Di 02.10.2012
Die scharfe Sparpolitik die von der herrschenden Klasse, der Regierung und der Troika in Griechenland umgesetzt wird, hat einen desaströsen Effekt auf das Leben von Millionen. Der Lebensstandard ist als resoltat von Massenarbeitslosigkeit, Lohnkürzung und Steuererhöhungen in Kombination mit den gewaltigen Kürzungen im Sozialwesen und der kompletten Zerstörung des Sozialstaats massiv gesunken. Der Athener Ärzteverband sagt, dass die neuen Einsparungen von 11,5 Mrd. Euro ohne jede Übertreibung eine humanitäre Krise in Griechenland bedeuten würden. Nikos Kanellis, Xekinima, schreibt über die Auswirkungen der Sparpolitik auf das Leben jener, die nichts für die Krise können.
Zuammenbruch des öffentlichen Gesundheitssystems
Das öffentliche Gesundheitssystem wird Stück für Stück zerstört. Öffentliche Spitäler haben nicht genug notwendige Materialien für eine ordentliche und sichere Behandlung der PatientInnen. Es gibt nicht genug ÄrztInen, Krankenschwestern und mehrere Abteilungen in verschiedenen Spitälern sollen wegen den Kürzungsmaßnahmen geschlossen werden.
Es wird berichtet, dass PatientInnen in einer Klinik in Leros unterernährt werden, weil die öffentlichen Gelder für Essen in diesem Spital gekürzt wurden. Das ist kein Einzelfall.
Apotheken weigern sich Medikamente ohne sofortige Bezahlung herzugeben, weil die Regierung sich weigert die notwendigen Gelder für alte Schulden bei den Apotheken zu zahlen. Die ApothekerInnen sagen, sie können keine neuen Medikamente im Großhandel einkaufen, da dort nur in Cash bezahlt werden kann. Diejenigen die von ernsthaften und längerfristigen Krankheiten betroffen sind (wie Diabetes, Herzkrankheiten oder Krebs) brauchen hunderte von Euros jedes Monat nur um am Leben zu bleiben.
Der Athener Ärzteverband berichtet, dass viele Menschen die keine Gesundheitsversicherung haben die Sozialklinik in Athen besuchen (die vom Ärzteverband und der Kirche organisiert wird) um kostenlose medizinische Behandlung zu erhalten. Es gibt Fälle von Menschen die mit Krebs diagnostiziert wurden, aber die es sich nicht leisten können, operiert zu werden. Es gibt sogar Berichte von Schwangeren, die ihr Leben und das ihres Kindes in Gefahr bringen, weil sie sich die Kosten für einen Kaiserschnitt von 800 Euro nicht leisten können.
Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut
Gleichzeitig breitet sich die Massenarmut jeden Tag weiter aus. Millionen leben an oder unter der Armutsgrenze. Laut einer EU-Studie letzten Juli leben unglaubliche 68% unter der Armutsgrenze – im Vergleich zu 21% im Jahr 2009!
Laut einer jüngsten Studie des Griechischen Gewerkschaftsverbands ist das Realeinkommen von ArbeitnehmerInnen sich auf den Stand der späten 70er Jahre verringert. Das ist nicht nur das Resultat von Massenarbeitslosigkeit, die nun offiziell 23,6% erreicht hat. Das sind 1.168.761Menschen und pro Tag verlieren tausend Menschen ihren Job. Jugendliche und Frauen sind stärker betroffen – die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 53,9%, und bei Frauen zwischen 15 und 24 sogar bei 62,1%!
59% der Arbeitslosen suchen schon länger als ein Jahr einen Job – es ist daher keine Übertreibung von einer verlorenen Generation zu sprechen. Junge Menschen, der dynamischste Teil der Gesellschaft, stehen nicht in der Produktion – was viele in die Emigration treibt. 25.000 GriechInnen sind alleine im Jahr 2011 nach Deutschland emigriert und diese Tendenz wird sich mit der Vertiefung der Krise verstärken.
ArbeiterInnen unter dem eisernen Griff der Armut
Armut hat nicht nur mit Arbeitslosigkeit zu tun. Mehr und mehr ArbeiterInnen können aufgrund der massiven Lohnkürzungen nicht mehr mit ihrem Lohn auskommen. Der Mindestlohn liegt bei 480,- Euro im Monat (seit dem zweiten Memorandum vom 12. Februar) und für jene unter 25 und jene die in Ausbildung stehen bei 430,- Euro im Monat.
Es wird auch offiziell geschätzt, dass rund 400.000 Menschen arbeiten aber nicht rechtzeitig ihre Löhne bekommen und das in vielen Fällen bedeutet, dass sie zwischen 3-4 aber auch 9 Monaten auf ihre Löhne warten. Laut dem Gewerkschaftsbund werden nur 10% der ArbeitnehmerInnen im privaten Sektor rechtzeitig bezahlt.
Die Troika und die griechische Herrschende Klasse verlangen dass ArbeiterInnen in Griechenland 6 Tage die Woche bis zu 13 Stunden pro Tag arbeiten. Das bedeutet, dass die wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 78 Stunden ansteigt und gleichzeitig ArbeiterInnen schlechter vor Kündigung geschützt sind. Wenn diese Pläne zusätzlich zu den bereits umgesetzten Verschlechterungen Wirklichkeit werden, ist das defacto Sklavenarbeit.
Diese Attacken haben zehntausende heimatlos gemacht. 250.000 leben von Suppenküchen, die die Kirche und Wohltätigkeitsvereine organisieren. In Kreta, einer der reichsten Gegend in Griechenland, sind geschätzte 8.500 Familien von Sozialmärkten abhängig um ihren täglichen Essensbedarf und andere Grundbedürfnisse zu decken. Diese Sozialmärkte werden von den Kommunen, Wohltätigkeitsvereinen oder linken Freiwilligen organisiert und verteilen Essen und Produkte des täglichen Bedarfs an die Ärmsten.
Selbstmord und Depression
Die Angst vor Arbeitslosigkeit und Armut, die Schulden, die von tausenden Familien angesammelt wurden, die Unsicherheit darüber was in der Zukunft noch kommt sind die Basis für Massendepression unter breiten Schichten der Gesellschaft. Die Zahlen jener, die nach psychologischer Hilfe angefragt haben sind um 20-30% gestiegen und Selbstmordversuche haben in den letzten zwei Jahren um 22% zugenommen.
Die gesamte Gesellschaft war im Mai geschockt, als ein 60jähriger arbeitsloser Musiker gemeinsam mit seiner 90jährigen Mutter Selbstmord verübte und vom Dach des Hauses in dem sie gelebt hatten sprang. In dem Brief der gefunden wurde, erklärte der Mann, dass aufgrund seiner Arbeitslosigkeit nicht länger für seine Mutter, die an Alzheimer litt, sorgen konnte und er es nicht länger aushielt um Essen und Hilfe zu bitten. In seinem letzten Gedicht verurteilt er die Banker und Herrschenden für die Tragödie der griechischen Gesellschaft und appellierte an die Gesellschaft, Rache zu nehmen und diejenigen die Verantwortlich sind zu stürzen.
Die Hoffnung des Kampfes
Der Kampf für den Sturz der Regierung und der Herrschenden Klasse, die Millionen in die Misere gestürzt hatten, ist tatsächlich der einzige Ausweg. In den letzten zwei Jahren sind Millionen wieder und wieder auf die Straße gegangen, in 17 Generalstreiks, drei davon 48-Stunden-Generalstreiks, sowie zahlenlose Massenproteste. Es hat auch heroische sektorale Streiks, Demonstrationen und Besetzungen gegeben.
Die Radikalisierung auf der Linken und die Hoffnung auf Veränderung hatte sich in den Wahlen vom Mai und Juni gezeigt, mit der Massenunterstützung für Syriza auf der Wahlebene. Aber bis jetzt haben die ArbeiterInnenklasse und die Massenbewegung es nicht geschafft, die Regierung, die Troika und die KapitalistInnenklasse zu stürzen. Das liegt zu einem großen Teil am Fehlen einer sozialistischen und revolutionären Massenpartei. Der Aufbau dieser Kräfte ist die Aufgabe aller ernsthaften SozialistInnen und KämpferInnen der ArbeiterInnenklasse.