Do 27.05.2010
Am 14. bis 16. Mai trafen sich 22 junge Mitglieder der Sektionen des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale (CWI) in Brüssel. Ein Wochenende diskutierten sie über Jugendproteste und Entwicklungen in Europa sowie über Vorschläge Proteste zusammenzuführen.
Paul, Mitarbeiter von Europaabgeordneten Joe Higgins und langjähriger Verantwortlicher für die Jugendarbeit in Irland, begann seine Einleitung mit der Erzählung, wie viele Veranstaltungen er zu Venezuela, Bolivien und Che Guevara gemacht habe. Die Proteste gegen den Putsch in Venezuela, der Wasserkrieg in Bolivien, die Debatten um Sozialismus im 21. Jahrhundert: das waren die Themen, die Jugendliche interessierten. Jetzt bräuchte man nicht mehr zu anderen Kontinenten zu gucken.
Die TeilnehmerInnen des Europäischen Jugendtreffens waren sich einig, dass mit der kapitalistischen Krise und den Kürzungspaketen Aufstände auch nach Europa kommen und kommen werden. Berichte aus Griechenland, Portugal und Spanien bestärkten das. Die Einschätzung des Europäischen Büros wurde diskutiert und um neue Entwicklungen ergänzt. Gerade Griechenland besitzt in Bezug auf Kämpfe und Stimmung, Elemente einer vorrevolutionären Situation. Dazu gab es einen eigenen Tagesordnungspunkt mit einem Bericht vom griechischen Genossen Nikos.
Entfremdung und Radikalisierung
Aus mehreren Sektionen wurde berichtet, wie unter Jugendlichen die Entfremdung vom System und seinen Institutionen zunimmt. Gerade vor dem Hintergrund von steigender Arbeitslosigkeit sind Ausbrüche wie die Dezembertage in Griechenland die Perspektive für eine Reihe europäischer Länder.
Davon ausgehend entsteht eine Schicht von radikalisierten Jugendlichen, die trotz aller politischer Unklarheit schnell weitgehende Schlüsse gezogen haben und sich auf die Suche nach sozialistischen Ideen machen. Zum Beispiel suchen sie auch in der Vergangenheit. In Spanien, wo sich eine wachsende Zahl von Jugendlichen mit dem spanischen Bürgerkrieg beschäftigt, waren zehntausend Jugendliche gegen Vertuschung von Francos Verbrechen auf der Straße.
Bildung das Schlüsselthema
Das europäische Jugendtreffen diskutierte in mehreren Sessions die Situation und Kampagnen zu Jugendarbeitslosigkeit, Bildungsabbau, antifaschistischer Arbeit und Arbeit in neuen Parteien. In mehreren Sektionen wurden Kampagnen zu Jugendarbeitslosigkeit gestartet. Neben Youth fight for Jobs aus Großbritannien berichteten GenossInnen von einer Kampagne in Belgien. Sie haben Unterstützung in den Gewerkschaftsgruppen gesucht, einen ersten Kongress organisiert und überlegt in Anlehnung an Arbeitslosenmärsche der 80er, auch solche Jugendmärsche zu organisieren. In Schweden starten die GenossInnen eine Kampagne Youth fight for Jobs and Green Future, um die Verbindung zu Umweltprotesten deutlich zu machen.
Besondere Aufmerksamkeit bekam das Thema Bildung. Während die Bildungsstreiks in Deutschland die ersten Beispiele von massenhaftem Protest zu Bildung waren, braut sich auch in anderen Ländern was zusammen. In England droht die Erhöhung der Studiengebühren von 3000 auf 5000 Pfund. Es gab schon erste Besetzungen und die Idee von landesweiten Protesten, Streiks und Besetzungen werden weiter diskutiert. In Griechenland schrecken die Herrschenden noch vor Angriffen auf das Bildungssystem zurück, weil sie zu sehr fürchten, dass die kampfstarken Studierenden, SchülerInnen und Lehrenden auch noch stärker auf die Straße gehen könnten. Die Sparpakete, die in allen europäischen Ländern vorbereitet werden, müssen über kurz oder lang auch die Bildung angreifen.
Der Mangel an starken ArbeiterInnenparteien ließ in der vergangenen Phase rechtspopulistische und faschistische Kräfte in einigen Ländern anwachsen. In mehreren Sektionen spielten Mitglieder des CWI eine wichtige Rolle in den Protesten dagegen. Beispielsweise konnte die SLP in Österreich mit ihrer antifaschistischen Arbeit in neue Bundesländer vordringen und Mitglieder gewinnen.
Internationale Proteste
Angesichts der zunehmenden Verallgemeinerung der Angriffe in Europa wurde über Möglichkeiten von internationalen Protesten diskutiert. Besonders hervorgehoben wurde die Initiative von linken Europaabgeordneten für eine Aktionswoche Ende Juni, welche ausdrückt, wie notwendig eine internationale Koordination der Proteste ist. Die Möglichkeit von internationalen Protesten im Bildungsbereich soll weiter diskutiert und geprüft werden.
In einer Session zu Slogans und Programm wurde diskutiert welche Forderungen zu welcher Zeit in den Vordergrund zu rücken seien. Gerade vor dem Hintergrund einer Radikalisierung unter Jugendlichen und stärker werdenden anarchistischen Stimmungen, ist die Herausforderung der Wut Ausdruck zu verleihen und auf Massenproteste zu orientieren.
Aufbau der Internationale
In Europa eröffnet sich eine Phase großer Möglichkeiten für die Sektionen des CWI. Der Schlüssel zum Aufbau ist die Ausbildung von JugendgenossInnen zu selbständig handelnden und denkenden MarxistInnen sein, die in der Lage sind in die sich entwickelnden Kämpfe einzugreifen. Ihnen auf den Ortsgruppen genug Raum einzuräumen und sie zu entwickeln, bleibt eine Kernaufgabe.
Gerade im Jugendbereich spielt die Internationale eine große Rolle und übt auf Jugendliche eine Anziehung aus. Mit einem Bericht über die Arbeit der Internationale in den außereuropäischen Ländern wurde das Treffen beendet. Die Stärkung der Internationale und ein größerer Austausch über Jugendarbeit steht an. Das bedeutet Berichte zu verfassen und mehr Artikel auf Englisch zu übersetzen. Die nächste Möglichkeit sich über Jugendarbeit auszutauschen, wird es bei der Europäischen Sommerschulung im Juli geben.