Mo 31.10.2011
In Europa ist das Bild Afrikas seit Jahrhunderten gleich: Der Kontinent der mit „unserer“ Zivilisation nicht mithalten kann. Es muss „Entwicklungshilfe“ geleistet werden, damit er „aufholen“ kann. Tatsächlich gab es in Afrika Jahrtausende lang entwickelte Zivilisationen und Staaten.
Ein brutales Ende fand das mit dem Einmarsch der Europäer: mit dem Vorwand Gott und die Zivilisation nach Afrika zu bringen wurden Kulturen zerstört, Menschen versklavt, verschleppt und getötet. Eigentlich ging es immer um die Rohstoffe des reichen Kontinents, die eine Grundlage des Reichtums des Westens bildeten. Doch immer gab es auch Widerstand gegen die Ausbeutung von außen. Die Unabhängigkeitsbewegungen machten es den imperialistischen Mächten nach 1945 immer schwieriger, ihre Macht direkt auszuüben. Die Verluste an Profiten und Menschenleben durch zahlreiche Aufstände machten „Business as usual“ unmöglich. Im kalten Krieg war es klüger, auf andere Mittel zu setzen.
Afrika ist “Nettozahler“ - zahlt also mehr Geld, als es durch Kredite und „Entwicklungshilfe“ bekommt.
Also zogen die Soldaten und BeamtInnen aus den Kolonien ab. Was blieb, war eine von den ehemaligen Kolonialherren abhängige Wirtschaft. Die Profite flossen weiter nach Europa und Amerika. Damit das so bliebe, war es wichtig auch weiterhin die Politik in den neuen Staaten zu bestimmen. Der Imperialismus änderte seine Strategien, aber die Ausbeutung des Kontinents geht bis heute weiter.
Der moderne Kolonialismus baut auf den Strukturen auf, die die Kolonialherren hinterlassen haben und läuft über verschiedene internationale Organisationen wie IWF und Weltbank. Zentral sind dabei die Schulden, die Afrika einfach nicht los wird. Zwei Billionen Dollar „Entwicklungshilfe“ und zahlreiche Kredite halfen und helfen dabei, echte Unabhängigkeit zu verhindern. Doch obwohl Milliarden zurückbezahlt werden, wächst der Schuldenberg weiter.
Eine durchaus willige korrupte afrikanische Elite ist ebenfalls Teil des Systems. Geschätzte 150 Mrd. Euro versickern jährlich in Afrika in der Korruption. Ob eine Regierung demokratisch ist, spielt für das Kapital keine Rolle. Wichtig ist, dass sie die Profite für Konzerne aus der EU, den USA und heute auch China garantiert. Tut sie das nicht, wurden in der Vergangenheit auch schon Putsche organisiert oder „Rebellen“gruppen bewaffnet. Die Bevölkerung interessiert dabei nur als billige Arbeitskraft, ihr Elend spielt in dieser Logik keine Rolle.
Die „Entwicklungshilfe“ wird für Zinszahlungen und häufig für Waffen oder andere Waren aus den „Geberstaaten“ verwendet. Die blutigen Konflikte sind im Wesentlichen das Ergebnis von Kolonialismus und Imperialismus. Grenzen wurden willkürlich gezogen und verschiedene Ethnien gegeneinander ausgespielt. Viele der „Bürgerkriege“ sind Stellvertreterkriege für die Konflikte zwischen imperialistischen Staaten (wie. z.B. in Ruanda 1994). Das jetzt am schlimmsten vom Hunger betroffene Somalia befindet sich seit 20 Jahren im „Bürgerkrieg“. Seit den 1980er Jahren (damals war Somalia Selbstversorger) wird das Land vom Westen zerstört – Grund waren die vermuteten Ölreserven. IWF und Weltbank trieben Somalia in den Ruin und die USA intervenierte 1993 militärisch. Der Staat spielte mangels Finanzen (in Folge der aufgezwungenen Kürzungen) keine Rolle mehr und zerfiel. Waffenlieferungen taten ein Übriges.
Ein gutes Beispiel für den Neokolonialismus, der seit den 1980er Jahren mit neoliberaler Politik arme Länder noch mehr in die Armut treibt. Über IWF und Weltbank wurde ein gefährlicher Maßnahmen-Mix verordnet: Währungsabwertungen führten zu sinkenden Einnahmen bei Exporten. Die Produktion für den Export bedeutete, dass Nahrung importiert werden muss und es zu einem Überangebot auf dem Weltmarkt kommt, das die Preise senkt. Um die Abhängigkeit Afrikas auch für die Zukunft zu sichern, verhindern die imperialistischen Konzerne den Aufbau national eigenständiger Ökonomien. Nigeria z.B. ist der fünft größte Öl-Exporteur der Welt. Im ganzen Land findet sich aber keine Raffinerie, um das Öl weiter zu verarbeiten.
In der Periode der „Globalisierung“ ist die Lebenserwartung in Afrika um 15 Jahre auf 48 gesunken.
Die „Strukturanpassungsprogramme“ (SAPs) erzwangen die Öffnung der Märkte für ausländische Produkte, Ausverkauf von Land und Industrie an ausländische Unternehmen, Kürzungen und Streichungen im öffentlichen Bereich, bei Verwaltung, Bildungswesen und Gesundheit sowie bei Nahrungsmittelsubventionen.
2009 verkaufte die äthiopische Regierung 1,1 Mio. Hektar der fruchtbarsten Flächen an ausländische Investoren, nachdem die dort lebenden BäuerInnen enteignet wurden. Auf diesen und vielen weiteren Flächen in ganz Afrika werden seitdem v.a. Rohstoffe für „Bio-Sprit“ aber auch Obst, Schnittblumen uvm. für den Export gepflanzt. Aus allen von der Hungerkatastrophe betroffenen Ländern wird auch jetzt noch fleißig exportiert, während Hilfsorganisationen versuchen, Nahrung in die Region zu schaffen.
Die Konzerne aus China, der EU und den USA reagierten auf die Dürre mit mehr Bewässerung. Die einfachen BäuerInnen konnten sich das nicht leisten und mussten ihrem Vieh beim Verhungern zuschauen, bevor sie selbst dran waren. Ihr Land kommt jetzt den Konzernen zu Gute.
Nicht allein die Dürre hat die Lebensmittelpreise explodieren lassen, sondern v.a. dass Lebensmittel immer mehr zum Spekulationsobjekt werden (siehe Grafik). Äthiopien und Malawi z.B. mussten auf Druck von IWF und Weltbank ihre Nahrungsmittelreserven auflösen. Hungerkatastrophen waren die Folge. In vielen Ländern werden Unmengen von Nahrung vernichtet. Sei es, dass unverbrauchte Waren im Müll landen oder Regierungen Tonnen von Nahrung kaufen und vernichten, um Profite zu schützen. Trotz der enormen Umweltzerstörung bietet die Erde genug Ressourcen, um die Menschheit mindestens doppelt zu ernähren. In weiten Teilen Afrikas produzieren Konzerne aber so rücksichtslos, dass kaum noch brauchbares Land für die ansässigen BäuerInnen bleibt: Monokulturen und Extensiv-Bewirtschaftung führen zu versalzten und ausgelaugten Böden.
Hungerkatastrophen und Elend haben in Afrika eine lange, traurige Tradition. Mit der aktuellen Wirtschaftskrise spitzt sich die Lage weiter zu: In der Krise wird weniger produziert und entsprechend weniger Rohstoffe benötigt. China, dessen Einfluss auf Afrika sich enorm gesteigert hat, kann diesen Rückgang auf Dauer nicht auffangen. Viele Arbeitsplätze und Existenzen in Afrika hängen aber am Rohstoffexport, eben diese werden jetzt vernichtet. An diesen Jobs hängen oft ganze Groß-Familien. Mit dem Druckmittel Arbeitsplatzabbau werden natürlich auch weitere Lohn-Kürzungen durchgedrückt und die Lage verschlimmert sich noch. Die internationalen Banken werden noch aggressiver auf die Rückzahlung der Kredite und ihrer Zinsen drängen. Und westliche Staaten werden zu noch brutaleren Mitteln greifen, um sich bzw. den von ihnen vertretenen Unternehmen den Zugang zu afrikanischen Rohstoffen zu sichern. Der Kapitalismus hat bisher für Afrika nur Elend bedeutet und im Rahmen des Kapitalismus ist die Zukunft für Afrika eine düstere.