Di 18.09.2018
Dass sich FPÖ und ÖVP in hysterischen Reaktionen überschlugen, als Postgewerkschafter Köstinger bei der Demo am 30. Juni sagte, man müsse die unsoziale Regierung stürzen, ist klar. Doch auch aus SPÖ und ÖGB hagelte es Distanzierungen. Noch vor Ort versicherte ÖGB-Präsident Katzian, die Regierung zu akzeptieren. Und FSG-“Kollege“ Hübner zeigte Köstinger überhaupt gleich an. Bleibt die Frage: Ist es legitim, zum Sturz einer Regierung aufzurufen?
Tatsächlich ist diese Regierung nicht gewählt, sondern nur die Parteien, die sie bilden. Für diese hat auch nur eine Minderheit gestimmt, da viele nicht gewählt haben oder es nicht durften. Wenn sie Versprechen bricht, kann man sie nicht abwählen. Wenn sie Politik für die reiche Minderheit gegen die Mehrheit macht, wird sie nicht zur Rechenschaft gezogen. Bei Kritik an Regierungsspitzen gab es jüngst absurde Strafen, die an den Umgang mit „Majestätsbeleidigung“ erinnern.
In einer bürgerlichen Demokratie beschränkt sich die Teilnahme der WählerInnen auf ein Kreuz am Stimmzettel. Ist also nicht weit her mit der Mitbestimmung. Wenn es um wirtschaftliche Fragen geht, besonders in den Betrieben, geht noch weniger.
Also ja, es ist legitim, zum Sturz einer Regierung aufzurufen. Denn was ist ein „Sturz“? Kein Putsch einer militärischen Minderheit (das ist eher der Weg der Rechten), sondern das Ergebnis von Massenprotesten. Wenn ArbeiterInnen, Jugendliche, Frauen, MigrantInnen, PatientInnen, PensionistInnen, LehrerInnnen und andere, deren Zukunft und Rechte von dieser Regierung mit Füßen getreten werden, aufstehen, protestieren und der Regierung das Regieren unmöglich machen – dann ist das mehr als legitim und echte Demokratie. Dass SPÖlerInnen und SPÖ-nahe GewerkschafterInnen das anders sehen, ist klar: Angesichts der Politik der SPÖ könnten sie ja genauso im Visier solcher Massenproteste stehen.