Fr 09.12.2011
Krisenherd Trotz jahrzehntelanger Bemühungen der führenden Diplomatie bleibt der Nahe Osten Krisenherd, gekennzeichnet von Rassismus, Not und Kriegsgefahr. Die Armut in absoluten Zahlen ist in den palästinensischen Gebieten deutlich größer als in Israel, doch die Schere zwischen Reich und Arm geht da wie dort auseinander. Die Reallöhne in Gaza und der Westbank sanken in den letzten vier Jahren um ca. 30%. In Israel leben offiziell 25% unterhalb der Armutsgrenze.
Schon seit Jahren sinkt in Israel das Vertrauen in Regierung und Staat. Seitdem nehmen soziale und politische Proteste zu (siehe folgende Seiten). Die Zustimmung für Premierminister Netanjahu liegt knapp über 30%. Das soziale Gefälle besteht nicht nur zwischen israelischen JüdInnen und israelischen PalästinenserInnen, sondern auch zwischen den vielfältigen jüdischen ImmigrantInnen-Gruppen. Ebenso wächst in Palästina die Unzufriedenheit mit der "eigenen" Verwaltung. Nicht nur, dass wesentliche Teile der Palästinensischen Autonomiebehörde korrupt sind. Keine der großen Parteien kann mit ihrer Strategie einen Ausweg anbieten.
Als SozialistInnen lehnen wir jede Politik ab, die einem Teil der Bevölkerung aufgrund von ethnischem Hintergrund, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Glaube das Recht auf Selbstbestimmung oder gar Existenz abspricht. Genau das geschieht durch eine Reihe von Organisationen sowohl in Israel als auch Palästina. Doch es gibt keine "Kollektivschuld"; weder von JüdInnen in Bezug auf die Verbrechen des israelischen Staates noch von PalästinenserInnen aufgrund des Treibens antisemitischer Hamas-FunktionärInnen. Statt Kollektivschuld gibt es ein Existenzrecht für Alle! Entscheidend ist die Klassen-Zugehörigkeit. Wer reich ist, kann es sich letztlich überall richten. Wer arm ist und für seinen Lebensunterhalt kämpfen muss, braucht Solidarität und wird diese im Eigeninteresse auch geben. Ethnische Grenzen verlieren dabei an Bedeutung. Der gesamte Nahe Osten erlebt gegenwärtig eine Umwälzung durch Massenbewegungen. Die Entstehung von unabhängigen Organisationen der ArbeiterInnen ist überall notwendig.
In Israel kämpft die Schwesterorganisation der SLP ("Bewegung Sozialistischer Kampf"; Tnua’t Maavak Sozialisti / Harakat Nidal Eshtaraki) gegen Besatzung und Blockade, sowie für die gemeinsamen sozialen Anliegen von ArbeiterInnen. Sie erklärt, warum die PalästinenserInnen ein Recht auf bewaffnete Selbstverteidigung gegen die Armee-Angriffe haben. Die Aufgabe von SozialistInnen in Palästina muss sein, sich gegen die unsäglichen Anschläge auf ZivilistInnen in Israel zu stellen, Massenaktionen zur Verteidigung gegen Armee-Angriffe zu organisieren und an die israelischen Massen für eine gemeinsame Lösung von unten zu appellieren. Die Chancen dazu sind da: Unter jüdischen Israelis ist die Besatzung durchaus umstritten. Ein bedeutender Teil lehnt sie ab. Mitunter gibt es gemischte Gefühle, da das eigene Sicherheitsbedürfnis von der Regierung permanent mit der Unterdrückung der PalästinenserInnen gleichgesetzt wird. Dementsprechend muss eine neue palästinensische Massenbewegung auch diesem Gefühl Rechnung tragen.
Eine der zentralen Forderungen von "Bewegung Sozialistischer Kampf" ist jene nach einer sozialistischen Föderation mit Selbstbestimmungsrecht für alle: Für ein sozialistisches Israel neben einem sozialistischen Palästina als Teil einer freiwilligen Föderation des Nahen Ostens, mit dem Recht aller Flüchtlinge auf Rückkehr und demokratischen Rechten für jede Minderheit.