Abtreibungsdiskussion

Schön borniert
Nicky Hofmann

Am Donnerstag, den 15.Oktober fand im Gebäude des „Standard“ in der Wiener Herrengasse eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „Abtreibungspille pro und kontra“ statt. Podiumsgäste: Der Wr. Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn und die SPÖ Nationalratsabgeordnete Liesl Pittermann.
Die Debatte beschäftigte sich von Anfang an kaum mit der Abtreibungspille, sondern mit der Abtreibung an sich. Schönborn gab sich tolerant, sprach sich zum Beispiel gegen eine Strafverschärfung bei Abtreibung aus. Der Schafspelz stand ihm gut. Doch im Laufe der Diskussion bekam er Risse: Spätestens als er die Frage in den Raum stellte, warum die armen Länder Amerikas soviel „mehr Mut zum Leben“ hätten. Dieses Zitat zeigt den ganzen Zynismus der katholischen Kirche im Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen. Tausende Frauen in Lateinamerika zahlen das Verbot, das Schönborn „Mut zum Leben“ nennt, mit ihrem eigenen Leben, wenn sie an den Folgen illegaler Abtreibungen sterben.
Pittermann bemühte sich sehr, Schönborn „kontra“ zu geben, beging dabei aber einen durchaus verbreiteten Fehler: Sie versuchte mit Beispielen von sozialen Notlagen die Notwendigkeit von Abtreibungen zu rechtfertigen. Auch weitere „Kontra“-Meldungen aus dem Publikum stießen in die selbe Richtung. Die Folge war die abstruse Situation, daß BefürworterInnen des Rechtes der Frauen auf Abtreibung und Schönbörn recht freundlich miteinander debattierten, ob bzw. wann bzw. ab wann Abtreibungen nun gut oder böse seien. Unterstützt wurde dieser „kollegiale“ Umgang miteinander einerseits durch Schönborns anbiedernde Art. Andererseits durch eine in „liberal-intellektuellen“ Kreisen  typische Auffassung, man könne zivilisiert mit jedem immer über alles reden. Diese Tendenz ist äußerst gefährlich. Abtreibung kann nicht zum Diskussionsgegenstand mit der katholischen Kirche erklärt werden! Denn das Abtreibungsrecht in Frage zu stellen, heißt, eine fundamentale Errungenschaften der Frauenbewegung in Frage zu stellen. Das grundlegende Recht der Frau über ihren Körper und ihr Leben zu entscheiden, wird hier angezweifelt. Diesen „Aspekt“ so beim Namen zu nennen, war für diese Veranstaltung offensichtlich zu radikal.
Für die katholische Kirche und die diversen Anti-Abtreibungsorganisationen von der „gemäßigten“ Aktion Leben bis zur fundamentalistischen „Pro Life“-Organisation stellt diese Möglichkeit, überhaupt öffentlich dieses Recht anzuzweifeln, einen Erfolg in ihrem Kampf dar. Deshalb hätte sich bei dieser Veranstaltung der Widerstand nicht auf die Widerlegung der Argumente Schönborns beschränken sollen. Vielmehr ist es notwendig, gegen die  Plattform in den Medien, die den Abtreibungsgegnern zum ersten Mal seit Einführung der Fristenlösung in großem Stil gewährt wird, aufzutreten.
Anmerkung: Die Verfasserin meldete sich auf der Veranstaltung entsprechend zu Wort und erhielt teilweise rege Publikumsunterstützung.

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