Do 01.03.2007
Sie hätten die Bildung einer Mitte-Links-Regierung unterstützen können, um eine Berlusconi-Regierung zu verhindern. Aber sie hätten gleichzeitig ihre Unabhängigkeit außerhalb der Regierung bewahren können. Dann hätten sie nur für solche Maßnahmen stimmen können, die im Interesse der ArbeiterInnenklasse sind und gegen solche opponieren können, die es nicht sind. Und sie hätte dann zusätzlich zu Massenmobilisierungen und Generalstreik-Aktionen aufrufen können, wenn diese notwendig werden.
Die PRC beteiligt sich nun an einer Regierung, die noch weiter nach rechts gerückt ist - genau das wollten die PRC-Führer durch ihre Regierungsbeteiligung aber verhindern! Das 12-Punkte-Abkommen, das sie mit Prodi unterzeichnet haben, könnte sich als Selbstmord-Abkommen entpuppen. Die letzten Meinungsumfragen zeigen einen Zusammenbruch der Stimmen für die Mitte-Links-Koalition. Die PRC ist demnach von 7,2 Prozent auf 6,5 Prozent gesunken. Alle Koalitionsparteien werden wahrscheinlich bei den im Mai anstehenden Stadtrats- und BürgermeisterInnenwahlen schlecht abschneiden. Nach den Umfragen würde ein Mitte-Rechts-Bündnis Parlamentswahlen gewinnen, auch wenn die UdC ( Union der Christdemokraten) sich nicht daran beteiligen würde.
Die PRC-Führung argumentierte, sie müsse an der Prodi-Regierung teilnehmen und für neoliberale und pro-US-imperialistische Maßnahmen stimmen, weil die Alternative - die Rückkehr Berlusconis - viel schlimmer wäre. Zweifellos gibt es viele ArbeiterInnen und Jugendliche, die Prodi als das "kleiner Übel" im Vergleich zu Berlusconi ansehen, oder zumindest hoffen, dass er dies ist. Deshalb wollen sie nicht, dass die Prodi-Regierung stürzt. 40 Prozent der Bevölkerung sagten, dass sie eine Fortsetzung der Prodi-Regierung wollen und 34 Prozent sprachen sich für Neuwahlen aus. Unter den WählerInnen der Mitte-Links-Koalition wollten 76 Prozent, dass Prodi weiter macht.
Es ist wichtig, diese Stimmung in Betracht zu ziehen. Aber die PRC-Führung hätte sich weigern können, das 12-Punkte-Abkommen zu unterzeichnen. Sie hätten von allen Ministerposten zurücktreten sollen und keine Verantwortung für die Politik der Prodi-Regierung übernehmen sollen. Sie hätten klar und deutlich formulieren sollen, dass sie diese Politik innerhalb und außerhalb des Parlaments bekämpfen werden. Sie hätten gleichzeitig für diese konkrete Vertrauensfrage stimmen können, um eine Rückkehr der Rechten zu verhindern und parallel dazu eine konsequente Kampagne starten können, um ArbeiterInnen von einer wirklich antikapitalistischen Alternative zu überzeugen. Stattdessen bereiten sie durch ihre feige Unterstützung der neoliberalen Politik den Boden für einen zukünftigen Sieg der Rechten und untergraben gleichzeitig ihre Glaubwürdigkeit als kämpferische ArbeiterInnenpartei.
In dieser Woche sagte der PRC-Führer Bertinotti, dass Regierungsbeteiligung nicht der "Kompass" der Partei sei. Diese Aussage drückt die Erkenntnis aus, dass die PRC möglicherweise kurzerhand aus der Regierungskoalition raus geworfen werden wird. Es drückt auch die tiefe Unzufriedenheit unter den UnterstützerInnen der Partei aus. In Bologna haben sich zum Beispiel die zwei PRC-Stadträte geweigert in das Kabinett des DS-Bürgermeisters Cofferati einzutreten. Aber auf nationaler Ebene ist es unwahrscheinlich, dass die Partei selber in der nächsten Zeit mit Prodi brechen wird. Daraus wird sich ergeben, dass jede Konfrontation zwischen der ArbeiterInnenklasse und der Regierung zu einer weiteren Erosion der PRC-Mitgliedschaft und ihrer Unterstützung in der Arbeiterklasse führen wird.
Die Zukunft
Eine weitere Rechtsverschiebung der Partei ist in der Zukunft möglich, zum Beispiel durch eine Vereinigung mit einer Linksabspaltung der DS (Linksdemokarten, Ex-Kommunistische Partei, Anm. d. Ü.) und der Bildung einer neuen reformistischen Partei. Es ist aber auch nicht völlig ausgeschlossen, dass sich die PRC wieder nach links entwickeln kann, vor allem wenn sie außerhalb der Regierung sein sollte. Das geschah nachdem die PRC ihre Unterstützung für die frühere Prodi-Regierung im Jahr 1998 beendete (damals waren sie nicht in die Regierung eingetreten, sondern unterstützten sie im Parlament).
Aber heute sind die Bedingungen ganz anders. Die ArbeiterInnenklasse hat mehr Erfahrungen mit der PRC als Regierungspartei gemacht. Abhängig von den weiteren Entwicklungen, könnte die Partei schweren Schaden nehmen bevor eine neuerliche Linksentwicklung einsetzt. Während einige ArbeiterInnen die Partei weiterhin bei Wahlen unterstützen werden, sind Neueintritte von ArbeiterInnen und Jugendlichen wenig wahrscheinlich.
Die politische, wirtschaftliche und soziale Lage in Italien ist sehr instabil und verändert sich ständig. Der Aufbau einer Massenpartei der ArbeiterInnen, die eine sozialistische Alternative zum Neoliberalismus aufzeigen kann ist eine Schlüsselfrage für die italienische Arbeiterklasse. Wie eine solche Partei aufgebaut werden wird, ist heute nicht klar. Linke AktivistInnen in der PRC werden für einen Kurswechsel der Partei kämpfen. Sie werden sich für einen Austritt aus der Regierung einsetzen und dafür, dass keine Verantwortung für die neoliberale Politik der Regierung übernommen wird. Und sie werden darum kämpfen, dass die Partei sich an die Spitze der Massenbewegungen stellt, die zwangsläufig entstehen werden, weil ArbeiterInnen und Jugendliche von dieser Politik betroffen sein werden.
Gleichzeitig sollten sie Verbindungen zu AktivistInnen knüpfen, die sich außerhalb der Partei befinden - in den Betrieben und Gewerkschaften, in den Nachbarschaftskämpfen, unter Jugendlichen und den sozialen Bewegungen. Das Ziel muss sein die Kämpfe der ArbeiterInnenklasse zu entwickeln und, wenn es sich in der Zukunft als nötig erweisen wird, Schritte zum Aufbau einer neuen Arbeiterpartei vorzubereiten.
Christine Thomas ist Mitglied der italienischen CWI-Gruppe Lotta per il Socialismo und lebt in Bologna. Diese Übersetzung ist Teil eines längeren Artikels, der in englischer Sprache unter www.socialistworld.net zu finden ist.