Mi 11.07.2012
In Bezug auf die Jugend existieren viele Vorurteile. Manche davon sind Unsinn, andere durchaus gerechtfertigt. Zu letzteren zählt, dass Jugend und Auflehnung gegen herrschende Verhältnisse in engem Zusammenhang stehen. Doch Rebellion allein ist selbstredend noch kein ausgefeiltes politisches Programm. Es kann aber dazu führen.
Jugendliche erleben oftmals bereits die ganze Härte der kapitalistischen Gesellschaft, sei es Arbeitslosigkeit, die fest verankerte Frauenunterdrückung oder alltäglichen Rassismus. Jedoch befinden sie sich noch nicht in gleichem Ausmaß wie die meisten Erwachsenen im abgeklärten Trott und in festgefahrenen Traditionen. Vereinfacht gesagt: sich nicht einfach mit den Zuständen abzufinden ist bei Jugendlichen näherliegender. Die schiefe Ebene von arm bleibt arm bzw. wird ärmer wird auch noch stärker als solche erkannt.
Darüber hinaus finden Jugendliche vielfältige Möglichkeiten, ihren Widerstand gegen unliebsame Zustände auszudrücken. Gesellschaftskritik und damit verbundene politische Ziele sind in einer Reihe von Jugendkulturen verankert. Selbst über Kleidung, Musik und Sprache verarbeiten Jugendliche gesellschaftliche Konflikte.
Zu einfach und falsch wäre es jedoch, alle Jugendlichen über einen Kamm zu scheren. Nicht jede/r Jugendliche hat die selben Probleme; auch wenn es Vieles gibt, unter dem fast alle zu leiden haben, wie z.B. elterliche Einschränkungen. Doch letztlich entscheiden sozialer Status und Klassenzugehörigkeit etwa darüber, ob Studiengebühren für eine Familie leistbar sind oder zu einer Einschränkung der Zukunftschancen der Kinder führen. Muss man schon früh einen Nebenjob annehmen, weil das Geld sonst nicht reicht, ist man ebenso früh bereits mit Themen wie Arbeitsbedingungen, Lohnerhöhungen etc. konfrontiert. Die Zahl junger Menschen, die ihr Leben auf diese Weise führen müssen, nimmt zu.
Viele revolutionäre Veränderungen in der Geschichte der Menschheit begannen mit Jugendrevolten. „Jede revolutionäre Partei findet ihre Stütze vor allem in der jungen Generation der aufsteigenden Klasse. Politische Altersschwäche äußert sich im Verlust der Fähigkeit, die Jugend um das eigene Banner zu scharen.“ (aus: Leo Trotzki; Verratene Revolution) Aktuelle Beispiele sind die Bewegungen in Nordafrika und dem Nahen Osten sowie Proteste gegen die Zerschlagung des Sozialstaates in Ländern wie Spanien, Griechenland oder Quebec (Kanada). Die gegenwärtige kapitalistische Krise trifft gerade Jugendliche aus der ArbeiterInnenklasse besonders hart. Das Potential für jugendliche Massenbewegungen ist dementsprechend weltweit vorhanden: von 67 Millionen Jugendlichen in Nigeria haben über 28 Millionen keinen Job.
Welche weiterführenden Folgen das Aufbrechen sozialer Proteste haben kann, zeigen die Vorfälle im spanischen Valencia: Als Reaktion auf die Demos gegen Bildungsabbau setzten Regierung und Polizei im Februar auf Brutalität. Viele Jugendliche wurden verletzt. Dadurch werden grundlegende Zusammenhänge im Gedächtnis zehntausender AktivistInnen verankert: man stößt bereits auf erbitterte staatliche Gewalt, wenn man etwas Selbstverständliches wie freien Bildungszugang einfordert. Eine positive Zukunft im Kapitalismus ist Illusion.