4000 Menschen gegen den drohenden Pflegekollaps

Diese Woche (8-14.11.) fanden in Österreich beeindrucknde Proteste von Beschäftigten im Gesundheitsbereich statt. Wir dokumentieren unsere Berichte und den Flyer mit den Vorschlägen die wir auf diesen Protesten verteilt haben.

Bericht: 5 nach 12 - Beschäftigte protestieren österreichweit an den Spitälern

Nach der beeindruckenden Demonstration mit 4000 Teilnehmer*innen gestern haben heute Beschäftigte an Spitälern in ganz Österreich um 12:05 kurz die Arbeit unterbrochen um gegen den drohenden Pflegekollaps und für mehr Geld und Personal zu demonstrieren. Allein am Wiener AKH demonstrierten mehrere hundert Kolleg*innen.

Obwohl die Aktionen nur symbolisch waren zeigen sie teilweise das Mobilisierungs- und Kampfpotential an den Spitälern. Wir waren in Linz und beim Wiener AKH vor Ort und haben unsere Flyer mit dem Titel “Pflegestreik gegen Pflegenotstand” verteilt. Wie schon auf der gestrigen Demonstration waren die Reaktionen auf die Forderung, dass es mehr als Demonstrationen braucht sehr positiv. Notwendig wäre die Vorbereitung und Organisierung von echten Streikmaßnahmen. Denn wenn die Untätigkeit der Regierung während der Corona-Pandemie eines zeigt, dann dass Appelle und Proteste nicht ausreichen werden. Leider haben die zuständigen Gewerkschaften bis jetzt noch keine Initiativen in diese Richtung gesetzt. Umso wichtiger ist es, dass sich Kolleg*innen an der Basis organisieren um gemeinsam Druck von unten auf die Gewerkschaftsspitze aufzubauen, damit endlich die notwendigen Kampfmaßnahmen initiiert werden. Es gibt das Potential für eine gemeinsame Bewegung im gesamten Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich für mehr Geld und bessere Arbeitsbedigungen. 

Fotos: https://www.facebook.com/sozialistischelinkspartei/posts/10159483334872207

Bericht: 4000 Menschen auf der Demonstration gegen den Pflegekollaps

Trotz kurzfristiger Mobilisierung durch verschiedene Gewerkschaften sind am 9.11. sehr viele Kolleg*innen auf die Straße gegangen. Ähnlich wie bei den Kindergartenprotesten zeigt sich die große Kampf- und auch Streikbereitschaft. Wir haben mit unserer Streikbroschüre und unserem Flyer (mit dem Titel Pflegestreik gegen Pflegenotstand) vor allem den Vorschlag hineingetragen, dass der nächste Schritt ein Streik sein muss. Die Regierung wird sich von Demos allein nicht beeindrucken. Damit sind wir auf sehr große Zustimmung bei den Kolleg*innen gestoßen. Nur wenige haben Zweifel geäußert, ob Streiks in dem Bereich überhaupt möglich sind. Das zeigt, dass wir von unten den Druck auf die Gewerkschaftsführungen aufbauen müssen, um eine Streikbewegung zu organisieren.

Fotos: https://www.facebook.com/sozialistischelinkspartei/posts/10159481595067207

Melde dich bei uns, wenn du dich vernetzen und organisieren willst! Wir werden außerdem bei unserem 2tägigen Event Diskussionsevent: Eine Welt zu gewinnen in einem Workshop diskutieren, wie wir Streiks im Gesundheits- und Soziales organisieren können. 

 

Flyer: Pflegestreik gegen Pflegenotstand

Nach fast zwei Jahren Corona und nur wenige Monate nachdem Kurz die Pandemie für vorbei erklärt hat, sind die Spitäler wieder an ihren Grenzen und fast die Hälfte der Beschäftigten in der Pflege denkt ans aufhören. Die fast zwei Jahre Gesundheitskrise zeigen vor allem eines: der Regierung ist die Gesundheit von Menschen und die Beschäftigten im Gesundheitsbereich völlig egal. Trotz zwei Jahren Pandemie gibt es nicht einmal kleinste Verbesserung. Sogar der ohnehin mickrige Corona-Bonus wird immer weiter verzögert und eingeschränkt. Diese zwei Jahre zeigen: freundliche Appelle werden nicht ausreichen um die Regierung zum Handeln zu bewegen - das wird nur passieren wenn der Druck von unten ihr keine andere Wahl mehr lässt. 

Gesundheit statt Profite

Während der gesamten Pandemie hat die Regierung ihre Maßnahmen nur nach den Interessen von großen Konzerne ausgerichtet. Milliarden wurden locker gemacht und Maßnahmen vorzeitig beendet oder ausgehöhlt nur um den Konzernen weiter ihre Profite zu ermöglichen. Diese Regierung ist den Profitinteressen der Bossen, Banken und Konzerne vollends verschrieben. Das ist auch der zentrale Grund warum sie mehr Geld für Gesundheit und Soziales blockieren - sie wollen Kosten senken, sparen, rationalisieren. Die Mehrkosten für die Finanzspritzen für AUA, KTM und Co. verstärken diesen Spardruck nur noch weiter. Leider scheinen die Führungen der zuständigen Fachgewerkschaften das nicht zu erkennen. Sie setzen weiterhin vor allem auf Appelle, Medienauftritte, manchmal unterstützt von einzelnen Protesten - aber das wird nicht reichen. Es braucht einen Aktionsplan mit eskalierenden Arbeitskampfmaßnahmen, inklusive Streiks um den Druck auf die Landes- und Bundesregierungen so lange zu erhöhen bis sie einlenken. 

Solidarität aus der Bevölkerung!

Tatsächlich wären die Ausgangsbedingungen für so einen Kampf gut: in der Bevölkerung gibt es enorm viel Solidarität mit den Kolleg*innen im Sozial- und Gesundheitsbereich, die überwältigende Mehrheit unterstützt Forderungen nach Verbesserungen. Gleichzeitig ist die Bundesregierung noch immer in einer Krise. Eine entschlossene Bewegung von unten könnte wahrscheinlich ziemlich schnell Zugeständnisse durchsetzen. Das zeigen auch Beispiele aus anderen Ländern wo Mobilisierungen von Beschäftigten aus dem Gesundheitsbereich die Regierenden zu Mehrinvestitionen gezwungen haben.

Streiken ist notwendig und möglich!

Die einzige Möglichkeit den Druck zu erhöhen sind Arbeitskampfmaßnahmen und besonders Streiks. Oft hört man, dass streiken im Gesundheitsbereich nicht möglich ist - aber das stimmt schlichtweg nicht. Weltweit nehmen Streikbewegungen im Gesundheitsbereich zu und sind dazu in der Lage Forderungen durchzusetzen. Diesen Herbst z.B. eine beeindruckende Streikbewegung an der Berliner Charité. Aber auch in Österreich haben z.B. vor der Corona-Krise mehrmals Streiks im privaten Gesundheits- und Sozialbereich stattgefunden. Erst kürzlich haben Beschäftigte in Wiener Kindergärten die Arbeit niedergelegt und auch die Warnstreiks im Metallbereich zeigen die Wirkung von Kampfmaßnahmen. Natürlich ist streiken im Gesundheitsbereich schwieriger als z.B. in der Industrie. Umso wichtiger ist die demokratische Planung und Vorbereitung von Kampfmaßnahmen, sowie gemeinsame Entscheidungen über Streikziele oder Verhandlungsergebnisse. Bei Streiks an der Berliner Charité gab es z.B. ein System der Tarifberater*innen (eine Vertreter*in von jeder Station) die über jeden Schritt im Arbeitskampf demokratisch entschieden haben. 

An der Basis organisieren

Leider weigert sich die Gewerkschaftsführung noch immer die notwendigen Schritte zu setzen um eine Bewegung aufzubauen, die unsere Forderungen tatsächlich umsetzen kann. Genauso wie von der Regierung können wir uns auch von der Gewerkschaftsführung von selbst nichts erwarten. Wir müssen uns an der Basis organisieren um Druck auf die verantwortlichen Gewerkschaftsstrukturen aufzubauen. Beginnen kann so eine Vernetzung bei einer Organisierung als Team und als Station und den Austausch mit anderen Kolleg*innen, Nachrichten an die zuständigen Personalvertreter*innen und Gewerkschaftsfunktionär*innen aber vor allem auch der Vernetzung mit kämpferischen Basisinitiativen im Bereich. Z.B. organisiert die Basisinitiative “Sozial aber nicht blöd” seit Anfang des Jahres eine Kampagne für einen Corona-Bonus und mehr Personal mit dem Ziel Druck auf die Gewerkschaftsspitze aufzubauen. 

Wenn du genug davon hast, dass Profite in unserer Gesellschaft über Gesundheit gestellt werden und dich dagegen wehren, wenn du genug davon hast, dass die Gewerkschaft nur appelliert aber nicht kämpft willst melde dich einfach bei uns.

Wir fordern: 

  • Sofort einen Corona-Bonus von 250€ und 2,5 freien Tagen pro Monat der Pandemie für alle Kolleg*innen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich
  • Eine drastische Gehaltserhöhung von 10% um mehr Kolleg*innen in den Beruf zu bekommen
  • 20% mehr Personal: es braucht sofort die finanziellen Mittel um sofort sämtliches verfügbares Personal einzustellen. Es braucht mindestens 20% mehr Personal und eine einheitliche Personalbemessung.
  • Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich auf 35 Stunden als erster Schritt: die Arbeit in der Pflege ist körperlich und psychisch zu belastend um langfristig 40 Stunden oder mehr zu arbeiten
  • Eine bezahlte Ausbildung von der man leben kann: um mehr Menschen den Weg in den Beruf zu ermöglichen
  • Gesundheit vor Profite: alle Aspekte der Gesundheitsversorgung, von Pflegeheim bis zur Pharmaindustrie, müssen der Profit- und Verwertungslogik entzogen werden und nach den Bedürfnissen von Patient*innen und Beschäftigten ausgerichtet werden. Finanziert aus der Vermögen der Superreichen und Konzerne.
  • Für eine gemeinsame Bewegung der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich um diese Forderungen durchzusetzen und einen Schulterschluss mit anderen Kämpfen.

 

Solidaritätsstatement von Michael Gehmacher, ASB-Wohnen und Soziale Dienste Betriebsrat und Aktivist bei „Sozial Aber Nicht Blöd (SANB)“ und SLP

"Regierung, Arbeitgeber*innen und leider manchmal auch Gewerkschaftsfunktionär*innen sagen oft, dass streiken im Gesundheits- und Sozialbereich geht nicht bzw. sei unverantwortlich. Aber das Gegenteil ist der Fall: nicht der Streik schadet sondern der Normalzustand! Im privaten Gesundheits- und Sozialbereich haben wir bei den letzten Lohnverhandlungen gezeigt, dass wir streiken können! Beim Samariterbund haben z.B. sowohl Beschäftigte in der Wohnungslosen- und Flüchtlingsbetreuung gestreikt als auch die Beschäftigten in der Hauskrankenpflege. Zentral bei den Streiks war die Rolle von aktiven Beschäftigten und kämpferischen Kolleg*innen die durch ihre Arbeit an der Basis die erfolgreichen Streiks möglich gemacht haben. Wir brauchen eine gemeinsame Bewegung aller Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich."