Sa 01.04.2000
"Alles neu macht SMS", das ist der Grundtenor der "wohlwollenden" Berichterstattung in Standard, profil und Co. über die Widerstandsbewegung der letzten Wochen. Auch in der Bewegung selbst ist eine Diskussion über "alte, verstaubte" und "neue, kreative" Widerstandsformen ausgebrochen. Doch wird eine Demonstration "neuer und kreativer", weil via SMS dafür mobilisiert wird?
Diese Bewegung hat viele neue Gesichter des Widerstands gezeigt, sie hat ein - für österreichische Verhältnisse - nie gekanntes Maß an Spontaneität und Kreativität aber auch an Ausdauer hervorgebracht. Dass für die Demonstratio-nen via Internet und SMS mobilisert wurde, ist dabei allerdings nur eine Nebensache. Erstens stellten diese beiden Methoden noch immer ein Randphenomän dar und zweitens erwiesen sie sich eher als technisierte Erweiterung der eigentlichen Mobilisie-rungsmethode: Mundpropaganda. Die gute alte Telefonkette wurde durch SMS und Email ergänzt. Webpages deckten einen Bereich der Information und Kommunikation ab, der in ähnlicher Form in früheren Bewegungen von Wandzei-tungen abgedeckt wurde und zu einem Teil auch noch wird. Internet und Handy sind vor allem eines: praktisch.
Widerstand und Kreativität
Die Bewegung hat spontane Kreativität entwickelt. Die Demonstration gegen den Opernball verhöhnte kunstvoll maskiert und mit humoristischem Scharfsinn die Herrschenden. Der "Trojanische Esel" entlockte Jeder/m ein Schmunzeln. Auch die spontane Besetzung des Burgtheaters während einer Vorstellung zeigte ein neues Verständnis von "Kunst als Bühne des Widerstands". Eben gerade diese Eigeninitiative aus der Bewegung, das "sich selbst einbringen" ist das Neue und zeitigte höchst kreative Ausdrucksformen. Die Bühnen für diese neue Kreativität waren in den meisten Fällen weder virtuell noch neu: Demonstrationen. Genau darin liegt die Stärke dieser Bewegung: In der Einbeziehung von tausenden Menschen in die bewährten Formen des Widerstands, Demonstrationen und in begrenztem Maße auch Streiks (SchülerInnen). Es sind eben nicht nur die Ideen und Handlungen einiger Weniger, sondern jene von tausenden Menschen. Demonstrationen, aber auch Streiks sind nicht nur äußerst effektive Widerstandsformen, sie müssen keineswegs "angegraute" Mittel sein. Es gibt genügend historische Beispiele (z.B. Frankreich 1968), wo bei Streiks kulturelle Aktionen in den Fabrikshallen stattfanden.
Anstatt uns von den bürgerlichen Medien, die "natürlich" kein Interesse am effektiven Widerstand haben, Sand in die Augen streuen zu lassen, sollten wir die Diskussion in der Bewegung darüber führen, wie wir möglichst effektiv und kreativ unseren Widerstand ausweiten und verbreitern können. Denn Widerstand ausweiten heißt auch, neue Quellen der Kreativität zu erschließen und Effizienz sind wir uns selbst schuldig, wollen wir doch nicht, dass all die investierte Kreativität vergebens war.