Fr 27.05.2005
Franz Breier jun. (SLP Wien Mitte) führte für VORWÄRTS ein Interview mit Upul Siriwardana, Mitglied des Free Trade Union Center und der United Socialist Party (USP) in Sri Lanka. Upul war anlässlich einer Europa-Tour in Österreich, um über die Lage nach dem Tsunami und die große Tradition des Widerstands in Sri Lanka zu berichten.
VORWÄRTS: An die 40.000 Menschen sind durch den Tsunami in Sri Lanka gestorben, eine Million wurden obdachlos. Wie ist die Lage ein Vierteljahr danach?
Upul: Die Mehrheit der Opfer hat bis heute keine oder kaum Hilfe von der Regierung bekommen. Sie fühlen sich von der Regierung wie Bettler behandelt. In der Region Pottuvil kam es zu einer dreitägigen Straßenblockade der Tsunami-Betroffenen. Wir treten in diesen Bewegungen für die Idee ein, dass demokratische Komitees geschaffen werden, die Verteilung und Wiederaufbau koordinieren. Ein Aktivist der USP, der gerade zu den Menschen auf einer dieser Demos sprach, wurde vom Fischerei-Minister (von der JVP, einer rassistischen Regierungspartei; Anm.) attackiert. Die Demonstration nahm den USP-Aktivisten sofort in Schutz und beschimpfte ihrerseits den Minister. Die JVP hat vor allem im singhalesischen Süden ihre Basis. Doch weil sie derzeit viel an Einfluss verliert, tritt sie besonders aggressiv auf.
1983 begann der langwierige BürgerInnen-Krieg der Armee gegen die tamilische Befreiungsbewegung. Die herrschende Koalition der Partei von Präsidentin Chandrika mit der JVP versucht seit langem, den Waffenstillstand von 2002 zu torpedieren. Wird er halten?
Für die ArbeiterInnenbewegung hat der Waffenstillstand große Erleichterungen gebracht. Es können jetzt wesentlich leichter soziale Proteste geführt und Verbesserungen erreicht werden. Auch unter den TamilInnen herrscht eine Stimmung gegen eine Rückkehr des Krieges vor. Trotz des Waffenstillstandes geht ein "verdeckter Krieg" gegen die TamilInnen weiter. Der Tsunami wurde von der Regierung missbraucht, um Hilfslieferungen nach Norden und Osten zu blockieren und das Militär wieder verstärkt einzusetzen.
Du hast den Zusammenbruch des Vertrauens in die Regierung und soziale Proteste erwähnt. Was spielt sich ab?
Unmittelbar nach dem Tsunami verkündete ein der Regierung nahestehender "Gewerkschaftsführer" in einer Pressekonferenz: "Es wird von uns aus für ein Jahr keine betrieblichen Kämpfe geben." Das ermutigte die Regierung, die vor dem Tsunami zugesagten Lohnerhöhungen für Beschäftigte im öffentlichen Sektor wieder zurückzunehmen. Die Tsunami-Katastrophe wurde dazu missbraucht, Versprechungen aus der letzten Budgetperiode nachträglich zu brechen. Von vielen radikalisierten ArbeiterInnen wird die Regierung bereits als bankrott angesehen. Ein Streik von 15.000 Busfahrern legte die Insel für eine Woche lahm.
Wie steht es um die Linke in Sri Lanka?
Alle der ehemals bedeutenden linken Kräfte haben sich von einer unabhängigen sozialistischen Politik längst verabschiedet. Im Gegensatz dazu ist die USP die einzige politische Organisation, die Material in beiden Sprachen herausgibt. 40% der USP-Mitgliedschaft sind TamilInnen. Wir treten für das Selbstbestimmungsrecht der TamilInnen ein. Gleichzeitig muss dieses Recht auch für die moslemischen TamilInnen und die im Osten lebenden Singhala-sprechenden Menschen gelten. Gleichzeitig kämpfen wir für die Einheit von singhalesischen und tamilischen ArbeiterInnen und armen Menschen.
Die USP ist die sri lankesische Sektion des CWI, in dem auch die SLP MItglied ist.