischen Arbeiterparteien und im speziellen der KP zukam.
Enteignungen und Kollektivierung nach Ausbruch des Krieges
Der "Aufstand" der Generäle führte zunächst zu einer extremen Polarisierung von links. Eines der revolution“ren Zentren war die Provinz Katalonien und ihre Hauptstadt Barcelona. Um den Faschisten schnell Widerstand leisten zu können, bildeten die großen politischen Organisationen eigene Milizen. So hatten die Anarchisten eigene Milizen genauso wie die Sozialdemokraten und die POUM. Die POUM, die "Arbeiterpartei der Marxistischen Einheit", entstand im September 1935 aus einer Vereinigung des "Arbeiter und Bauernblocks" und der "Izquierda Comunista", der ehemaligen Sektion der Liga der Kommunisten Internationalisten (Trotzkisten). Aber bereits vor der Gründung der POUM war es zwischen dem Anführer der "Izquierda Comunista", Andres Nin, und Trotzki zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Nin weigerte sich in die nach links treibende Sozialdemokratie einzutreten. Das taten allerdings zehntausende Arbeiter die offen waren für revolutionäre Ideen. Statt zeitweiliger Kompromisse auf der organisatorischen Ebene machte man dafür welche auf der politischen. Entgegen allen Behauptungen der Stalinisten war die POUM nie "trotzkistisch" war. Trotzki bezeichnete sie später, nach ihrem Eintritt in die Volksfrontregierung entgültig als "zentristisch" also zwischen Reform und Revolution schwankend. Sie war allerdings von allen wichtigen Gruppierungen die am stärksten linkes stehende.
Aber zurück ins revolutionäre Barcelona. Die katalanischen Milizen, hauptsächlich die der CNT und POUM, besiegten die Faschisten und befreiten schließlich die benachbarte Provinz Argagon. Das "Geheimnis" der Kampfstärke der Milizen war, daß sie jedes von den Faschisten befreite Dorf sofort in ein Zentrum der Revolution verwandelten. Dorfkomitees wurden gewählt und das Land kollektiv bewirtschaftet; das Ergebnis war ein Produktionszuwachs von bis 50%. Die Hauptstadt der Revolution wurde Barcelona. Die Stadt war vollständig in die Hände der Arbeiterorganisationen übergegangen. Angestellte oder Titel gab es nicht mehr, jeder zollte dem anderen Respekt. Die Kapitalisten flohen entweder oder hielten sich versteckt. Aber es sollte nicht allzu lange dauern, bis die Reaktion mit weitgehender Hilfe der KP zurückschlagen würde.
Die stalinistische Reaktion
Natürlich hatte das Erstarken der Arbeiterklasse die paar bürgerlichen Republikaner, die auf Seiten der Volksfront standen, erschreckt. Sie besaßen keine Mittel um die Arbeiterklasse zurückzuschlagen und gegen die Revolution zu mobilisieren; das war die Aufgabe von Stalin, dem Totengräber der russischen und jetzt auch der spanischen Revolution. Stalin warb gerade um die Gunst der französischen und britischen Bürgerlichen und da konnte er eine sozialistische Revolution in Spanien überhaupt nicht brauchen. Er mußte seine "Bündnisfähigkeiten" den westlichen Bürgerlichen beweisen und das tat er auf Kosten der spanischen Arbeiter und Bauern. Außerdem hätte eine geglückte spanische Revolution auch Auswirkungen auf die Herrschaft der Bürokratie in der UdSSR gehabt. Denn das wäre unweigerlich ein Signal für die sowjetischen Arbeiter und Bauern gewesen.
Als erstes mußte die KP Einfluß auf die Regierung bekommen. Das gelang dadurch, daß die UdSSR, neben Mexiko, die einzige Nation war, die das republikanische Spanien mit Waffen belieferte. Für die Waffen bekam Stalin das spanische Gold und die KP-Beteiligung an der Regierung. Und es sollte nicht lange dauern, bis Stalin Spezialeinheiten seines Geheimdienstes, der GPU, nach Spanien schickte. Die Stalinisten begannen sofort mit der Liquidierung ihrer Feinde; revolutionäre Arbeiter und ihre Anführer - vermeintliche und wirkliche Trozkisten, Anarchisten, Sozialisten. Anstatt die katalonischen Milizen - die "Hausmacht der Regierung" - mit Waffen zu beliefern, wurden die Waffen verwendet, um in Barcelona die Polizei wiederaufzubauen. Stück für Stück wurden die Erfolge der Revolution wieder zurückgenommen. In der Provinz Aragon war nach der Befreiung durch die katalonischen Milizen rund 3/4 des Landes im Besitz der Arbeiter und Bauern übergegangen. Was tat die Volksfront mit ihrem KP-Landwirtschaftsminister Uribe? Sie sandten Regierungstruppen unter dem KP-General Lister, der das Land an die Ausbeuter zurückgab. In Spanien bekämpften Volksfront und KP die vom Volk ausgehende freiwillige Kollektivierung während kurz darauf in der UdSSR die Zwangskollektivierung von ein paar Bürokraten beschlossen wurde.
Anfang 1937 gingen die Stalinisten nun daran die Macht in Barcelona aus den Händen der Arbeiter zu nehmen und sie wieder an die Kapitalisten zurückzugeben. Die Lage spitze sich immer weiter zu. Und als nun schließlich die Regierung die von den Anarchisten besetzte Telefonzentrale annektierten brach der Konflikt aus. Straßen- und Barrikadenkämpfe überzogen ganz Barcelona. Schließlich aber kapitulierten die Anarchistenführer und nahmen den Verlust der Telefonzentrale hin. Symbolisch für den Wandel, der sich nun in Spanien und vor allem auch in Barcelona vollzog, wurde die rot-schwarze Fahne der Anarchisten von der Telefonzentrale entfernt und durch die Nationalflagge ersetzt; Nationalismus statt Sozialismus war die neue Losung. Nach den Maikämpfen wurde auf Drängen der KP die POUM endgültig aus der Volksfront gedrängt, dann verboten und schließlich grausam verfolgt.
Rolle der Westmächte nach Kriegsausbruch
Sofort nach Ausbruch des Krieges verkündeten die Westmächte, vorrangig Frankreich und England, "neutral" zu bleiben. Am 2. August startete die französische Regierung eine Offensive, um die Nichteinmischung zu dokumentieren. Offiziell stimmten alle zu, einschließlich der Deutschen und Italiener. Die Italiener bezeichneten ihre Spanienkämpfer als Freiwillige und erreichten so die Akzeptanz der Westmächte. Bereits im Juli begannen die Deutschen mit dem Aufstellen und Eingriff der "Legion Condor". Condor unterstand dem Befehl der deutschen Luftwaffe und kam dem Wunsch der spanischen Faschisten nach Luftunterstützung durch den Einsatz von Stukas, Aufklärern, Jägern und Bombern nach. Die Deutschen bildeten nebenbei noch die faschistischen Heere aus.
Am 28. März 1939 marschierten die Faschisten in Madrid und Valencia ein, das bedeutete das Ende des Bürgerkrieges. Zuvor schon im J“nner 1939, noch zu einem Zeitpunkt, wo die republikanischen Truppen 1/3 Spaniens kontrollierten, erkannten die französischen und britischen Regierungen Franco an. Kurz nach Beendigung der Kriegshandlungen trat der neue "Caudillo" (=Führer), wie er sich anreden zu lassen pflegte, sofort dem Anti-Komintern Pakt bei. Am 6. April 1939 kam es zu einem Siegesappel f?r die Legion Condor durch Hitler in Berlin. 20.000 Soldaten wurden geehrt im Kampf gegen den Bolschewismus aktiv gewesen zu sein. Aber alles das hinderte Stalin nicht daran im August mit Hitler einen Nichtangriffspakt zu unterzeichnen.
Offiziell beteiligte Spanien sich nicht am 2. Weltkrieg, jedoch schickte Franco als Gegenleistung für die Unterstützung der Deutschen im spanischen Bürgerkrieg die "blaue Division" zur Unterstützung beim Überfall Hitlers auf die Arbeiter und Bauern der Sowjetunion.
Die Internationalen Brigaden
Fast jeder verbindet die spanische Revolution und den Spanischen Bürgerkrieg mit den Internationalen Brigaden. Freiwillige, die aus aller Welt nach Spanien gingen, um dort den Faschismus mit der Waffe in der Hand zu bekämpfen.
Die ersten ausländischen Freiwilligen aber befanden sich bereits zum Zeitpunkt des faschistischen Putsches in Spanien. Es waren hauptsächlich Sozialisten, Kommunisten oder aber auch Juden, die aus faschistischen Staaten geflohen waren und sich im republikanischen Spanien niedergelassen hatten.
Der Löwenanteil der ausländischen Freiwilligen aber befand sich in und rund um Barcelona wegen der dort abgehaltenen Arbeiter-Olympiade. Sie war als Gegenstück zu der von den Nazis in Berlin stattfindenden Olympiade organisiert worden. Ein Großteil der Teilnehmer, Arbeiter aus allen Weltteilen, schloß sich den Katalonischen Milizen an. Gemeinsam schlugen sie den faschistischen Aufstand zuerst in Katalonien nieder und befreiten dann die Nachbarprovinz Aragon. So bildeten sich die ersten Einheiten der ausländischen freiwilligen Kämpfer. Zu besseren Organisation und wegen der unterschiedlichen Sprachen, bildeten diese Formationen je nach Muttersprache Einheiten, denen sie revolutionäre Namen gaben: die Deutschsprachigen kämpften in der Hundertschaft "Thälmann", die französischsprachigen in der "Commune de Paris", die Italiener in der "Garibaldi" und schließlich bildeten ausländische Anarchisten die "Kolonne Durutti". Zuerst kämpften sie nur an der Nordfront, bei der Verteidigung Iruns, bei Huesca und schließlich bei Tardienta. Aber immer mehr Freiwillige kamen über die französisch-spanische Grenze, um sich den internationalen Kämpfern anzuschließen.
Die Kommunistische Internationale zögerte lange, bevor sie im Herbst 1936 anfing, Transporte aus allen Ländern nach Spanien zu organisieren. Der erste große Transport von Kämpfern traf am 13. Oktober im Hafen von Alicante ein. An Bord waren 600 Freiwillige aus nahezu allen europäischen Ländern. Mittlerweile hatten sich die Internationalen Brigaden, wie sich die Kampfformationen nun nannten, in Albacete ein Basislager geschaffen. Dort wurden die "Neuankömmlinge" mit dem Umgang von Waffen vertraut gemacht und den verschieden Einheiten zugeteilt.
Aus den ehemaligen Hundertschaften bildeteten sich Bataillone, das erste war das Bataillon "Edgar Andre" und ettliche weitere folgten. Im Oktober schufen die polnischsprechenden Freiwilligen das Dombrowski-Bataillon, das bereits kurzdarauf seine Feuertaufe bei der großen Verteidigungsschlacht um Madrid am 7. Oktober hatte. Trotz einer gewaltigen Übermacht gelang es den Faschisten nicht, in Madrid einzumarschieren. Der Preis dafür war allerdings hoch; rund ein Drittel der Kämpfer des Dombrowski-Bataillons wurde durch die Kugeln der Faschisten getötet.
Obwohl die Internationalen Brigaden erst am 22. Oktober 1936 offiziell als Bestandteil des republikanischen Heeres anerkannt wurden, war ihnen ihr Ruf bereits weit vorausgeeilt. Fortan gab es kaum eine Schlacht, an der nicht die Interbrigaden eine entscheidende Rolle spielten. Sei es bei der Novemberschlacht um Madrid, bei den Gefechten um Cerro de Los Angeles, den Kämpfen um Teruel und Lopera an der Cordoba-Front im Dezember 1936, bei den Schlachten im Jaramatal um Madrid im Fr?hjahr 1937, in Malaga, Guadalajara oder bei den großen republikanischen Offensiven bei Brunette, Teruel und der Ebro-Schlachten; nie fehlten die Kämpfer der Internationalen Brigaden.
Ausländische Korrespondenten schrieben in Zeitungen von hundertausenden freiwilligen roten Spanienkämpfern, die sich in den Internationalen Briganden vereinigten. Tatsächlich waren es insgesamt rund 40.000 gewesen, die nach Spanien zogen, um die Sache der Arbeiter und Bauern gegen Franco zu verteidigen. Als Ende 1938 der Krieg bereits entschieden war, begann auch der Rückzug der Internationalen Brigaden aus Spanien. Doch wohin sollten ihre Kämpfer gehen. Die meisten konnten nicht mehr zurück, da die Faschisten bereits auf sie warteten. Nachdem sie Spanien verlassen hatten, wurden sie in Frankreich in Lager zusammengepfercht und lebten in Löchern, die sie sich in die Sanddünen gegraben hatten. Später wurden sie an die Nazis ausgeliefert und sofort in Konzentrationslager verschleppt. Aber trotzdem gaben die meisten von ihnen nicht auf und setzten den Kampf gegen die Faschisten im Untergrund weiter. Der Österreicher Leopold Frieml war später Mitorganisator der Widerstandsgruppe im Konzentrationslager Auschwitz, bis er von den Nazis ermordet wurde. Sevek Kirschenbaum aus Polen flüchtete noch vor seiner Auslieferung an die Deutschen nach Paris und organisierte dort mit anderen Spanienkämpfern die Untergrundorganisation "Division Stalingrad". Er starb schließlich in Auschwitz an Typhus. Und so war auch einer der wesentlichsten Organisatoren des Warschauer-Aufstandes ein ehemaliger Spanienkämpfer, Andrezej Schmidt. Er wurde noch vor Ausbruch des Aufstandes von der Gestapo verhaftet, veriet aber trotz schlimmsten Folterungen, an denen er auch starb, nichts an die Nazis.