Do 02.07.2015
PolitikerInnen und Medien überschlagen sich in Beleidigungen und Gehässigkeiten gegenüber Tsipras und Griechenland. Egal ob konservative Presse oder liberaler Standard – sie alle stellen sich eindeutig auf die Seite der herrschenden Elite und ihrer Kürzungslogik. Die Herrschenden prügeln mit allen Mitteln auf jene ein, die nicht mehr bereit sind, ihren Kürzungsterror mit zu machen. Sie tun so, als ob die Verhandler der „Institutionen“ (= Troika) großzügige Angebote gemacht hätten und Griechenland gierig und unvernünftig bockt. Tatsächlich haben die Kürzungsauflagen genau dieser Troika in den letzten Jahren die soziale und wirtschaftliche Lage in Griechenland verschlechtert. Sie haben Griechenland in die Armut gespart. Die immensen Vermögen der Superreichen in Griechenland aber bleiben – auch auf Anweisung der Troika – unberührt. Die Forderungen der Troika gegenüber Griechenland erinnern an die Auflagen im Stil des Kolonialismus, den die reichen Staaten gegenüber ärmeren erpressen um dort ihre eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen durchzusetzen. Und die Hysterie der EU-Führung angesichts der Ankündigung eines Referendums zeigt auch, wie (wenig) weit es mit der Demokratie in der EU bestellt ist. Die Bevölkerung zu fragen wird als Wahnsinnig und ein Affront dargestellt! Das macht den Charakter der EU, die immer v.a. ein Instrument des europäischen Kapitals war deutlich: es geht nicht um Demokratie, Frieden und Menschenrechte sondern um Kapital- und Wirtschaftsinteressen.
Die harte, erpresserische Haltung der EU-Verhandler hat nicht in erster Linie wirtschaftliche Gründe. Die Einkommen jener, die ohnehin schon nichts mehr haben weiter zu senken und gleichzeitig die Reichen ungeschoren zu lassen – das kann die Wirtschaft nicht beleben, das geben auch bürgerliche ÖkonomInnen zu. Sie waren auch gegen eine höhere Besteuerung von Unternehmen und Reichen und die Nato stellte klar, dass die Militärausgaben hoch bleiben müssen. Es geht v.a. darum, allen, die in Europa gegen den Sparterror aufbegehren – Beschäftigte, Arbeitslose aber auch Kommunen oder gar Länder – klar zu machen, dass das nicht akzeptiert wird. Es geht also v.a. darum die Vorherrschaft des Kapitalismus in einer brutalen Ausprägung zu zementieren.
Es ist gut, dass die Syriza-Regierung endlich einen Schlussstrich gezogen hat. Syriza hatte die Wahlen gewonnen, weil sie klar gegen diese Kürzungspolitik auftraten. Doch anstatt die Zeit nach den Wahlen zu nutzen, um eine aktive Massenbewegung in Griechenland gegen den Wahnsinn des Kapitalismus, in Vertretung der EU UND der griechischen KapitalistInnen aufzubauen, haben Tsipras und Varoufakis monatelang verhandelt und waren auch zu weitgehenden Zugeständnissen (= Verschlechterungen für die Bevölkerung) bereit – und sind es offensichtlich immer noch. Um die Erpressung der EU zurückzuschlagen kann ein Referendum ein erster Schritt sein. Doch um zu verhindern, dass die reichen GriechInnen und die internationalen Firmen noch mehr Kapital abziehen, Firmen schließen etc., um die Nicht-Bezahlung dauerhaft durchzusetzen, dafür braucht es eine aktive Bewegung in Betrieben und auf der Straße. Tsipras hat keine klare Linie, er steht unter dem Druck der EU und pro-kapitalistischer Teile von Syriza einerseits und der ArbeiterInnenklasse und dem linken Flügel von Syriza andererseits. Er braucht ein Ziel und eine Strategie. Der Kapitalismus hat deutlich gemacht, dass er keine Zukunft für die Menschen in Griechenland zu bieten hat. Ein Bruch mit der Logik der Herrschenden, des Kapitalismus, wo Profite der Dreh-und-Angelpunkt für alles sind, hin zu einer solidarischen, demokratischen, einer sozialistischen Gesellschaft. Auf kapitalistischer Grundlage gibt es keine demokratische und soziale Zukunft für die Menschen in Griechenland. Eine linke, eine sozialistische Regierung kann das gesamte Sparprogramm und die dahinterstehende Logik zu Fall bringen. Dazu braucht es die Verstaatlichung der Banken und der Schlüsselindustrie (u.a. die Reedereien, aber auch ausländische Konzerne, die z.B. mit ihren Goldschürfprogrammen die Umwelt zerstören) um zu verhindern, dass noch mehr Reichtum von den Vermögenden ins Ausland gebracht wird. Kein Cent der Schulden, die frühere Regierungen gemacht haben um ihre Politik zu finanzieren, muss zurückgezahlt werden – es sind nicht die Schulden der griechischen ArbeiterInnen, Arbeitslosen und Jugendlichen! Und es braucht ein massives öffentliches Investitionsprogramm um Jobs zu schaffen und das Gesundheits- und Bildungswesen wieder auf die Beine zu bringen. Das Vermögen der Superreichen in Griechenland, die es gibt und die von der Krise auch noch profitiert haben, gehört beschlagnahmt und dafür verwendet. Für solche Maßnahmen, die einen echten Ausweg aus der Krise darstellen, gibt es Massenunterstützung die auch aktiv auf die Straße gebracht werden kann. All das ist notwendig und muss durch eine sozialistische Regierung aufgegriffen werden. Eine Regierung, deren Perspektive über den Tellerrand des kapitalistischen Europas hinaus geht. Doch eine solche sozialistische Regierung ist nur so stark wie die Bewegung, die es noch aufzubauen gilt. Der Kampf in Griechenland muss engagiert geführt werden und braucht auch internationale Unterstützung.
Hier in Österreich setzen die da oben wieder auf „Teile-und-Herrsche“. „Wir“ müssen für „die Griechen“ zahlen, wird behauptet. Die sogenannten Hilfszahlungen an Griechenland wurden fast ausschließlich in den Bankensektor gesteckt, damit dieser seinerseits die Schulden bei europäischen Banken zurückzahlen kann. Profiteure sind die Banken, zahlen müssen – in Griechenland wie in Österreich, die „normalen Menschen“. Das ist ähnlich wie bei der Hypo: die normalen KärntnerInnen haben nicht von der Hypo profitiert, das waren Haider und seine Parteien sowie Spekulanten und Banken. Aber zahlen sollen nun wir für das Debakel. In Österreich wie in Griechenland: die Unternehmen, die KapitalistInnen, die Super-Reichen, versuchen, es sich auf unsere Kosten zu richten!
Die wirtschaftliche Lage in Österreich ist alles andere als gut. Die Pro-Kopf Verschuldung ist höher als jene Griechenlands, das Staatsdefizit ebenfalls und pro Kopf muss Österreich um fast ein Drittel mehr an Zinsen für die Staatsschulden zahlen als Griechenland. Die Banken sind durch ihre Spekulationen am Balkan und in Osteuropa in einer extrem angespannten Situation, die Leichen füllen wohl ganze Keller. Die Wirtschaft stottert dahin, baut Stellen ab und hat sinkende Aufträge. Armut, Arbeitslosigkeit und berechtigte Zukunftsangst sind auf dem Vormarsch. Der Lebensstandard in Österreich ist NOCH relativ hoch im EU-Vergleich. Das ist nicht, weil wir fleißiger oder besser wären, im Gegenteil wird in Griechenland durchschnittlich um rund 300 Stunden mehr gearbeitet als in Österreich. Und „über ihre Verhältnisse“ leben wohl z.B. die 45% PensionistInnen, die weniger als 665.-/Monat haben, bei Preisen die teilweise über den hiesigen liegen, wohl auch nicht. Die Kürzungen haben bei einem hohen Level angefangen, werden aber immer rascher und brutaler durchgezogen.
Die Richtung, die die Reichen, die PolitikerInnen, die Chefs und ManagerInnen eingeschlagen haben ist eindeutig – wir sollen zahlen, damit ihre Profite erhalten bleiben. Das gilt in Griechenland ebenso wie in Österreich. Wenn sich Griechenland weigert, den Kürzungsterror fortzusetzen, dann betrifft uns das sehr direkt. Denn wenn sie dabei erfolgreich sind, dann ist das eine wichtige Unterstützung für unsere Kämpfe gegen Sparpakete, gegen Kürzungen bei Spitälern, Schulen und Löhnen, gegen Betriebsschließungen und Demokratieabbau. Wenn sie aber scheitern, dann wird die neoliberale Kürzungsbrigade der EU an Tempo und Aggressivität zunehmen. Und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis es auch über Österreich heißt, wir würden in der Hängematte liegen, müssen endlich vernünftig werden und sparen lernen und das Armut halt zum Alltag gehört. Wenn sich die Menschen in Griechenland wehren, dann tun sie das auch für uns. Darum brauchen sie unsere Unterstützung und Solidarität. Sagen wir den hetzerischen Medien und den arroganten PolitikerInnen, dass wir ihren Sparterror auch hier bekämpfen. Während sich der Papst bereits mit den Menschen in Griechenland solidarisiert hat, schweigt der ÖGB. Doch er sollte sich voll auf die Seite der griechischen KollegInnen stellen. Die Angriffe auf Pensionen, Löhne, Gesundheit und der Versuch, die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte zu beseitigen, sind nur ein Vorzeichen dafür, was auch auf uns in den nächsten Jahren zukommt. Eine starke Mobilisierung, z.B. in Form von Demonstrationen, zu denen auch der ÖGB aufruft, gegen die Kürzungspolitik in Griechenland und in Österreich, ist eine wichtige Unterstützung für die Menschen in Griechenland.
Solidarität ist notwendig, auch weil es um unsere Zukunft geht! Die SLP unterstützt auch mit Spenden die SozialistInnen von Xekinima, die ein aktiver Teil der Proteste gegen den Sparterror und für ein „Nein“ zum EU-Diktat ist und auch gegen die faschistische „Goldene Morgenröte“ aktiv ist. Spende auch du, wir leiten jeden Euro direkt weiter!