Do 31.05.2007
Ein wesentlicher Faktor für das Ergebnis der Parlamentswahlen in Irland war die wirtschaftliche Situation. Die Menschen stimmten für die regierende Partei Fianna Fail, gegenüber der offiziellen Opposition von Fine Gael und Labour.
Trotz des fortgesetzten Wirtschaftswachstums kam hier allerdings kein „Wohlfühlfaktor“ zum Tragen, sondern war eher das Gegenteil der Fall. Der Rückgang bei Immobilienmarkt und Bauwirtschaft sowie der Trend, dass multinationale Konzerne in Niedriglohnländer ausweichen, hat zu einer Nervosität der Menschen bezüglich ihrer Zukunft geführt. Sie haben daher für den politischen Status Quo gestimmt, in der Hoffnung, das sei der beste Weg, um das wirtschaftliche Wachstum aufrecht zu erhalten.
Das bestimmende Thema in der letzten Phase der Wahlen war die Frage, wer die neue Regierung stellen würde – Fianna Fail als bestehende Regierungspartei oder Fine Gael als zweite traditionelle Partei des Establishments. Das war mit einer der Hauptgründe, warum die kleineren Parteien, inklusive der Socialist Party (CWI in Irland), gegenüber diesen beiden Blöcken verloren.
Rückschlag für Socialist Party
Obwohl es ein sehr knappes Ergebnis war und weniger als 250 Zweitstimmen für einen Sitz genügt hätten (in Irland gibt es ein System in dem es möglich ist, für mehrere Parteien nach bevorzugter Reihung zu stimmen, wobei die Stimmen für die letztgereihten Kandidaten auf die verbleibenden Parteien je nach Reihung aufgerechnet werden), musste der Parlamentsabgeordneter der Socialist Party, Joe Higgins, eine Niederlage hinnehmen – er verlor seinen Sitz trotz eines ausgezeichneten Ergebnisses von 5066 Stimmen (entspricht 15% der Stimmen in West-Dublin). Auch die Gemeinderätin der Socialist Party in Nord-Dublin, Clare Daly, der große Chancen auf einen Erfolg eingeräumt worden waren, verpasste nur knapp einen Sitz, trotz einer sehr intensiven und guten Kampagne – sie bekam 4884 Stimmen (entspricht 9% der Stimmen in Nord-Dublin). Unter diesen Umständen, waren die Erststimmen für die SP-Gemeinderäte Mick Murphy in Südwest-Dublin und Mick Barry in Cork ein beachtliches Ergebnis – Mick Murphy erhielt 1580 Stimmen (3,8 Prozent) und Mick Barry 1700 Stimmen (4%).
In allen Bezirken in denen KandidatInnen der Socialist Party angetreten sind war die Unterstützung für die SP und ihre Arbeit tatsächlich größer als zuvor. Das drückte sich zwar nicht in höheren Erststimmen aus, da die Frage der Regierungsbildung zum dominierenden Thema wurde. Allerdings ist die größere Unterstützung ein Vorgeschmack auf das Potential für eine sozialistische Kraft, wenn die wirtschaftliche Situation Menschen in aktive Opposition zur neuen Regierung der Unternehmen und Konzerne zwingt.
Die Politik des kleineren Übels
Das Wahlergebnis für Fianna Fail war ähnlich jenem von 2002 – 41,6% bzw. 78 Sitze – aber ihr Koalitionspartner Progressive Democrats (PDs) verlor sechs ihrer acht Sitze. Das Endergebnis in Sitzen: Fianna Fail 78(-2), Fine Gael 51 (+20), Labour 20 (-1), die Grünen 6, Sinn Fein 4 (-1), PDs 2 (-6), Andere 5 (-10).
Während es oberflächlich gesehen Ähnlichkeiten gibt, hat sich die Situation seit 2002 entscheidend verändert. Es gibt große Wut über viele Dinge, wie das Fehlen von Investitionen in den öffentlichen Sektor wie das Gesundheitssystem und die Krise im Bauwesen, sowie über Privatisierungen. Das spiegelte sich in der Wahlniederlage von Fianna Fail in den Lokalwahlen 2004 wieder. Das Ergebnis dieser Wahlen bedeutet aber nicht, dass die Wut auf Fianna Fail seitdem verschwunden ist oder sie die verlorene politische Untertützung wiedergewonnen hat. Es bedeutet schlicht, dass ohne wirkliche Alternative gegenüber der bestehenden Regierung viele Menschen widerwillig für Fianna Fail gestimmt haben, aus Angst vor politischer Instabilität. Es ist Ausdruck des Wunsches, die wirtschaftliche Situation nicht durch einen Regierungswechsel zu Fine Gael und Labour und mögliche damit verbundene Instabilität zu gefährden.
Das Unvermögen der offiziellen Opposition, eine tatsächliche Alternative darzustellen sowie die Rückschläge, die die ArbeiterInnenbewegung in Irland in den letzten Jahren hinnehmen musste, waren wichtige Einflüsse auf die Haltung der Bevölkerung. Der Verrat der Gewerkschaften gegenüber den Massenmobilisierungen gegen die Einführung von sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen bei Irish Ferries sowie die fortgesetzten Privatisierungen und neoliberalen Attacken auf die Rechte von ArbeitnehmerInnen haben die Stimmung in der ArbeiterInnenklasse geprägt. Seit den Mobilisierungen im Dezember 2005, war der Level von Aktivitäten in den Nachbarschaften und Betrieben auf einem historischen Tiefstand, da das Selbstvertrauen der ArbeiterInnenklasse bezüglich der Möglichkeit zu kämpfen oder sich zu organisieren massiv beeinträchtigt war.
Eher aus Versehen hat die offizielle Opposition aus den Lokalwahlen 2004 Aufwind bekommen. Allerdings haben sie seitdem nicht grundlegend an Unterstützung gewonnen. Zum Höhepunkt des Skandals über korrupte Zahlungen an den Premier („Taoiseach“) Bertie Ahern letztes Jahr, waren sie nicht fähig, Ahern zur Verantwortung zu ziehen und verloren daher in den Umfragen. Zu Beginn des Jahres hat der Verlust an Unterstützung für die Regierung sich nicht in positive Unterstützung für die Opposition ausgedrückt. Es sah so aus, als ob als Ergebnis der Wahlen Fianna Fail zwar die größte Partei bleiben könnte, allerdings eine Regierungskoalition eingehen müsste.
Die beste Wahlkampagne seit langem
Schon im Vorfeld haben wir unsere Botschaft für die Wahlen klar gemacht: Die Socialist Party ist die einzige Kraft die für WIRKLICHE VERÄNDERUNG steht. Wir stehen für Organisation, Kampf um die Fragen die das tägliche Leben der Menschen betreffen. Und wir stehen dafür ein, dass die Bedürfnisse der Menschen über die Profite der Konzerne gestellt werden. Eine von Fine Gael und Labour geführte Regierung würde grundlegend dieselbe Politik verfolgen wie eine von Fianna Fail und der PDs. Wir riefen dazu auf, für die SP zu stimmen, um das Parlament („Dail“) benutzen zu können, um Kämpfen und Anliegen von ArbeitnehmerInnen eine Bühne geben zu können. Wir machten auch klar, dass wir unsere Position nützen würden, um eine neue Partei oder Bewegung zu initiieren, die tatsächlich die ArbeiterInnenklasse repräsentiert. In den vier Bezirken in denen wir angetreten sind, haben wir 400.000 Flugblätter und Wahlmaterial verteilt, inklusive eines Wahlmanifests, das sich mit den Schlüsselfragen die die Menschen in der Nachbarschaft betreffen beschäftigte und die Position von SozialistInnen dazu erklärte. Wir machten Wahlkampf bei 100.000 Haushalten. Wir wurden von den Menschen, mit denen wir über ihre Anliegen sprachen, freundlich empfangen. Die Menschen kennen die SP als eine Partei, die für ArbeitnehmerInnen kämpft und lokale Kampagnen gemeinsam mit den Menschen führt. Viele haben nicht gezögert uns zu versichern, dass sie uns ihre Erststimme geben. Allerdings war es klar, dass, aufgrund der Rückschläge in wichtigen Kämpfen und deren Auswirkungen auf die Stimmung, andere zwar unsere Positionen gut fanden, aber nicht überzeugt waren, dass eine Stimme für die Socialist Party diesmal einen Unterschied machen würde. Einige dieser Menschen haben, trotz ihrer Anerkennung für unsere Arbeit, für Fine Gael/Labour als das kleinere Übel gestimmt um die Regierung von Fianna Fail und PDs loszuwerden. Labour hat sich komplett hinter Fine Gael gestellt – und damit bewirkt, dass sie sich gegenüber ebendieser kaum profilieren konnte und damit an Unterstützung in ihren wichtigeren Bezirken verloren hat. Ähnlich erging es den Grünen, die ebenfalls mit diesem Block assoziiert wurden. In Nord-Dublin und West-Dublin konnten wir gegen diesen Trend hin zur „Alliance for Change“ (Fine Gael und Labour) halten, vor allem aufgrund unserer Bekanntheit als kämpferische Kraft. In Südwest-Dublin und Cork North Central hatte dieser Wunsch nach Veränderung stärkere Auswirkungen auf unsere Kampagnen.
Die beiden großen Parteien holen auf
In der finalen Woche der Kampagne schien ein Regierungswechsel beinahe möglich – Fine Gael hatten an Unterstützung gewonnen angesichts der desaströsen Kampagne von Fianna Fail. In West-Dublin und Nord-Dublin hatten wir sehr starke Kampagnen und waren zuversichtlich, genug Unterstützung in beiden Wahlbezirken für einen Gewinn der beiden Sitze zu haben. Allerdings war es ebendieses Wachsen an Unterstützung für die Opposition, denen sie letztlich zum Opfer fiel. Die Aussicht, dass Fine Gael und Labour die nächste Regierung stellen könnten, löste eine Veränderung in der Stimmung in den letzten Tagen der Wahlen aus. Viele ArbeiterInnen und ein großer Teil der Mittelschichten waren bereit für Fine Gael und Labour zu stimmen, um die Regierung loszuwerden, allerdings war eine größere Zahl bereit für Fianna Fail zu stimmen um ebendiese „Opposition“ zu stoppen. Das Ergebnis war eine relativ hohe Wahlbeteiligung, um fast 5% über jener von 2002. In den städtischen Gebieten war klar, dass Schichten der ArbeiterInnenklasse beschlossen hatten Fianna Fail zu wählen, um Fine Gael zu verhindern. Viele taten das ohne große Begeisterung, und nur mit „zugehaltener Nase“, in der Hoffnung, den Status Quo von Wachstum und Jobs aufrecht erhalten zu können. Sogar Menschen, die die Politik von Fianna Fail in der Vergangenheit abgelehnt hatten, stimmten nun für sie.
Der grundlegende Trend hin zu Fianna Fail in den letzten Tagen war es, der der Socialist Party Erststimmen kostete. Dazu kam erschwerend die Situation in der die Wahlen stattfanden, mit erlittenen Rückschläge in Kämpfen und dem daher niedrigeren Selbstbewusstsein der ArbeiterInnenklasse. Denn wir stehen für sozialistische Lösungsansätze und kämpferische Politik und haben unser Programm nicht verwässerten. Die kämpferischeren unabhängigen Parlamentsabgeordneten die stärker auf lokale Kampagnenarbeit focussiert waren, hatten ebenfalls Schwierigkeiten, viele verloren ihre Sitze. Wenn die Wahl in einer selbstbewussteren Stimmung von Seiten der ArbeiterInnenklasse, im Umfeld einer Bewegung stattgefunden hätte, hätten wir sicherlich zumindest die Sitze in West-Dublin und Nord-Dublin gewonnen.
Undemokratische Bezirkseinteilung
Sowohl Nord-Dublin wie auch West-Dublin hätten einen zusätzlichen Parlamentssitz benötigt. Aufgrund eines hochen Bevölkerungswachstums sind diese beiden Wahlbezirke die am stärksten unterrepräsentierten Gebiete im Land. Ein wichtiger Teil der beiden Wahlbezirke bestehen aus neu gebauten Wohngebieten. Die meisten Bezirke in der Größe von West-Dublin haben vier Parlamentssitze anstatt nur drei zu vergeben. Die Justiz gab dem Infrastrukturminister die Möglichkeit einen zusätzlichen Sitz an West- und Nord-Dublin zu vergeben, aber er entschied sich dazu, das nicht zu tun, da das bedeutet hätte, dass die Opposition zur derzeitigen Regierung gestärkt worden wäre. Wenn die demokratischen Rechte der Menschen von West-Dublin und Nord-Dublin gezählt hätten, oder wenn es eine faire Wahlauseinandersetzung gegeben hätte, wären selbst mit dem Trend hin zu Fianna Fail sowohl Joe Higgins als auch Clare Daly ins Parlament gewählt worden.
Alle Parteien waren vom Trend hin zu den Großparteien betroffen. Während die Socialist Party ihren Prinzipien treu blieb und politisch und organisatorisch versuchte, der Umkehr in den Umfragen standzuhalten, haben Labour, Sinn Fein und die Grünen durch ihre Politik selbst zu ihren eigenen Verlusten beigetragen. Da Labour in „Opposition“ war, erwarteten sie sich erhebliche Zugewinne – nun haben sie aber gegenüber 2002 einen Sitz verloren. Es ist klar, dass die Partei sich am absteigenden Ast befindet und mehr und mehr ihre Basis in der ArbeiterInnenklasse verliert. Das Ergebnis war noch schlimmer für Sinn Fein. Während ihr Stimmenergebnis von 6.9% gegenüber 2002 höher war, hatten sie erwartet, ein zweistelliges Ergebnis einzufahren, sowohl in Bezug auf den Stimmenanteil als auch in Bezug auf die Sitze. Stattdessen, konnten sie nur vier Parlamentssitze halten, und haben einen wichtigen Sitz in ihrer Hochburg Tallaght in Dublin verloren. Einen weiteren Sitz konnten sie nur ganz knapp halten. Wie die Grünen hat Sinn Fein jegliche radikal klingende Politik vor und während der Wahl aufgegeben in der Hoffnung, als Koalitionspartner für Fianna Fail in Frage zu kommen. Allerdings wählten die Leute wie im Fall von Labour und Fine Gael lieber Fianna Fail, als den größeren Koalitionspartner.
Gibt es einen Rechtsruck?
Das Ergebnis dieser Wahl hat die beiden Hauptparteien des politischen Establishments kurzfristig gestärkt. Allerdings wäre es falsch die Schlussfolgerung zu ziehen, dass es einen generellen Rechtsruck in der irischen Gesellschaft gib, wie manche Medien das behaupten. Die höheren Stimmenergebnisse für Fine Gael und Fianna Fail im Vergleich zu den Umfragen der letzten Monate bedeuten nicht, dass neue Schichten der Bevölkerung den Kapitalismus oder die Politik der herrschenden Parteien unterstützen. Im Fall von Fine Gael war es der Wunsch nach Veränderung der den Ausschlag gab, im Fall von Fianna Fail der Wunsch nch wirtschaftlichem Wachstum und dafür, Jobs zu sichern.
Viele Menschen im Land sind geschockt, dass Joe Higgins seinen Sitz verloren hat. Joe war für viele die wirkliche Opposition im Parlament, war bekannt als Kämpfer für die Interessen der ArbeiterInnenklasse und war der Einzige, der im irischen Parlament für sozialistische Ideen stand. Der Verlust von Joes Sitz ist nicht nur ein Rückschlag für die Socialist Party, es ist ein Rückschlag für die ArbeiterInnenklasse und SozialistInnen in Irland und international. Er war ein Vorbild, welche Methoden und Politik sozialistische Abgeordnete oder FunktionärInnen verfolgen sollten und hat als Parlamentsmitglied einen historischen Beitrag zur ArbeiterInnenbewegung in Irland geleistet.
Lange vor der Wahl war der SP bewusst, dass es einen heftigen Kampf um den Sitz in West-Dublin geben würde. Der Sitz war erstmals 1997 gewonnen worden, wir konnten ihn 2002 halten. Bei beiden Gelegenheiten legten Fine Gael und Labour eine sehr schwache Performance hin – die Erinnerung an ihre Politik zwischen 1994 und 1997 war noch frisch in den Köpfen der Menschen. Es war klar, dass in dieser Wahl und mit einer Regierungsabstinenz von zehn Jahren diese Parteien sich erholen würden. Das, wie auch die ungenügende Repräsentation von Dublin West und Nord in der Zahl der zu vergebenden Sitze erschwerten uns die Sache.
Die Menschen in West-Dublin lehnten durch das Wahlergebnis weder Joe Higgins noch seine Haltung zu Kämpfen und Sozialismus ab. Wenn man bedenkt, dass Palmertown (ein Wohngebiet in West-Dublin) diesmal nicht zu Joes Wahlbezirk zählte und er dadurch 900 Stimmen verlor, war sein Stimmenergebnis nur marginal unter jenem von 2002, sogar angesichts des Trends zu Fianna Fail. Joe wird weiterhin die Socialist Party repräsentieren und eine essentielle Figur auf der Linken in Irland bleiben.
Wie kann eine neue ArbeiterInnenbewegung aufgebaut werden
Die Wahl unterstrich die Ansicht der Socialist Party, dass wir uns in Irland noch im frühen Stadium der Erholung und Wiederorganisierung der ArbeiterInnenklasse nach dem historischen Verrat der Labour Party in den 90ern und jenem der Gewerkschaftsführung durch die Sozialpartnerschaft und das Akzeptieren der kapitalistischen Marktlogik befinden. Das Argument, dass die Wahlen ein Schlüsselereignis und eine lebenswichtige Chance sei, eine breite linke Bewegung durch ein Wahlbündnis der Kandidaten zu starten, wurde durch das Wahlergebnis allerdings nicht bestätigt (Viele die diese Thesen vertraten hatten weder eine kämpferische Geschichte noch wirkliche Treue gegenüber sozialistischen Prinzipien). Das Fehlen von Bewegungen und Kämpfen der ArbeiterInnenklasse zu diesem Zeitpunkt und das niedrige Selbstvertrauen der Klasse machten es schwierig, die bestehenden Stimmenanteile zu halten, geschweige denn eine Basis für eine neue ArbeiterInnenpartei zu etablieren.
Richard Boyd Barrett, Mitglied der Socialist Workers Party (SWP – in Österreich: Linkswende, Anm.), der unter dem Banner der „People before Profit Alliance“ antrat, hat einen starkes Stimmenergebnis von 5.233 bzw 8,9 Prozent erhalten und hat den Einzug ins Parlament in Dun Laoghaire nur knapp verpasst. Manche argumentieren bereits, dass dieses Ergebnis zeigt, dass es ein Potential für eine neue breite linke Bewegung gibt. Das ist allerdings ein Kurzschluss – eine ebenso falsche Schlussfolgerung wie jene, dass es in dieser Wahl einen Rechtsruck gegeben hätte. Selbst im Vergleich zu den anderen vier KandidatInnen von „People before Profit“, ist das Ergebnis in Dun Laoghaire außergewöhnlich, die anderen KandidatInnen des Bündnisses kamen auf 2.080 Stimmen oder 4,38 %; 1.058 Stimmen oder 2,8%; 591 Stimmen oder 1,75%; 365 oder 0,56 %.
Ob Richard Boyd Barretts Stimmenergebnis wirklich ein Potential für den Aufbau einer neuen linken Bewegung für ArbeiterInnen repräsentiert, ist fraglich. Aufgrund der Tatsache, dass er mit dem Kampf gegen die Bin Tax assoziiert wird, bekam er in den Gemeinderatswahlen 2004 1.400 Stimmen. Aufgrund seiner aktiven Einbindung in lokale Kampagnen und seine hohe Bekanntheit, war ein Stimmenergebnis über 3.000 in Dun Laoghaire immer ein wahrscheinliches.
Allerdings ist der Zugang, jegliche Zugehörigkeit zur SWP zu verschweigen, und jegliche sozialistischen Positionen oder Inhalte in der Kampagne fallen zu lassen, ein klarer Versuch, liberale Mittelschichten in seinem Bezirk anzusprechen, und damit war er erfolgreich. Diese Menschen sind weniger besorgt über ein mögliches Abschwächen des wirtschaftlichen Wachstums und daher war er vom Trend zu Fianna Fail in den letzten Tagen weniger betroffen. In gewisser Weise baut er seine Unterstützung auf ein ähnliches Fundament wie die Grünen, und ist daher kaum ein Schritt hin zum Aufbau einer neuen Linken auf grundlagentreuer Basis.
Kämpfe der ArbeiterInnenklasse und eine sozialistische Gesellschaftsveränderung
Eine wirkliche neue linke Bewegung wird aus neuen Kämpfen der ArbeiterInnenklasse und Jugend entstehen. Die Hoffnungen auf Veränderung und auf Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Wachstums, die in dieser Wahl entscheidend waren, werden sich in Nichts auflösen, wenn die Immobilien- und Baublase, die die irische Wirtschaft seit 2001 getrieben hat, platzt. Öffentliche Infrastruktur und Dienstleistungen, die jetzt bereits in den neuen Gebieten fehlen, werden nicht kommen, die Krise im Gesundheitswesen, im Wohnbau, und dem öffentlichen Verkehr werden sich verschlimmern. Die Unternehmen werden versuchen, die Löhne und den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse zu drücken. Zum ersten Mal seit fast einer Generation wird Arbeitslosigkeit und die Gefahr, arbeitslos zu werden, wieder ein Problem werden.
Die neue Regierung wird in den nächsten Wochen aus prinzipienlosem Manövrieren entstehen. Fianna Fail sitzen im Fahrersitz und sowohl die PDs wie auch die „Unabhängigen“ KandidateInnn, wie auch die Grünen oder Labour, sind bereit, mit ihnen in eine Regierung einzutreten. Das wird notwendigerweise eine rechte Pro-Business-Regierung sein. Ihre Politik wird in einem veränderten wirtschaftlichen Rahmen die Grundlage für neue Kämpfe und Arbeit in den Nachbarschaften und die Wiederorganisierung der ArbeiterInnenklasse in den Gewerkschaften und politisch sein. Es wird ein Potential geben für eine drastische Abkehr von den etablierten Parteien, da sie alle den kapitalistischen Markt verteidigen – der die Grundlage für die Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse ist und sein wird.
Der kurzfristige Rückschlag für die Socialist Party und die ArbeiterInnenklasse in dieser Wahl kann und wird wettgemacht werden. Diese Wahl war nur ein Schnappschuss der Stimmung in der ArbeiterInnenklasse zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die wirtschaftliche Situation wird sich rasch ändern und Instabilität mit sich bringen. Es ist wichtig, dass SozialistInnen und AktivistInnen der ArbeiterInnenbewegung sich auf kommende Kämpfe und die darin liegenden Möglichkeiten für den Aufbau einer neuen sozialistischen Bewegung in den nächsten Jahren vorbereiten.