Do 11.03.2010
Die KapitalistInnen der großen Supermarktketten haben sämtliche Lebensmittelpreise erhöht und steigern ihre Gewinne auf exorbitante Höhen, was schlichtweg bedeutet, dass sie sich am Hunger der Menschen und an den Bedürfnissen der ärmsten Bevölkerungsschichten unseres Landes bereichern.
Die Banken und Finanzinstitute bieten bereits „Neuverhandlungen“ von Hauskrediten an, deren Häuser und Wohnungen unbewohnbar geworden sind. Aber natürlich müssten die BesitzerInnen weiterhin bezahlen, und es ist klar, dass auch „herzensgute“ neue Kredite im Endeffekt höhere Kosten und somit mehr Profit für die UnternehmerInnen bedeuten würden – diese reiben sich schon die Hände. Eins der Grundbedürfnisse der ArbeiterInnen und ihrer Familien, ein Dach über dem Kopf zum Leben und für die Kindererziehung, sehen sie nur als Quelle zusätzlicher Gewinne.
Die als Unternehmen organisierten Privatkliniken haben die Zahl ihrer Behandlungen um bis zu 100% gesteigert, weil viele öffentliche Krankenhäuser eingestürzt sind und ihre PatientInnen in Privatkliniken umlagern mussten. Die Privaten machten aus diesem Unglück, das tausenden ChilenInnen widerfahren ist, eine neue Einnahmequelle, so dass der Gesundheitsminister Alvaro Erazo höchstpersönlich einschreiten und die Zustände verurteilen musste. Außerdem musste er in den Medien ankündigen, dass er mit den Privatkliniken reden würde, damit sie solche Machenschaften unterlassen.
Auch die Pharmakonzerne waren nicht faul und erhöhten die Medikamentenpreise, und sie werden sicher versuchen, weitere Preiserhöhungen auf Kosten der Millionen leidender ChilenInnen durchzusetzen.
Mit dabei sind auch die BaustoffhändlerInnen – auch hier gab es Preiserhöhungen, insbesondere bei all den Materialien, die Otto Normalverbraucher für Reparaturen an seinem Haus oder Wohnung braucht (falls solche Reparaturen möglich sind, versteht sich, den ein hoher Prozentsatz der Wohnhäuser ist ja zerstört).
Für die Gesetze des „freien Marktes“ ist Solidarität ein Fremdwort
Die Regierung und viele der dreistesten UnternehmerInnen reden von der Notwendigkeit, dass wir ChilenInnen jetzt solidarisch sein müssten – aber die Solidarität, von der sie reden, soll gefälligst kommen, ohne dass das Geld und die Gewinne der großen Unternehmen angerührt werden. Vielmehr sollen die Taschen der armen ChilenInnen geleert werden, unser aller Taschen, die wir heute geplündert und ausgeraubt werden – durch genau die skrupellosen Bosse, die die Preise derjenigen Grundnahrungsmittel immer weiter erhöhen, welche wir zum Überleben brauchen.
Die TV-Spendengalas: Das große Geschäft mit der „Solidarität“
[AdÜ: In Chile gab es am Freitag nach dem Erdbeben eine 24stündige Spendengala „Chile hilft Chile“ im Fernsehen, bei der angerufen und direkt gespendet oder „Solidaritätsprodukte“ bestellt werden konnten] Die Lügen der großen Läden und die Angebote „Zwei zum Preis von einem“ etc. verschweigen ein kleines Detail: Angesichts der erhöhten Preise zahlt man schon das Zweifache, und die KapitalistInnen kommen zusätzlich in den Genuss von Steuererleichterungen, weil sie so schön solidarisch mitgemacht haben. Ach ja, und nebenbei: Die Preise werden garantiert auf dem schön hohen Niveau der „Solidaritätskampagne“ bleiben – ein vielfach positives Geschäft für die Bosse.
Die Spendengala quoll über von UnternehmerInnen, die am meisten von allen profitierten, weil ihre Profite mit jedem Anruf stiegen und sie natürlich auch gute Publicity bzw. Werbung für zukünftige Geschäfte bekamen. Umso leichter wird es ihnen fallen, die Taschen der ArbeiterInnen immer stärker auszurauben.
Nötig ist Selbstorganisation, um die Plünderei zu beenden!
Leider haben wir ArbeiterInnen und BewohnerInnen der ärmeren Viertel keine sozialen oder politischen Organisationen, die uns vertreten und unsere Interessen verteidigen. Solidarität ist zweifellos notwendig, aber Organisationen der Arbeiterklasse dürfen bei Solidaritätsaktionen nicht stehen bleiben, sondern müssen auch weitsichtige politische Antworten auf eine Krise, die nicht morgen oder in ein paar Monaten beendet sein wird, geben.
Wir dürfen nicht zulassen, dass es – wie schon bei der Wirtschaftskrise – wir ArbeiterInnen sein werden, die für diese Naturkatastrophe bezahlen müssen, während die UnternehmerInnen weiter ihre Einnahmen auf Kosten der Verarmung und Verelendung der Mehrheit der ChilenInnen steigern.
Wenn es uns nicht gelingt, gewerkschaftliche Organisationen, Nachbarschaftskomitees, SchülerInnen- und StudentInnenorganisationen aufzubauen, die wirkliche VertreterInnen unserer Interessen sind (und nicht, wie der aktuelle Gewerkschaftsdachverband oder die politischen Parteien, sich lediglich selbst als solche ausgeben), dann werden wir weiterhin die Kosten des Wiederaufbaus des Landes und der Krise des Kapitalismus zahlen.
Es ist notwendig, eine ArbeiterInnenpartei aufzubauen
Heute ist es dringender denn je nötig, eine wirkliche ArbeiterInnenpartei aufzubauen; es gab fast keine von einem Klassenstandpunkt ausgehenden politischen Antworten auf die Erdbebenkatastrophe, und dies lag eben daran, dass wir keine ernstzunehmende politische Vertretung haben.
Wir müssen dringend den Stoff weben, der unser Klassennetz ausmacht. Dies umfasst den Aufbau eines neuen Gewerkschaftsdachverbandes, der mit der Bürokratie der CUT (chil. Äquivalent zum DGB, A.d.Ü) Schluss macht, und die Arbeit in den ärmeren Wohnvierteln sowie den sozialen Organisationen der ArbeiterInnenklasse.
Die einzige Alternative, um die Plünderungen der UnternehmerInnen und des Kapitalismus zu beenden, ist der Aufbau einer Partei der Arbeiterinnen und Arbeiter, die für die Abschaffung des Kapitalismus und der von ihm geschaffenen Ungerechtigkeiten kämpft und sich das klare Ziel setzt, eine sozialistische demokratische Gesellschaft aufzubauen.