Mo 01.12.1997
Bereits zwei Jahre ist es her, seit der 8. Dezember vom “Sonn- und Feiertagsruhe Gesetz” mittels Parlamentsbeschlusses ausgenommen wurde. Diese kampflose Niederlage der Gewerkschaft war nur ein Schritt auf dem Weg der Wirtschaftskammer die Handelsangestellten zu NiedrigverdienerInnen auf Abruf zu machen.
Über die massiven Schlechterstellungen für Handelsangestellte durch das Offenhalten am 8. Dezember kann auch nicht der in der GPA-Zeitung unter dem Titel “Der große Durchbruch” gefeierte heurige Kollektivvertragsabschluß für den 8. Dezember hinwegtäuschen. Was ist denn für die Handelsangstellten der “große Druchbruch”? Etwa die Tatsache, daß vorerst nur im Handel am 8. Dezember gearbeitet werden muß oder daß es vielleicht die nächsten zwei, drei Jahre noch hohe Überstundenzuschläge für den 8. Dezember geben wird, bevor er zu einem “normalen” Arbeitstag wird?
Wirtschaftskammer & Geschäftsleute sind angesichts des Nicht-Widerstandes der Gewerkschaft auf den Geschmack gekommen: Sie fordern weitere “Liberalisierung” der Ladenöffnungszeiten. Begründet wird das zum einen mit “Kundenfreundlichkeit” und zum anderen versprach der Bundessektionsobmann für Handel der Wirtschaftskammer, Erich Lemler, daß dadurch 8.000 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden würden. Entgegen allen Versprechungen wurden aber keine Vollzeitarbeitsplätze geschaffen, sondern im Zeitaum von August ‘96 bis ‘97 im Zug der Aufweichung der Ladenöffnungszeiten 1.598 Vollzeitarbeitsplätze vernichtet.
Dagegen kommt es zu einem explosionsartigen Anstieg der unsicheren Beschäftigungsverhältnisse im Handel. Bereits 17% der 228.261 Beschäftigen im Handel arbeiten nur noch in einer Teilzeitanstellung. Fast jede dritte Frau im Handel hat keinen Vollzeitjob mehr und die Tendenz ist weiter steigend. Teilzeitarbeit bedeutet für viele den Anfang vom Abrutschen in die Armut, denn weniger Arbeit bedeutet auch weniger Lohn und der Handel ist ohnehin eine “Niedriglohnbranche”.
Der nächste Schlag; Für den Handel soll Sonntagsarbeit eingeführt werden - Stichwort Multiplex. Zuerst sperrten die Geschäftsleute unerlaubt ihre Geschäfte am 20. April auf und ein halbes Jahr später legalisierte der NÖ-Landeshauptmann Pröll dies mittels Verordnung. Damit darf jetzt jeden Sonntag im Multiplex aufgesperrt werden. (Vorerst nur, wenn nur die Besitzer und ihre Angehörigen darin arbeiten.)
Seit dem 16.11. sind die Geschäfte im Mulitplex jeden Sonntag geöffnet, gleich am ersten Tag wurde die Verordnung gebrochen. Der Besitzer des Möbelhauses KARE, Rettensteiner, stellte mittels Werkvertrages(!) zwei StudentInnen für diesen einen Tag an. Außerdem beobachtete die AK-NÖ noch, daß manche Geschäfte bereits ab 10 Uhr 15 und bis 19 Uhr 15 offen hatten. Darauf angesprochen erklärte der Initator der Sonntagsaktion Langauer: “Das wird es immer geben, die Leute wollen schließlich Geschäfte machen”. Laut einer Umfrage der GPA-NÖ fürchten rund zwei Drittel der Beschäftigen im Multiplex bereits um ihre Sonntagsruhe.
Die Gewerkschaftsproteste richten sich in erster Linie an die Adresse von Landeshauptmann Pröll, von dem sie eine Rücknahme der Verordnung fordert. Dazu wurde eine Demonstration in St. Pölten am 20.11 organisiert zu der immerhin rund 3.000 GewerkschafterInnen und auch zahlreiche Beschäftigte des Handels, wie die 450 Personen starke Delegation des Billa zeigte, kamen. In ziemlich radikalen Wortbeiträgen, bis hin zum Aufmarsch vor dem Regierungssitzes, forderten die Gewerkschafter die Rücknahme des Dekrets, während einige Gewerkschaftsfunktionäre mit LH Pröll verhandelten. Als das negative Ergebnis der Verhandlung verlautbart wurde brach lautstark der Unmut unter den DemonstrantInnen aus. Aber anstatt zu weiteren konkreten Kampfmaßnahmen zu rufen bzw. sie zu organisieren, drückte die Gewerkschaftsspitze den DemonstrantInnen nur Unterschriftenlisten gegen die Sonntagsarbeit in die Hände. So fährt man aber keine sieg, sondern höchstens eine neuerliche Niederlage ein!