Wer Mindestsicherung bezieht, lebt rund €90 unter der Armutsgrenze, hat kein Auto, keinen Bausparvertrag und keine Reserven – muss aber jeden Job annehmen, unabhängig von Qualifikation, Arbeitsweg oder Bezahlung. Die Mindestsicherung war schon bei ihrer Einführung eine Verschlechterung. Jetzt folgen neue Angriffe: Schwarz-Blau in OÖ prescht vor, kürzt bei Asylberechtigten auf €365/Monat. Salzburg & Burgenland wollen nachziehen. Ein „Presse“-Leitartikel zeigt, was die Herrschenden davon halten: Der Kahlschlag müsse auf „ÖsterreicherInnen“ ausgeweitet werden.
Vorwärts 251 - September 2016
Artikel in dieser Ausgabe:
Die Politik der OÖ-Landesregierung will sozial Schwache gegeneinander ausspielen. Schwarz-Blau poltert, dass PensionistInnen, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, plötzlich weniger bekommen als Flüchtlinge. Doch beide Parteien haben 2003 die Pensionen gekürzt. Jetzt kürzen sie die Mindestsicherung. Zuerst betroffen sind Asylberechtigte. Mit €365 (+ willkürlich vergebenem „Integrationsbonus“ von €155) kann man sich kaum durchschlagen. Viele „Mindestsicherungsflüchtlinge“ gehen nach Wien. Dass heizt eine Debatte über neue Kürzungen und Residenzpflicht an. Beides löst keine Probleme.
Die „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“ orientiert sich am deutschen Vorbild „Hartz IV“. Das 2005 von Rot-Grün eingeführte Modell macht aus arbeitslosen Lohnabhängigen mit Versicherungsanspruch unmündige AlmosenempfängerInnen. Der Anspruch auf den Regelbedarf von €404/Monat verfällt bei „Vergehen“ wie unpassender Kleidung bei einem Vorstellungsgespräch. Betroffene können sich eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben (Öffis, Kino, Bars, Restaurants,...) nicht mehr Leisten und werden isoliert.
Ein breiter Schulterschluss soll Hofer verhindern. Auch GewerkschafterInnen sind dabei. Bald beginnt die Herbstlohnrunde der Metallbranche. Seit Jahren versuchen die KapitalistInnen, die Verhandlungen aufzuspalten, die Gewerkschaft zu schwächen und längere Arbeitszeiten durchzudrücken. Erst vor kurzem hat die Gewerkschaft hier Zugeständnisse gemacht. Heuer könnte sie noch zahmer daher kommen. Wegen der Bundespräsidentschaftswahl könnte die Gewerkschaftsführung meinen, man dürfe die Unternehmensseite nicht verärgern, weil sie sonst vielleicht Hofer unterstützt.
Die Verhandlungen zwischen EU-Kommission, USA und internationalen Großkonzernen rund um TTIP, CETA & Co. nehmen immer mehr Form an. Sowohl PolitikerInnen als auch die LobbyistInnen der Wirtschaft drängen auf einen Beschluss der Freihandelsabkommen noch vor Ende 2016. Auf allen Ebenen soll die Krise, die sie verursacht haben, auf unseren Rücken abgeladen werden - um ihr System aufrecht zu erhalten und sich ihre vollen Taschen zu sichern. Unsere Rechte im Job, unsere Sozialsysteme, unsere Privatsphäre, unsere Umwelt, unsere grundlegenden Rechte – all das steht unter Beschuss!
Nach dem Hick-Hack um die Stichwahl steht uns am 2.10. das gleiche Elend um die Präsidentschaftswahl schon wieder bevor. Wir werden gezwungen uns zu entscheiden, ob wir einen rechtsextremen Burschenschafter oder einen abgehobenen, neoliberalen Professor für ein Amt wollen, das es besser gar nicht geben sollte. Natürlich müssen wir jetzt Hofer verhindern, aber das Problem der immer stärker werdenden FPÖ bekommen wir mit einfach VdB wählen nicht in den Griff.