Mo 24.02.2014
"Die Straßen des 21. Jahrhunderts bauen" ist so etwas wie das Mantra der im September 2013 an die Macht gekommenen liberalen Regierung von Australien geworden. Über die nächsten vier Jahre sollen 11,5 Milliarden AUD in den Straßenbau gesteckt werden - es ist das Herzstück ihrer Wirtschaftspolitik. Obwohl die Nutzung des öffentlichen Verkehrs in den letzten zehn Jahren um 65% gestiegen ist, soll der aber nicht ausgebaut werden.
Die Wahrheit ist, dass sie mit dem Bauprogramm die Profite der Öl-, Transport- und Baulobby boosten wollen, weil absehbar ist, dass sich der Bergbauboom einem Ende nähert. Die liberale Regionalregierung von Victoria hat im Rahmen dessen Pläne für das Vorantreiben des Ost-West-Tunnels in Melbourne angekündigt. Das Projekt soll mehr als sechs Milliarden australische Dollar (AUD) kosten - aber die dazugehörigen Bau- und Finanzpläne werden nicht offengelegt. Alle glaubwürdigen PlanungsexpertInnen haben den Tunnel in Frage gestellt, es gibt soziale und umweltpolitische Bedenken.
Weil das Projekt Geld beansprucht, das in anderen sozial nützlicheren Projekten fehlt, sind viele Menschen im Bundesstaat Victoria gegen den Tunnel - und sehr wütend über den Bau. Hunderte von Menschen sollen zum Verkauf ihrer Häuser gezwungen werden, um Platz für den Tunnel zu machen. Andere müssten ihre Häuser verlassen, wenn sie nicht neben einer gigantischen Autobahn wohnen wollen. Unter anderem müsste ein Altenheim in der Nähe des geplanten Tunnels verlegt werden, was bis zu 20 Mio. AUD kosten könnte. Um Opposition gegen das Projekt zu vermeiden, wurden eine Reihe von neuen Gesetzen erlassen. U.a. müssen die Nachbarschaften nun nicht mehr befragt werden, außerdem wurden die Strafen für die Teilnahme an Protesten erhöht. Trotz allem gab es heftige Proteste gegen den Tunnel. Seit September gab es eine Reihe von Massenblockaden der lokalen Bevölkerung gegen den Bau. Es wurden Testbohrungen blockiert, aber es gab auch Proteste bei den Unternehmen, die an den Auktionen für die Lizenzen teilnehmen. Sie haben einiges an Medienaufmerksamkeit erhalten und starke Unterstützung in den Nachbarschaften. Die Socialist Party (CWI in Australien) spielt darin eine entscheidende Rolle. Die Blockaden wurden von einer Initiative der SP vorbereitet, in der AktivistInnen monatelang in den Nachbarschaften für die Massenblockaden argumentiert haben. GegnerInnen des Tunnels wurden eingeladen, eine Erklärung zu unterschreiben, in der sie sich gegen den Tunnel und für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs aussprechen und festhalten, dass sie an Blockaden teilnehmen wollen.
Bis jetzt haben 1.000 Menschen eine solche Erklärung abgegeben. Dank dieser Vorbereitung unterstützen die meisten betroffenen Nachbarschaften die Proteste. Die Blockaden haben die Testbohrungen empfindlich gestört und verzögert. Im Oktober hat die Regierung schließlich die Testbohrungen der letzten vier Löcher aufgegeben, um den Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das war ein Zwischenerfolg der Kampagne und zeigt, dass etwas möglich ist. Allerdings wurden die Bohrungen Anfang Jänner wieder aufgenommen - und die Blockaden dagegen ebenso. Zuletzt hat die Polizeirepression bei den Protesten zugenommen - eine junge Frau wurde ins Gesicht geschlagen, eine SP-Aktivistin mit dem Knie in den Bauch getreten. Die Blockaden haben das Potential, die Pläne der Regierung für einen Abschluss der Verträge vor den Wahlen zu durchkreuzen - wenn es gelingt, die Testbohrungen weiter zu verzögern. Die SP ist gegen diesen Tunnel, weil er das Verkehrsproblem in Melbourne nicht lösen wird. Stattdessen fordern wir, dass Geld in den öffentlichen Verkehr gesteckt wird. Das könnte das Stauproblem in der Stadt wirklich lösen. Es würde tausende von Jobs schaffen und wäre viel besser für Umwelt und Klima. Unsere Kampagne hat bereits Labour gezwungen, sich gegen den Tunnel zu stellen. Allerdings hat Labour angekündigt, dass sie, wenn sie in den nächsten Wahlen an die Macht kommen, die Verträge der vorherigen Regierung einhalten werden. Das heißt, egal welche Partei in der Regierung ist, dieses desaströse Tunnelprojekt wird weitergeführt. Die etablierten Parteien repräsentieren nur die Interessen der großen Konzerne. Die Socialist Party kämpft für eine sozialistische Gesellschaft, in der die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt zählen und nicht die Profite der Unternehmen – daher sind wir Teil der Kampagne gegen den Tunnel.