Mo 18.03.2024
Der 23. Februar 2024 war ein Tag der Verbrechen. Er zeigte die zum Himmel schreienden Ungerechtigkeiten in diesem Land in drastischer Klarheit.
Land der legalen Verbrechen
Am 23. Februar kam die Verurteilung von Sebastian Kurz wegen Falschaussage - tatsächlich ist das Strafmaß jedoch lächerlich und Kurz wird wohl keinen Tag davon tatsächlich im Gefängnis verbringen. Davon abgesehen war seine Falschaussage eine Lappalie im Vergleich zu den Verbrechen, die Kurz ganz legal in Amt und Würden begangen hat: Zerschlagung der Krankenkassen, 12-Stundentag, rassistische Hetze, Kürzungen bei Familienbeihilfe und Mindestsicherung usw. Diese Verbrechen gelten jedoch nicht als “Straftaten”, sondern als “Politik” - und diese wird von ÖVP und Grünen weitergeführt, während bereits eine noch schlimmere Neuauflage von Schwarz-Blau droht. Ob die SIGNA-Machenschaften von Kurz’ Freund Benko als “Straftat” geahndet werden, ist ebenfalls fraglich - schließlich gelten im Kapitalismus Spekulation und Bereicherung durch Massenentlassungen nicht als Verbrechen, sondern als “Betriebswirtschaft” (S.5).
Land der Femizide
Am 23. Februar ereigneten sich in Wien aber auch 5 Femizide innerhalb weniger Stunden - so viele, wie die Stadt im gesamten Jahr 2023 sah. Diese unfassbaren Verbrechen zeigten das Ausmaß und die Hintergründe der Gewalt an Frauen auf: Der Dreifachmord in einem Brigittenauer “Studio” geschah, wie es der Täter selbst sagte, aus Frauenhass - und dieser entlud sich nicht zufällig an migrantischen Sexarbeiter*innen, dem am meisten unterdrückten Teil der weiblichen Arbeiter*innenklasse. Die Sexindustrie entmenschlicht Frauen systematisch, indem sie sie Männern als Waren präsentiert, die sie kaufen können wie im Supermarkt. Der Doppelmord in einer Simmeringer Wohnung wiederum zeigte auf, dass der gefährlichste Ort für Frauen immer noch das eigene Zuhause ist. Was von den Medien so oft als “Familiendrama” schöngeredet wird, ist nichts anderes als die Spitze der täglichen männlichen Partnergewalt. Diese Gewalt ist nichts “natürliches”. Sie ist das Produkt der patriarchalen kapitalistischen Gesellschaft, die Frauen zu Waren und zu Eigentum degradiert - ebenso wie sie Männern einredet, sie müssten dominant und “like a Boss” sein; und dann zusieht, wie Männer an diesen Ansprüchen scheitern und der Frust in Gewalt umschlägt (S.12). Diese “Krise der Männlichkeit” ist Teil der allgemeinen Krise des Kapitalismus, die sich auf politischer Ebene in einem Rechtsruck des gesamten Establishments ausdrückt (Schwerpunkt).
Land des Widerstands
Umso wichtiger ist es nun, Widerstand aufzubauen. ISA und ROSA organisierten gleich nach den Femiziden eine wütende Demonstration, zu der über 500 Menschen kamen. In bewegenden Reden berichteten Betroffene von eigenen Erfahrungen mit Gewalt und zeigten deren systemische Wurzeln auf. Auch Angehörige und Kolleg*innen der Ermordeten sprachen. Die Botschaft war klar: “Keine einzige weniger”. Dieser Kampfschrei ist ein Versprechen, das wir einlösen müssen: indem wir eine Bewegung gegen Femizide und ihre Ursachen aufbauen, nicht nur am 8. März (S.7), sondern jeden Tag.