Di 18.01.2022
ROSA - Socialist Feminist Movement in Irland auf Facebook und Instagram
Eine beispiellose Welle von Kummer und Zorn hat das Land nach dem verheerenden Mord an der 23-jährigen Ashling Murphy in Tullamore ergriffen. Zehntausende haben in unzähligen Mahnwachen in jeder Stadt, jedem Ort und jedem Dorf, in Nord- und Süd-Irland, teilgenommen. Auch von irische Communities in London, New York und Australien gab es große Aktionen.
Am Mittwoch, dem 12. Januar, ging Ashling joggen und wurde am helllichten Tag von einem fremden Mann brutal ermordet - der erste Frauenmord des Jahres 2022 im irischen Staat. Als Grundschullehrerin und talentierte Musikerin und Sportlerin war Ashling in ihrer Gemeinde sehr beliebt. Unter dem Hashtag #Shewasgoingforarun wurde in den sozialen Medien darauf hingewiesen, dass sie, wie Sarah Everard, alles "richtig" gemacht hatte, um sich in Sicherheit zu bringen, aber das war nicht genug.
In dieser Stimmung steckt implizit eine Ablehnung der müder, heuchlerischer Opferbeschuldigung. Der Vorschlag von Fine Gael-Juniorministerin Josepha Madigan, dass Frauen Panikknöpfe und Sicherheits-Apps benutzen sollten, und die Forderung der reaktionären Lachnummer, des Parlamentsabgeordnete Michael Healy-Rae, das Tragen von Pfefferspray zu legalisieren, haben Spott und Empörung ausgelöst. Unter Frauen und Menschen aus der Arbeiterklasse ist weithin anerkannt, dass es keine Rolle spielt, was sie getan hat oder hätte tun können - keine Frau oder geschlechtsuntypische Person verdient es, unter männlicher Gewalt zu leiden.
Ein entscheidender Moment
Zehntausende von Frauen und jungen Menschen, aber auch Männer und ältere Menschen, strömten am Freitag auf die Straßen, um an Mahnwachen für Ashling teilzunehmen. Zu diesen Mahnwachen hatten Frauengruppen, Sportvereine, Bürgerinitiativen, feministische und antirassistische Kampagnen sowie alle nur denkbaren Gruppen im ganzen Land aufgerufen, um ihre Solidarität mit den Angehörigen und der Gemeinschaft von Ashling Murphy sowie mit allen Opfern von geschlechtsspezifischem Missbrauch und von Traumata, einschließlich der häufigsten Form, der Gewalt in der Partnerschaft, zum Ausdruck zu bringen. Rund 5.000 Menschen versammelten sich am Freitag vor dem Dáil, und mehrere Tausend füllten den Tullamore Town Park unter Tränen, in Umarmungen, mit Kerzen, Blumen und selbstgebastelten Schildern. Traditionelle Musiker*innen spielten Ashlings Lieblingsstücke, während die Menschenmenge in Stille verharrte. Unter dem Herzschmerz und der Trauer schwangen eine tiefe Wut und der Wunsch zu handeln, um der männlichen Gewalt ein Ende zu setzen, die seit 1996 244 Frauen in Irland das Leben geraubt und unermessliches Leid über unzählige weitere gebracht hat, mit.
Dieses beispiellose Zeichen der Solidarität stellt einen Wendepunkt dar. Sie erinnert an die Reaktion auf den Tod von Savita Halappanavar im Jahr 2012 als Folge des achten Verfassungszusatzes, der 2018 nach jahrelangem Kampf, der durch ihren Tod ausgelöst wurde, aufgehoben wurde. Die "I believe her"- und "this is not consent"-Proteste im Jahr 2018 waren wichtige Momente im Kampf gegen sexuelle Gewalt und Opferbeschuldigung in diesem Staat, aber der Mord an Ashling hat einen Damm gebrochen. Die Weigerung von Frauen und geschlechtsuntypischen Menschen zu akzeptieren, in Angst zu leben, unser Verhalten zu ändern, um Gewalt zu vermeiden, oder gezwungen zu sein, verzweifelt unterfinanzierte Dienste aufzusuchen, spiegelt sich nun in der gesamten Gesellschaft wider.
Jetzt, wie auch 2018, haben ROSA - Socialist Feminist Movement und Ruth Coppinger, ehemalige TD der Socialist Party und Lehrergewerkschafterin, schnell gehandelt und Kundgebungen unter social distancing in Dublin, Belfast, Cork und Limerick einberufen, um eine Arena zu schaffen, in der die von so vielen empfundene Angst zum Ausdruck gebracht und diese Wut in Aktionen umgesetzt werden kann. ROSA-Mitglieder, Gewerkschafter*innen, Frauen und nicht-binäre Aktivist*innen und andere sprachen über ihre Trauer, ihre Erfahrungen mit männlicher Gewalt und die Notwendigkeit eines umfassenden kulturellen und gesellschaftlichen Wandels in Bezug auf Frauenfeindlichkeit und geschlechtsspezifische Gewalt. Als die Redner*innen erklärten, dass wir gegen alle Formen von Sexismus, Rassismus und Transphobie solidarisch sind, ernteten sie einhelligen Beifall. Die Tausenden von Teilnehmer*innen waren sich einig, dass wir jetzt handeln müssen, um das "Nie wieder" Wirklichkeit werden zu lassen.
"Never again" zur Realität machen
Von Gewalt in Paarbeziehungen über Anmachen und Beschimpfungen beim Spazierengehen, Laufen oder Radfahren bis hin zu Online-Belästigung und bildbasiertem Missbrauch sowie sexueller Gewalt und Spiking (unter Drogen Setzen durch Spritzen oder Drinks) - wir müssen dieses Thema aus dem Schatten holen und auf die Straße gehen. Wir müssen ausdrücklich unsere Solidarität mit jedem Opfer von Femizid bekunden, um auszurufen, dass nicht noch ein Leben genommen werden darf - sowie mit allen Überlebenden von männlichem Missbrauch und Gewalt und allen Leidtragenden des Staates, um zu fordern, dass dies nie wieder geschieht.
Um die geschlechtsspezifische Gewalt wirklich zu bekämpfen, müssen wir die unglaubliche Dynamik, die wir in ganz Irland erleben, nutzen und in eine nachhaltige Bewegung kanalisieren, die in jeder Gemeinde, Schule, Hochschule und am Arbeitsplatz organisiert ist. Nur so kann ein grundlegender systemischer und kultureller Wandel herbeigeführt werden, der notwendig ist, um wirklich jede einzelne Form von Sexismus, Frauenfeindlichkeit und LGBTQ-Phobie zu bekämpfen.
Vor zehn Jahren, nach dem Tod von Savita, sagte eine große Bewegung "Nie wieder" und schwor, dass sich ein solcher Tod nie wiederholen würde. Wir wollen das Gleiche jetzt - das einzig angemessene Vermächtnis für Ashling.
Nächste Schritte nach dem Gelöbnis "Never again"
- Eine Woche nach Ashlings Ermordung finden am Mittwoch, dem 19. Januar, um 16 Uhr landesweit weitere Solidaritätskundgebungen statt.
- Der Internationale Frauentag muss zu einem Schwerpunkt werden - Proteste, Demonstrationen und ein kollektiver Streik von Schüler*innen, Student*innen und Arbeiter*innen sollten jetzt diskutiert und vorbereitet werden.
- ROSA Socialist Feminist Movement veranstaltet am Donnerstag, den 20. Januar um 19 Uhr eine Online-Versammlung, um eine Kampagne für eine große Konferenz von Gewerkschafter*innen, Gewerkschaften, Frauen- und LGBTQ-Organisationen, Traveller- und antirassistischen Organisationen, Gemeinschaftskampagnen und mehr zu starten, um eine massive soziale Bewegung zur Beendigung geschlechtsspezifischer Gewalt und insbesondere Aktionen zum Internationalen Frauentag zu starten.
Zu den Forderungen, die auf einer solchen Konferenz und Bewegung diskutiert werden sollten, gehören:
- Sofortige Maßnahmen gegen die Pandemie der geschlechtsspezifischen Gewalt - sofortige Verdreifachung der Mittel für Organisationen, die sich mit häuslicher und sexueller Gewalt befassen. Umfangreiche Investitionen in kostenlose, zugängliche, qualitativ hochwertige psychische Gesundheitsdienste.
- Eine öffentliche Untersuchung der Annullierung von Tausenden von 999-Anrufen durch die Polizei sowie von Sexismus, Rassismus und Vorurteilen gegen die Arbeiterklasse im gesamten Rechtssystem.
- Ein Ende der Opferbeschuldigung und der Vergewaltigungsmythen in den Gerichten. Bildungsangebote zur Bekämpfung von Sexismus und geschlechtsspezifischer Gewalt, sich mit sexueller Einwilligung befasst und LGBTQ+ Personen einschließt.
- Ein Ende der geschlechtsspezifischen Erziehung und der religiösen Kontrolle der Schulen, die dem im Wege stehen. Trennung von Kirche und Staat - Entfernung des kirchlichen Einflusses aus allen öffentlichen Einrichtungen und Institutionen, einschließlich aller Bildungs- und Gesundheitsdienste.
- Ein Sofortprogramm für den Bau von Zehntausenden von Sozialwohnungen auf öffentlichem Grund, um die Wohnungskrise zu beenden, die Frauen in von Missbrauch geprägten Beziehungen gefangen hält.
Die Socialist Party und die Mitglieder der Socialist Party in ROSA setzen sich für den Aufbau einer sozialistisch-feministischen Bewegung ein, die die Ausgebeuteten und Unterdrückten dieser Welt vereint. Durch die dadurch entstehenden Vision von der Macht, die ein vereinter Kampf der Arbeiter*innenklasse über Grenzen von Geschlecht und Herkunft hinweg mit sich bringen kann, um das System der Unterdrückung und Ausbeutung im Kern zu treffen, bietet dies das Potenzial für systematische Veränderungen für die Menschheit und den Planeten.