Di 10.06.2008
Im Mai 1948 wurde (zumindest scheinbar) Wirklichkeit, was der Zionismus (Ideologie des jüdischen Nationalismus) seit Ende des 19. Jahrhunderts anstrebte, bzw. versprochen hatte: Ein eigener jüdischer Nationalstaat in Palästina. Seit der Gründung Israels haben JüdInnen auf der ganzen Welt in diesen Staat Hoffnungen auf ein Leben in Wohlstand und Sicherheit gesetzt.
60 Jahre später sind diese Hoffnungen - allen offiziellen Feierlichkeiten zum Trotz - teils erschüttert, teils völlig zerstört. Trotz einer gigantischen Militärmaschinerie fühlt sich die überwiegende Mehrheit der Israelis unsicher. Hinzu kommt das wachsende Missverhältnis zwischen Arm und Reich. SozialistInnen werfen dem Zionismus nicht vor, verfolgten JüdInnen einen sicheren Ort geboten zu haben. Unsere GenossInnen in Israel und weltweit thematisieren vor allem, dass gerade dies nicht gelungen ist. Allein ein Drittel der Holocaust-Überlebenden muss heute in Armut leben.
Anfänglich war der Zionismus für die größten Teile der jüdischen ArbeiterInnenschaft und selbst bürgerliche Schichten von wenig Interesse. In Europa scheiterten in der Zwischenkriegszeit mehrere Revolutionen und mit ihnen die Hoffnungen vieler jüdischer ArbeiterInnen die Teil revolutionärer Prozesse bzw. sozialistischer Organisationen waren. Die Folge waren die Siege des Faschismus und ein neuerlicher Weltkrieg. Zu den Pogromen und der Shoa (dem Holocaust) kam die schändliche Weigerung der meisten kapitalistischen Staaten, während der Nazi-Barbarei den verfolgten JüdInnen die Einreise zu gewähren. Somit blieb für viele JüdInnen der Zionismus als konkretes Angebot übrig.
Doch die Staatsgründung Israels 1948 löste keine Probleme, im Gegenteil: Sie schuf neue. Mit einher ging die Vertreibung hunderttausender PalästinenserInnen (Erster Nahost-Krieg 1948/49). Der spätere erste Ministerpräsident Israels, Ben Gurion, überlegte schon 1937: "Die Araber werden gehen müssen, aber man benötigt einen passenden Moment, wie z. B. einen Krieg, um dies geschehen zu lassen." Dieses Verbrechen war Wasser auf den Mühlen der reaktionären arabischen Regimes, die ebenso wie der britische und US-Imperialismus ein Auge auf dieses strategisch wichtige Land warfen. Sie nutzten von nun an Antisemitismus, um den "eigenen" Massen gegenüber das Feindbild "Juden" aufzubauen.
Das führte gleichermaßen zu einer Belagerungssituation, einer Hochrüstung des imperialistischen Verbündeten Israels und fortgesetztem Leid auf palästinensischer Seite. Die Mehrheit der 1,5 Millionen EinwohnerInnen der besetzten Gebiete ist gegenwärtig arbeitslos und leidet an Unterernährung. Die unmenschliche Lage wird durch den Terror der israelischen Armee tagtäglich verstärkt. Doch dies ist nichts, was den Massen in Israel (jüdischen wie palästinensischen) irgendwelche Vorteile bringt.
Camil Fuchs, Professor an der Tel Aviv Universität und Experte für Meinungsumfragen meinte anlässlich der 60-Jahr-Feiern: "Eine große Mehrheit würde sagen, das Land ist am falschen Weg. Die grundsätzliche Stimmung ist schlecht". Es gibt "kein Vertrauen in die Regierung und kein Vertrauen in das Parlament".
Die Politik von SozialistInnen in Israel ist es, gegen die Besatzung, für die gemeinsamen sozialen Anliegen von ArbeiterInnen (hier wie dort) und für das Recht auf einen echten palästinensischen Staat einzutreten. Die Aufgabe von SozialistInnen in Palästina muss es sein, sich gegen die unsäglichen Anschläge auf ZivilistInnen in Israel zu stellen, Massenaktionen zur Verteidigung gegen Armee-Angriffe zu organisieren, aber auch an die israelischen Massen für eine Lösung von unten zu appellieren. Die Chancen dazu sind da: Eine wachsende Zahl jüdischer Israelis sieht die Besatzung immer kritischer. Ein bedeutender Teil lehnt sie ab. Immer mehr SoldatInnen verweigern den Einsatz in den besetzten Gebieten.
Für ein sozialistisches Israel neben einem sozialistischen Palästina als Teil einer freiwilligen Föderation des Nahen Ostens, mit dem Recht aller Flüchtlinge auf Rückkehr und demokratischen Rechten für jede Minderheit. Dafür und für den Aufbau einer neuen ArbeiterInnen-Partei setzt sich unsere israelische Schwesterorganisation Maavak Sozialisti ein.