Di 19.07.2016
Aufbruch hat sich zum Ziel gesetzt, eine Organisierungskampagne mit dem Titel „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“ zu führen. Der Startschuss war die Aktionskonferenz Anfang Juni mit über 1.000 TeilnehmerInnen. Seither gründen sich in allen Bundesländern lokale Gruppen: ein wichtiger Schritt - denn Aufbruch will kein Medienphänomen sein. „Organisierungskampagne“ bedeutet, eigene Strukturen aufzubauen, die handlungsfähig sind und in soziale Kämpfe eingreifen bzw. solche (mit)initiieren zu können.
Jetzt ist es wichtig, dass die lokalen Gruppen die Kampagne mit Leben füllen. Aber wie? Sollen wir uns zuerst als Gruppe finden oder gleich auf die Straße? Es gibt berechtigte Wünsche, eine gute Gruppendynamik herstellen zu wollen und ebenso gute Argumente für Straßenaktionen von Anfang an. Tatsächlich widerspricht sich das nicht, sondern ergänzt sich: Wir werden in den lokalen Gruppen nicht so lange unter uns diskutieren können, bis Klima und Dynamik passen – genau ein solches Isolieren befördert eher frustrierende und lähmende Stimmungen und es besteht die Gefahr, im eigenen Saft zu braten. Andererseits bringt es wenig, sich einfach ohne Plan auf die Straße zu stellen und neue Leute in eine Gruppe zu holen, ohne zu wissen, wie man dann mit ihnen arbeiten will. Die Gruppe Wien Leopoldstadt etwa beschäftigt sich intensiv mit ihren internen Strukturen, da sie so groß ist, dass sie sich in Grätzelgruppen teilen muss. Das hindert sie jedoch nicht daran, vor den Treffen Flyeraktionen zu organisieren. Diese greifen keinen inhaltlichen Debatten vor und sind eine niedrigschwellige Möglichkeit für neue AufbrecherInnen, aktivistisches Handwerkszeug zu lernen und mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Andere Gruppen organisieren auch schon etwas ausgefeiltere Aktionen – etwa die Gruppe Wien Brigittenau, die mit Schautafeln auf Armut und Reichtum im Bezirk hinweist. Sogar inhaltliche Interventionen in Demos sind schon in der Aufbauphase der Gruppen möglich: die Gruppe Wien Rudolfsheim-Fünfhaus mobilisierte auf die Demonstration gegen die Identitären. Zuerst diskutierten sie beim Treffen, ob und wie der Kampf gegen die elitären Rechtsextremen mit der Aufbruch-Kampagne verbunden werden kann. Dann wurde ein Flugblatt erstellt, ein Transparent gemalt und gemeinsam auf die Demo gegangen. In Salzburg ist anlässlich der Festspiele eine Demonstration gegen die Wohnungsnot geplant.
So kann die Kampagne auf lokale Ebene heruntergebrochen werden. Es geht nicht darum, sich in Grätzelpolitik zu verlieren und nur noch über Zebrastreifen oder abgeschrägte Gehsteige zu reden – sondern konkret und lokal zu zeigen, warum wir uns die Reichen nicht mehr leisten können, wenn wir gute Arbeit, gutes Wohnen und ein sicheres soziales Netz für alle haben wollen. Dafür braucht es zu Beginn kein fix und fertig ausformuliertes Programm – die Grundthemen, die Aufbruch auf der Konferenz beschlossen hat, reichen für erste, einfache Aktionen. Die Erfahrungen, die wir durch Diskussionen mit Menschen auf der Straße, in Betrieben und Ausbildungseinrichungen machen, werden bei der Ausarbeitung von Forderungen und der Erstellung eines Programms sogar sehr wichtig sein. Es wird sich zeigen, dass vermeintlich „radikale“ Forderungen wie die Enteignung von SpekulantInnen und Superreichen viel Unterstützung finden und als echte Lösungen wahrgenommen werden, wenn sie auf die lokalen Probleme heruntergebrochen werden.
Außerdem schaffen regelmäßige Aktionen, und seien es nur kleine Flyeraktionen, die Basis dafür, dass neue Leute angesprochen werden können und die Organisierungskampagne ihrem Namen gerecht wird. Es gibt die Idee, im Sommer einen bundesweiten Aktionstag zum Thema „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“ zu organisieren. Das wäre ein wichtiger Schritt, um die inhaltliche Ausrichtung der Kampagne, die manchmal droht, zu verschwimmen, wieder zu stärken und den lokalen Gruppen ein konkretes Ziel, auf das hingearbeitet werden kann, zu geben.
Im Herbst stehen schließlich große Lohnverhandlungen an. Die Unternehmen blasen bereits jetzt zum Angriff. Sie wollen den 12-Stundentag und weitere Arbeitszeitflexibilisierung. Konflikte mit der Gewerkschaft sind vorprogrammiert, doch die Erfahrung zeigt, dass wir uns auf die Gewerkschaftsführung und ihren Apparat nicht verlassen können. Aufbruch kann die Kraft sein, die den KollegInnen in den verschiedenen Branchen die Hand reicht, um gemeinsam und kompromisslos gegen die Angriffe von oben und für kräftige Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzung zu kämpfen – sowohl auf bundesweiter als auch auf lokaler Ebene. Es können Flyeraktionen vor betroffenen Betrieben organisiert werden, aber auch Demonstrationen mit wütenden KollegInnen und kämpferischen GewerkschafterInnen, von denen ja einige bereits bei Aufbruch dabei sind. In dieser Zeit wäre die Organisation einer Großdemonstration ein nächster wichtiger Schritt, auf den die lokalen Gruppen hinarbeiten können und der einen Schub neuer AktivistInnen und Gruppen bringen kann.