Warum Sozialismus? Gegen die drohende ökologische Katastrophe!

Umstellung auf erneuerbare Energien und Reparatur von Umweltschäden – nur im Kapitalismus eine „mission impossible“
Conny Dahmen, CWI-Deutschland

Im Jahr 2008, Planet Erde: Die Welt ist wärmer geworden. Rund um den Globus werden Dürren, Überschwemmungen und Stürme immer verheerender, besonders Afrika und Asien sind betroffen. Zum ersten Mal ist die Nordwest-Passage durch Kanadas Arktischen Archipel zur Beringstraße frei geschmolzen, der Meeresspiegel steht zehn Zentimeter höher als vor zwölf Jahren.

Was der Weltumweltbericht GEO-4 der UNEP im Oktober feststellte, ist noch harmlos gegenüber den Zukunftsszenarien, die er und die anderen Untersuchungen letztes Jahr für den Klimawandel entworfen haben. Nicht morgen, sondern heute noch muss sich die Energieversorgung der Menschheit komplett ändern! Trotzdem wurde auf der jüngsten Klimakonferenz in Bali nur tonnenweise heiße Luft produziert.

Kapitalinteressen

In den letzten 150 Jahren ist es dem Kapitalismus nicht gelungen, die Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Im Gegensatz dazu kann man ohne Übertreibung sagen: Die Sozialistinnen und Sozialisten waren schon früh die weitsichtigsten Umweltschützer. Bereits 1879 schrieb August Bebel in seinem Buch „Die Frau und der Sozialismus“: „Die Elektrizität zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie in der Natur im Überfluss vorhanden ist. Unsere Wasserläufe, Ebbe und Flut des Meeres, der Wind, das Sonnenlicht liefern ungezählte Pferdekräfte, sobald wir erst ihre volle und zweckmäßige Ausnützung verstehen.“ Er wusste allerdings auch, dass erst eine sozialistische Gesellschaft diese Kräfte im vollen Umfang nutzen kann.

Schlussendlich verbietet den Reichen und Mächtigen die eigene Profitlogik, die Energieversorgung wirklich komplett umzustellen, denn mit Sonnen-, Wind- und Wasserenergie lassen sich weit weniger Gewinne erzielen. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass die erneuerbaren Energiequellen ihrer Natur nach schwer monopolisierbar sind. Im Gegensatz dazu haben ein paar Dutzend Konzerne und Staaten praktisch die gesamten bekannten Öl-, Gas- und Kohlevorkommen der Erde unter ihrer alleinigen Kontrolle und fahren damit gigantische Profite ein.

Sonnenkollektor schon 1891

In einer sozialistischen Gesellschaft würde das keine Rolle mehr spielen. Die Energieerzeugung, das Verkehrswesen, die Landwirtschaft und die gesamte Wirtschaft müssten nicht mehr der Profitlogik gehorchen, sondern den Bedürfnissen der Menschen und der Umwelt. Die grundlegenden Techniken, um die Energie aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse zu erzeugen, sind seit Jahrzehnten – zum Teil seit Jahrhunderten – bekannt. Das erste Patent für einen Sonnenkollektor zur Erzeugung von Warmwasser wurde 1891 vergeben, die erste Silizium-Solarzelle wurde 1954 gebaut.

Die Energie der Sonnenstrahlen, die innerhalb einer Stunde auf die Erde treffen, reicht theoretisch aus, um den derzeitigen Energiebedarf der Menschheit eines ganzen Jahres zu befriedigen. Um den gesamten Stromverbrauch der Erde direkt aus Sonnenenergie zu erzeugen, würde nur ein Bruchteil der Wüstenflächen benötigt. (Umgerechnet auf die Sahara wäre das ein Quadrat mit einer Kantenlänge von etwa 250 Kilometern. Siehe Abbildung.)

Andererseits ist seit über hundert Jahren der Zusammenhang zwischen steigender Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre und Erderwärmung bekannt. Im Jahr 1896 rechnete der schwedische Nobelpreisträger Svante Arrhenius erstmals vor, dass eine Verdoppelung des CO2-Gehalts der Atmosphäre zu einer Temperaturerhöhung um vier bis sechs Grad Celsius führen würde.

Solarenergie erst 0,04 Prozent

Trotzdem liegt der Anteil an erneuerbaren Energien am Weltenergieverbrauch heute immer noch bei nur 13 Prozent. Der Anteil der Solarenergie am gesamten Weltenergieverbrauch liegt derzeit bei nur 0,04 Prozent. Das heißt: Über hundert Jahre nach Entwicklung des Sonnen-Kollektors, über fünfzig Jahre nach dem Bau der ersten Solarzelle, wird weniger als ein Tausendstel des weltweiten Energieverbrauchs aus Solarenergie gewonnen. In den westlichen Industrieländern (OECD) ging der prozentuale Anteil erneuerbarer Energien sogar von 5,8 Prozent im Jahr 1990 auf 5,7 Prozent im Jahr 2004 zurück (Umwelt-Bundesministerium, „Erneuerbare Energien in Zahlen“, Juni 2007).

Ähnlich sieht die Diskrepanz zwischen Potenzial und Nutzung bei anderen erneuerbaren Energien aus. Beispiel Erdwärme: Mit den Erdwärmevorräten aus den oberen drei Kilometern der Erdkruste könnte theoretisch der derzeitige weltweite Energiebedarf für über 100.000 Jahre gedeckt werden. Der Anteil der Erdwärmenutzung am Weltenergieverbrauch liegt aber bei gerade mal 0,4 Prozent.

Kooperation statt Konkurrenz

Wenn Wissenschaftler miteinander diese Energieformen weiter erforschen und deren Nutzung verbessern würden, statt im Auftrag konkurrierender Privatunternehmen gegeneinander zu arbeiten, könnten schon bald die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas komplett überflüssig gemacht werden. Es wird in Zukunft eine Kombination aus vielen unterschiedlichen Energieträgern sein, welche uns mit Strom und Wärme versorgen – abhängig vom geografischen Standort und seinen Möglichkeiten, der Jahreszeit, dem Klima, der Besiedelung und so weiter.

Hohe Anfangsinvestitionen und großer Bedarf an Arbeitskräften wären in einer sozialistischen Planwirtschaft kein Problem. Allein der Wegfall der Rüstungsausgaben von 1.000 Milliarden US-Dollar jährlich würden einen erheblichen Teil der erforderlichen Mittel freimachen.

Den Großteil der Energie verbraucht die Industrie. Dort könnten in einer demokratisch geplanten Wirtschaft alle Beschäftigten gemeinsam energiesparende Produktionsweisen entwickeln und umsetzen. Im Interesse aller würden Güter nicht mehr auf Verschleiß produziert, sondern in guter Qualität. Verpackungen würden auf das Notwendige reduziert und bestünden aus wieder verwendbarem Material.

Überflüssiger Verkehr

Wenn dann die Komponenten der Produkte nicht mehr unter Ausnutzung der Billiglöhne verschiedener Länder um den halben Erdball gekarrt werden, würden auch viele sinnlose Transporte wegfallen. Notwendiger Güterverkehr käme auf die Schiene, das Bahnnetz würde wieder ausgebaut. Die rückverstaatlichten Bahn- und Nahverkehrsunternehmen würden nicht mehr zum Luxuspreis, sondern zum Nulltarif fahren. Der alltägliche Pendelstress könnte durch wohnortnahe Arbeitsplätze erheblich reduziert werden.

Umweltschäden – sind Reparaturen möglich?

Zweifellos hätte eine sozialistische Gesellschaft auch die schwierige Aufgabe, die Umweltschäden zu reparieren, die bereits vorhanden sind. Denn selbst wenn von heute auf morgen kaum noch Kohlendioxid in die Luft gepustet würde, ist das Klima auf Jahrzehnte belastet, Prozesse wie zum Beispiel Gletscher- und Poleisschmelze oder Wetterextreme wurden bereits langfristig in Gang gesetzt. Trotzdem ist es möglich, den Kohlendioxidgehalt der Luft wieder zu verringern.

Die Brandrodung und Abholzung der Wälder tragen heute 22 Prozent zum Kohlendioxidausstoß bei. Sofortiger Stopp von Waldrodungen und sinnvolle Wiederaufforstungs-Maßnahmen würden die Erderwärmung stoppen helfen.

In Deutschland züchten mehrere Forschungsinstitute und Unternehmen Mikroalgen, die mittels Photosynthese bis zu 80 Prozent des Kohlendioxid aus Kraftwerken aufnehmen und in Biomasse umsetzen können. Dabei sind sie zehnmal effektiver als selbst die ertragsreichsten Landpflanzen. Damit das gebundene Kohlendioxid nicht doch in die Atmosphäre gerät, arbeiten Wissenschaftler in den USA unter anderem an Baustoffen aus Algen.

Vision

Im Jahr 2040, Planet Erde: Mit dem geballten Wissen und den Fähigkeiten der Menschheit war es möglich, die Kohlendioxidemissionen um 80 Prozent zu senken. Die Erderwärmung ist gestoppt. Biologische Filter reinigen die Atmosphäre. Katastrophenschutzprogramme auch für die abgelegendsten Orte der Erde konnten die Weltbevölkerung vor den schlimmsten Auswirkungen der kapitalistischen Vergangenheit schützen. Ehemalige Rüstungsbeschäftigte haben ihre Produktionsmittel in neue Technologien zur Wiederaufforstung und Dürrebekämpfung umgewandelt. Da die Ressourcen der Erde demokratisch geplant und verteilt werden, sind Hunger und Wassermangel unbekannt. Tausende Forschungsprojekte der Umweltuniversitäten arbeiten daran, die angegriffenen Ökosysteme wieder zu stabilisieren...

Warum sollte solch eine Zukunftsvision nicht realisierbar sein? Die bürgerlichen Umweltpolitiker haben sich bereits mit dem „Klimawandel“ abgefunden. Wir nicht.