Fr 29.09.2006
Die Bilanz des Libanon-Krieges
- 1.300 LibanesInnen und 157 Israelis getötet
- 15.000 Angriffe der israelischen Luftwaffe mit Zerstörungen von 2,3 Milliarden $ im Libanon bzw. 5,7 Mrd. $ (inklusive der Schäden in Israel; Quelle: „Yediot Aharonot“, 15.8.06)
- Gestiegenes Risiko weiterer Konflikte in der Region und Stärkung des fundamentalistischen Regimes in Iran
- Besatzung im Süden Libanons durch UNO-Truppen und verstärkte Blockaden gegen die PalästinenserInnen in Gaza
UNO wird keinen Frieden bringen
Die überwiegende Mehrheit der LibanesInnen sieht die UNO zurecht als mitverantwortlich für die Massaker dieses Krieges und ebenso während der israelischen Besatzung von 1982 bis 2000. Der Name „Vereinte Nationen“ ist irreführend. Die UNO ist leider nichts dergleichen. Es dominieren die führenden Eliten der imperialistischen Staaten. Von den wirklichen Interessen der Massen auf diesem Planeten ist die UNO Lichtjahre entfernt. Der Wunsch, dass es bereits heute eine einsatzfähige und internationale Truppe geben sollte, die den Nahen Osten wirklich befrieden kann, ist verständlich. Doch leider muss eine solche Kraft erst aufgebaut werden. Grundsätze dafür müssten sein:
- Eine multiethnische Zusammensetzung und Respektierung aller ethnischen und religiösen Minderheitenrechte. Nein zu jeglichem Chauvinismus und Fundamentalismus.
- Ein Programm gegen Privatisierungspolitik und Kürzungen, z.B. im öffentlichen Dienst. Für gesellschaftliches Eigentum und eine entsprechende Verwaltung.
- Demokratische Strukturen und jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit der Vorgesetzten.
- Eine militärische Strategie, die nicht auf die Bedrohung israelischer ZivilistInnen abzielt.
Nein zur „kollektiven Bestrafung“
Die Politik Israels gegenüber dem Libanon folgt dem Muster der „kollektiven Bestrafung“. Dies führt als Gegenreaktion unter anderem dazu, dass die Hizbollah von vielen als einzige kämpfende Alternative gegen den Imperialismus gesehen wird. Doch die Hizbollah bietet keine echten Lösungen. Auch wenn sie derzeit versucht, sich als gesamt-libanesische Kraft darzustellen und populistisch geschickt aufzutreten, ist und bleibt sie eine rückschrittliche und fundamentalistische Organisation. Vor allem die Anti-Kriegs-Bewegung im Westen sollte keine kindlichen Hoffnungen in diese Kraft hegen. Eher früher als später wird die Hizbollah wieder verstärkt separatistisch auftreten und wieder in Konflikt mit der nicht-schiitischen Bevölkerung im Libanon kommen. Die Hizbollah ist überdies der zweitgrößte Arbeitgeber im Libanon (ca. 250.000 Jobs). Gleichzeitig steht die Hizbollah auf dem Boden des Kapitalismus und gedenkt keineswegs, mit ihm zu brechen. Sie wird unter anderem vom iranischen Mullah-Regime gesponsert. Die Hizbollah ist somit eine reaktionäre halbstaatliche Struktur und keine „linke Guerilla-Organisation“, wie manche in der westlichen Anti-Kriegs-Bewegung glauben.
Multiethnische ArbeiterInnen-Bewegung nötig
Entscheidend ist der Aufbau einer wirklichen Alternative - einer multiethnischen ArbeiterInnenbewegung, die über ethnische und religiöse Barrieren hinaus ein Programm der sozialen Befreiung mit der militärischen Selbstverteidigung verbindet. Ein solches Programm muss ebenso mit der „Kollektivschuld-These“ gegenüber Israel brechen und der ArbeiterInnenschaft in Israel (und nicht der Regierung!) ein ernsthaftes Angebot zur Verständigung und Kooperation machen. Der israelische Terror-Feldzug diente letztlich nicht den Interessen der Mehrheit der israelischen Bevölkerung. Wenn auch in geringerem Ausmaß als im Libanon, so haben viele israelische ArbeiterInnen und arme Menschen (sowohl jüdische wie palästinensische) unter dem Krieg gelitten, ohne dass er ihnen Befreiung brachte. Viele konnten es sich nicht leisten, aus dem Norden in den Süden zu fliehen. Die nächsten Monate werden Versuche der Regierung mit sich bringen, die Kosten des Krieges auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen. Es wird auch in Israel wieder verstärkt zu sozialen Konflikten kommen.
Dieser Krieg und seine Folgen haben erneut bewiesen, dass es auf Grundlage des Kapitalismus und seiner imperialistischen Weltbeziehungen keinen dauerhaften Frieden geben kann. Die Überwindung des Kapitalismus muss mit der Losung einer freiwilligen Konföderation aller Länder der Region verbunden werden.
- Nein zu UNO-Besatzungstruppen im Libanon! Die LibanesInnen müssen selbst entscheiden!
- Stopp dem Staatsterror und der Blockade Israels gegenüber den besetzten palästinensischen Gebieten! Abzug der IDF aus allen besetzten Gebieten!
- Für die Verteidigung der Rechte aller Minderheiten in der Region!
- Für eine sozialistische Konföderation des Nahen Ostens auf freiwilliger Grundlage: ein gleichberechtigter sozialistischer Libanon neben einem sozialistischen Israel und ein sozialistisches Palästina!
Die israelische Schwesterorganisation der SLP, „Maavak Sozialisti“, setzt sich aktiv für ein solches Programm ein. Im Lauf des Libanon-Krieges haben viele ArbeiterInnen und Jugendlichen in Israel gesehen, dass die Olmert-Regierung nicht ihre Interessen vertritt. Ein Beispiel ist die öffentliche Empörung, nachdem bekannt wurde, dass der Armeechef den Krieg dazu verwendete, sich persönlich zu bereichern. Eine grundsätzlich andere Politik ist nötig. Dazu gehört die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der PalästinenserInnen in Israel und auf palästinensischer Seite das Eintreten für Bemühungen, eine Brücke zur israelischen ArbeiterInnenschaft zu schlagen anstatt der Methoden von Hamas und anderen Gruppen in Palästina sowie der Hizbollah im Libanon. Daran zu arbeiten ist der einzige Ausweg aus dem Teufelskreis von Krieg, Vertreibung, rassistischen Vorurteilen und Terror.