Sa 11.12.2004
Rund 40 KollegInnen kamen am Ende des zweitenbundesweiten Treffens der Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften zusammen, um zu diskutieren, welche Schlüsse aus den Entwicklungen seit dem Streikjahr 2003 zu ziehen sind. Nach den Streiks gegen die Pensionsreform, gegen die Angriffe auf die ÖBB-Belegschaft, bei der AUA … hat die Stimmung 2004 deutlich abgeflaut. Für 2005 zeichnen sich aber schon jetzt Bereiche ab, in denen es zu Auseinandersetzungen kommen wird: die Entwicklungen im Wiener Sozialbereich, die Postbus-Privatisierung, die Schließung von Postämtern und die fortgesetzten Angriffe bei der ÖBB sind Beispiele. Die Plattform steht damit vor der zentralen Herausforderung, an der erfolgreichen Arbeit von 2003 anzuknüpfen.
Selma Schacht, Betriebsrätin in einem Kinder- und Jugendbetreuungsverein, thematisierte die speziellen Probleme, mit denen Arbeitskämpfe im Sozialbereich verbunden sind. Die Ausgliederung weiter Teile des Sozialbereichs durch die Stadt Wien, die für die Beschäftigten eine Reihe von Verschlechterungen bringen wird, wird in den kommenden Monaten einer der Brennpunkte der sozialen Polarisierung sein. Schon jetzt existiert mit der Plattform Soziales in Wien ein konkreter Ansatzpunkt zur betriebs- und vereinsübergreifenden Organisation von Kampfmaßnahmen.
Peter Pfeiffer, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei VELOCE, konnte von den erfolgreichen Arbeitskämpfen in seiner Firma berichten. Bemerkenswert dabei die Schwierigkeiten, die überwunden wurden: die Beschäftigung auf Werkvertragsbasis sowie die fehlenden Kontakte während der Dienstzeit waren zentrale Hindernisse, doch konnte dank guter Kommunikation und überraschender Solidarität, auch von Seiten der Kundschaft, der Streik über zwei Wochen geführt werden. Daraus kann auch für die Auseinandersetzungen im Wiener Sozialbereich der Schluss gezogen werden, dass die Vernetzung der Beschäftigten von zentraler Bedeutung ist.
Entsprechend betonte Michael Gehmacher die Verantwortung der Plattform, auch 2005 selbstbewusst und konsequent gegen Sozialabbau und Angriffe auf Arbeitsplätze aufzutreten. Der ÖGB hat 2003 knapp vor einem Erfolg gegen Schwarz-Blau „den Elfer verschossen“. Die Lehre daraus kann nur sein, dass Streiks Sinn haben, aber konsequent durchgesetzt werden müssen.
Rege wurde in diesem Zusammenhang das Erbe der Sozialpartnerschaft diskutiert. Die Gewerkschaftsbürokratie ist – wie schon die Erfahrungen 2003 gezeigt haben – ein zentrales Hindernis in der Organisation von Arbeitskämpfen. Damals ist es durch den Druck der Basis gelungen, diese Barriere zu überwinden. Klar ist, dass die Sozialpartnerschaft von Schwarz-Blau einseitig aufgekündigt wurde, die Gewerkschaftsführung aber nach wie vor den Glauben an die Klassenharmonie hegt. Sie entfernt sich damit nicht nur von der realen Situation, sondern zunehmend auch von den Erfahrungen der ArbeitnehmerInnen.
Dass das Engagement in der Plattform sich schnell bezahlt machen kann, hat Michael Gehmacher am Beispiel Opel illustriert: die Kombination von massivem Unmutunter der Belegschaft und die jahrelange Arbeit einer kleinen Gruppe von aktiven KollegInnen hat dort den tagelangen wilden Streik erst ermöglicht.
Die Aufgabe der Plattform besteht u.a. darin, unter den KollegInnen das Bewusstsein über ihre Interessen, die Rolle des ÖGB und die Natur des Kapitalismus zu schärfen. Als zukünftigte Entwicklungsfelder für die Plattform wurde einerseits eine Ausdehnung in die Bundesländer, allen voran nach Oberösterreich, andererseits das Engagement in Sachen internationaler Solidarität genannt. Wofür die Entwicklung im Rahmen der EU-Osterweiterung ein Ansatz sein könnte.