Di 04.07.2006
Etwa 50 Millionen Menschen verlassen nach Schätzungen jährlich weltweit ihren Heimatort aufgrund widriger Umweltverhältnisse, über 40 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht vor Krieg und Vertreibung. Die Hälfte davon muss im “eigenen” Land bleiben, weil sie keine Möglichkeit hat es zu verlassen – sei es weil sie an der Ausreise gewalttätig gehindert wird oder die Grenzen der Nachbarländer dicht gemacht werden und schwer bewacht sind. Sie leben dort in Flüchtlingslagern unter erbärmlichsten Verhältnissen – haben gerade genug um nicht sofort zu verhungern oder an Krankheiten zu sterben, die in den Industriestaaten nicht einmal mehr wahrgenommen werden.
Die Industriestaaten nennen es ein “Migrationsproblem”
Die einzigen, die wirklich ein Migrationsproblem haben, sind MigrantInnen selbst. Es beginnt mit den Ursachen für ihre Flucht, führt über Probleme, die sie bei der Ausreise haben und ihnen oft das Allerletzte, was sie noch haben, kostet, hin zu Problemen auf ihrer oft tausende Kilometer langen Reise. Gelingt ihnen das, so stehen sie – falls sie in Industriestaaten wollen – vor dem Problem in die reichen Festungen, die durch meterhohe Stacheldrahtzäune, massive Militärpräsenz, Radaranlagen und verstärkte Küstenwache abgeschottet sind, hineinzukommen. Konnten sie diese Probleme bewältigen, ist es noch lange nicht vorbei. Dürfen sie um Asyl ansuchen, werden sie erst recht in Flüchtlingslager gesteckt, stundenlangen diskriminierenden Verhören unterzogen, in denen sie ihre Situation beweisen müssen und oft extrem lange – währenddessen sie zur Untätigkeit verdammt sind – in Unsicherheit gelassen, ob sie überhaupt bleiben dürfen. Gehören sie schlussendlich zu den vielleicht 200.000, denen im Jahr 2005 in Europa und Nordamerika Asyl gewährt wurde, werden sie von Politikern aller couleurs angegriffen und für ihre Machtspielchen verwendet, von ArbeitgeberInnen ausgebeutet, unterdrückt und gegen andere Menschen ausgespielt.
Was sind nun die Ursachen für diese Probleme, mit denen jährlich
Millionen Menschen zu kämpfen haben?
Im Grunde genommen sind alle Menschen, die ihr Land verlassen, weil es nicht mehr lebenswert ist, “politische” Flüchtlinge. Wie schon vor tausenden Jahren wirtschaftliche und religiöse Eroberungsfeldzüge tausende Menschen zur Flucht zwangen, setzte sich dies im Laufe der Jahrhunderte ungebremst fort und nahm im letzten Jahrhundert extreme Ausmaße an. Kapitalistische “Globalisierung” bedeutet eben nicht nur, dass die Welt “kleiner” wird, sondern auch die Widersprüche des Systems stärker wirken. Scheint es für die Wirtschaft als sinnvoll, werden zig-tausende als Billigst-Arbeitskräfte aus anderen Ländern importiert. Werden diese Menschen aufgrund von technischem Fortschritt oder weil Produktionen in noch billigere Entwicklungsländer ausgelagert werden, nicht mehr gebraucht, so werden sie – wenn sie sich nun hier doch schon heimisch fühlen und Existenzen aufgebaut haben und das Land nicht mehr verlassen wollen – zum angeblichen Problem. Der Teil der MigrantInnen sind auch Kriegsflüchtlinge, wie z. B. fast 5 Millionen die vor den westlichen Invasionstruppen aus Afghanistan und dem Irak geflohen sind, oder 2,5 Millionen aus den Bürgerkriegsgebieten in Somalia und im Sudan, oder ebenso viele aus Kolumbien. In all diese kriegerischen Auseinandersetzungen sind die imperialistischen Großmächte direkt verstrickt, um ihre politische, wirtschaftliche und militärische Macht noch mehr auszuweiten. Jedoch gibt es neuerdings in zunehmendem Maße auch “ökologische” Flüchtlinge, die zum Beispiel durch Waldrodungen ihres Lebensraumes beraubt werden, was natürlich aus wirtschaftlichen Gründen und zwar in riesigem Ausmaß passiert und nicht weil der kleine Bauer ein bisschen mehr Anbaufläche haben möchte. Ebenso zwingen Naturkatastrophen - für deren Ursachen wiederum die kapitalistischen Industrienationen verantwortlich sind - viele Menschen dazu ihre Heimat zu verlassen. Und aufgrund der globalen Erwärmung werden in den nächsten Jahrzehnten ganze Inselstaaten von den Landkarten verschwinden.
Es liegt am System
Es ließen sich noch dutzende Gründe aufzählen, die Menschen zwingen in anderen Ländern Zuflucht zu suchen. Aber allen liegt das unmenschliche, Mensch und Natur rücksichtslos ausbeutende kapitalistische Gesellschaftssystem zugrunde. Wobei nur ein winziger Bruchteil der Gewinne oder der Kriegskosten ausreichen würde, um allen Menschen dort ein Leben zu ermöglichen, wo sie leben wollen - auch dort, von wo sie in der jetzigen Situation flüchten mussten. Leider verfolgt das kapitalistische System gerade die gegenteilige Richtung, kann also nicht bekehrt werden, sondern muss abgeschafft und durch eine gerechte, gleichberechtigte sozialistische Gesellschaftsordnung ersetzt werden.