CETA, Kern und Verantwortung wofür?

Sonja Grusch

Millionen haben gegen das Freihandelsabkommen CETA unterschrieben, Hunderttausende demonstriert. Ende Oktober schien es am Widerstand der wallonisch-belgischen Regionalregierung zu scheitern. SPÖ-Bundeskanzler Kern hatte sich kritisch über CETA geäussert und eine Mitgliederbefragung in der SPÖ durchführen lassen. Dann hat er sich als „harter Verhandler“ inszeniert – und stimmte fristgerecht dem Pakt zu. Kern ist nicht umgefallen, weil er nie wirklich gegen CETA stand.

Kern hat „verantwortungsvoll“ agiert. Ein Boykott des Abkommens hätte „die Glaubwürdigkeit der EU in der Welt beschädigt“ (Kern). Sollte der Pakt scheitern, wäre das eine „Blamage“ für Europa. So äußern sich PolitikerInnen und JournalistInnen, die im Sold der Wirtschaft stehen. Hier zeigt sich deutlich, für wen sie Politik machen. Es geht um Wirtschaftsinteressen, Verantwortung gibt es gegenüber Investoren, Unternehmen und Profiten. Bei Glaubwürdigkeit geht es darum, ob sich die Wirtschaft sicher sein kann, dass die Politik ihre Interessen auch wirklich durchbringt. Und das wird sie auch bei CETA versuchen, notfalls auch an Parlamenten und anderen (mehr oder weniger) demokratischen Strukturen vorbei.

Die herrschende Politik ist die Politik der herrschenden Klasse, also der Reichen, Mächtigen und KapitalistInnen. Es ist gut, dass die Gewerkschaft gegen CETA und TTIP ist. Die Durchgriffsmacht der SPÖ auf den ÖGB hat diesmal versagt – eine wichtige neue Entwicklung. Bedeutet doch die Vertretung der Interessen der ArbeitnehmerInnen heutzutage in der Regel, sich auch gegen die SPÖ und deren Politik zu stellen. Ja, es geht um Verantwortung. Doch die Gewerkschaften sollten nicht den Interessen der KapitalistInnen gegenüber verantwortlich sein, sondern jenen von Beschäftigten und ihren Familien. Weil es nämlich nicht allen gut geht, bloß weil es der Wirtschaft gut geht!

 

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