Mo 01.06.1998
Meinungsumfragen sprechen von einem Minus von rund sechs Prozentpunkten. Selbst Haider und sein Generalsekretär Westenthaler geben zu, daß sich die Partei in einer tiefen Krise befindet. An der Wiege des F-Erfolgs stand unter anderem der AKH-Skandal. Jetzt sind Haider, Gratzer, Rosenstingl und Co. in eine Affäre verstrickt die den damaligen Skandal in den finanziellen Ausmaßen übertrifft.
Praktisch die gesamte Führungsriege der FPÖ-Niederösterreich mußte geschlossen zurücktreten. Wenn es nach Haider geht sollen die FPÖ-NÖ Mandatare einen Schuldenberg von 53 Millionen bezahlen. Das ist ein Garantieschein für weitere Rücktritte und Turbulenzen.
Der FPÖ steht das Wasser bis zum Hals
Ein kurzer Rückblick auf die letzten Monate zeigt, daß der Fall Rosenstingl kein Blitzschlag aus heiterem Himmel war: Haider drohte mehrmals mit Rücktritt, der Kärntner FPÖ-Chef Grasser stand kurz vor dem Ende seiner Karriere, in fast allen wichtigen Landesorganisationen krachte es gewaltig (z.B Oberösterreich, Vorarlberg). In Salzburg wurde die gesamte Landesgruppe per Dekret vom Bundessekretariat aufgelöst. Der Rosenstingl-Skandal hat die Schraube in der FPÖ-Krise nur weiter gedreht. Kein Ende ist in Sicht: Der Wiener FPÖ-Gemeinderat Stix wurde wegen einer einzigen kritischen Wortmeldung - ohne Anhörung - sofort ausgeschlossen. Die FPÖ löst sich Mitte Juni formell sogar auf und gründet sich "neu".
FPÖ: Im Inneren faul und morsch
Gemessen an ihrer Wählerschaft verfügt die FPÖ nur über eine äußerst dünne Parteibasis. Nur 40.000 Menschen besitzen ein blaues „Parteibüchl“ - nicht mehr als zu einer Zeit, als die FPÖ noch bei fünf Prozent lag. Zusätzlich wurden hunderte langgediente Funktionäre von Haider und Co. aus der Partei gedrängt - mit dem Effekt das heute praktisch jeder, der aktiv bei der FPÖ mitarbeitet, sofort etwas wird. Solche Aussichten wirken wie ein Magnet auf Karrieristen und dubiose Gestalten. Rosenstingl selbst wurde 1990 Gemeinderat in Gießhübl, aber nach dem FPÖ-Sieg bei den Nationalsratswahlen im selben Jahr (!) sofort Abgeordneter. „Garniert“ mit diversen Rechtsextremen ist diese FPÖ-Funktionärsschicht immer wieder für Skandale und gut.
Durch haltliche Wendungen sind Haider und seine engste Führungsriege keinesfalls ein beruhigendes Element. Egal mit welchen diktatorischen Methoden auch versucht wird, die internen Probleme zu befrieden.
Zwischen Futtertrögen und rechtsextremer "Opposition"
Die FPÖ-Führung und Funktionäre sind momentan völlig orientierungslos. Die Partei wuchs jahrelang einzig und allein durch den Unmut und Protest gegen die Regierungspolitik: Privatisierung, steigende Arbeitslosigkeit, EU-Lügen, Sparpakete und diverse Skandale waren der Boden auf dem die FPÖ das Blaue vom Himmel versprechen konnte.
In der Realität hat sich die FPÖ freilich nur wenig von den anderen Parteien unterschieden: Auch sie kassierte fleißig Parteisubventionen aus Steuergeldern und Kammerumlagen - mit denen Rosenstingl & Co. spekulierten. Oder sammelte Spitzenverdiener (wie Porschefahrer Haider) und Multifunktionäre (z.B Herrn Gaugg) an.
Durch ihre fortlaufenden Wahlsiege schien sich die Partei Mitte der 90er Jahre eine zeitlang soetwas wie eine Stammwählerschaft aufzubauen. Damit einher ging eine weniger flatterhafte politische Positionierung - unerläßlich dafür um für`s Kapital berechenbar und damit regierungsfähig zu werden. Diese Entwicklung hat in den letzten Wochen und Monaten einen deutlichen Rückschlag erhalten.
Die große Koalition hat die Brocken Sparpakete, Pensionsreform ... durchgebracht und sich damit für die Mächten als derzeit tauglichste Regierungsform erwiesen.
Gleichzeitig sinkt sie - vor allem die ÖVP - nicht mehr in der Wählergunst. Die FPÖler tut sich momentan unendlich schwer sich zu positionieren. Sie kann sich nicht entscheiden ob sie staatstragend oder als rechtsextreme Fundamentalisten auftreten sollen. So oder so, Haiders Ziel nächstes Jahr Kanzler zu werden erschien in den letzten Monaten von Tag zu Tag irrealer. Das in einer solchen Situation vieles von dem, was sich unter der FPÖ-Oberfläche angestaut hat hervorbricht, ist eigentlich nicht verwunderlich.
Ist die FPÖ erledigt? Leider noch nicht!
Die FPÖ hat sich selbst die Schlinge um den Hals gelegt, aber niemand zieht sie zu. Im Gegenteil, just in dieser Situation macht z.B die Wiener SPÖ gemeinsame Sache mit der FPÖ wie noch nie: Gemeinsam von SP und FP wurde der Leiter des Integrationsfonds Max Koch "abgeschossen". Meinungsumfragen zeigen, daß die Krise der FPÖ - durchaus zurecht - nichts an der Ablehnung der Regierung ändert. Letztlich ist zu erwarten, daß die Verdrossenheit über die gesamte politische Kaste weiter steigt.
Die FPÖ kann in Zukunft als Protestpartei durchaus weiter punkten. Die kommenden Monate und Jahre werden wirtschaftliche Rezession, steigende Arbeitslosigkeit und neue Sparpakete bringen. Damit wird auch der Raum für rechtsextreme und rechtspopulistische Kräfte wieder größer. Diese müssen allerdings zukünftig nicht ausschließlich Haider (sondern z.B auch Lugner) heißen.
Für eine echte Alternative zu Korruption und Sozialabbau!
Die Krise der FPÖ zeigt uns drei Dinge: Erstens, daß diese Partei genauso schmutzige Hände hat wie andere. Zweitens, daß die FPÖ nicht unbesiegbar ist. Drittens, daß es keine politische Kraft gibt, die in der Lage ist der FPÖ den Rest zu geben. Die Grünen z.B haben am Höhepunkt der Rostenstinglkrise nichts besseres zu tun gehabt, als ihr Öko-Steuer-System zu präsentieren. Nicht nur, daß die grüne Steuerreform das große Kapital ungeschoren läßt. Es zeigt sich durch diese Vorgangsweise auch, wie weit sich die Grünen, von den Dingen die die Menschen bewegen, entfernt haben.
Die SOV hingegen kämpft nicht nur gegen Sozialabbau und Rassismus und für die Enteignung der großen Bonzen und Kapitalisten. Wir kämpfen auch für eine echte demokratische und transparente Gesellschaft - in der Funktionäre ständig wähl und abwählbar sind und nicht mehr als einen durchschnittliche/r Arbeiter/in verdienen. Wir nennen eine solche Gesellschaft Sozialismus.