Mark Golowisnin ist Mitglied der Redaktion der franz. historischen Zeitschrift „Cahier du mouvement ourier“, assoziertes Mitglied des soziologischen Institutes der russ. Akademie der Wissenschaften, sowie Co-Autor und Mitarbeiter von Vadim Rogowins Forschungen zur Frage: „Gab es eine Alternative zum Stalinismus“.
Vorwärts 99/Magazin Dezember 1999/Jänner 2000
Artikel in dieser Ausgabe:
Von Marx über die Russische Revolution zur stalinistischen Bürokratisierung – so geradlinig werden spätestens seit der Proklamation des „Endes der Geschichte” von bürgerlicher Seite die Ereignisse dargestellt. Eine simple und falsche Darstellung. Für SozialistInnen ist es wichtig, klarzumachen, warum die Errungenschaften rund um die russische Revolution verteidigt werden müssen, während wir die später entstandenen Regimes kritisieren und nie als Sozialismus bezeichneten.
"Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte", stellte Marx treffend fest. Sie fallen nicht vom Himmel, sind kein Produkt kleiner Terroristenzirkel oder Ereignisse mit drehbuchähnlichem Ablauf. Revolutionen sind neben Kriegen die dynamischsten Ereignisse der menschlichen Gesellschaft, Ausdruck historischer Unausweichlichkeit. Sieg oder Niederlage einer Revolution kann Gesellschaften für lange Zeit, oft Jahrzehnte, entweder zurückwerfen oder nach vorne bringen.
Am Ende des 20. Jahrhunderts ist heute wenig die Rede davon, wie es begonnen hat: In Deutschland begann mit dem zweiten Flottengesetz die Hochrüstung, die in den Weltkrieg mündete. Streiks für den 8-Stundentag überzogen den Kontinent. In China führt der Boxeraufstand zur imperialistischen Intervention. Die Auswahl der angeführten Ereignisse ist weder willkürlich, noch zufällig. Sie entsprechen historischen Entwicklungslinien, die mehrere Jahrzehnte rund um die Jahrhundertwende, bzw. unser Jahrhundert prägten.