Rassismus im Herzen des Establishments

Kämpfen wir für die Abschaffung der Monarchie & des Kapitalismus!
Von Nelly Rowley, Socialist Alternative (ISA in England, Wales und Schottland)

Am 7. März 2021 wurde ein Interview mit Prinz Harry und Meghan Markle veröffentlicht, das skandalöse Informationen und die Schattenseiten des königlichen Lebens aufdeckte. Harry enthüllte, dass er von ungenannten, hochrangigen Mitgliedern der königlichen Familie ausgefragt wurde, „wie dunkel“ die Hautfarbe ihres damals ungeborenen Babys sein würde.

 

Meghan Markle erzählte Interviewerin Oprah Winfrey von Suizidgedanken, die sie aufgrund des Pressedrucks und der Isolation, der sie als Mitglied der königlichen Familie ausgesetzt war, hatte. Beide sagten, dass sie sich zwar an ihr Umfeld gewandt haben, ihnen aber jegliche Unterstützung oder Hilfe verweigert wurde, wobei Meghan Markle angeblich gesagt wurde, dass das „nicht gut für die Institution wäre“.

Bei der Erklärung ihrer Gründe, warum sie sich aus dem royalen Leben zurückziehen will, sprach Meghan Markle auch über die Behandlung durch die britischen Medien und über die erdrückenden und rassistischen Untertöne, die im Vergleich zur Darstellung von Kate Middleton durchgängig erkennbar sind.

Ein empörendes Beispiel aus einer britischen Boulevardzeitung zeigte Kate Middleton, wie sie „zärtlich“ ihren Babybauch wiegte, während in einem anderen Artikel davon die Rede war, dass Meghan Markle eitel sei oder „schauspielere“, während sie ihren Babybauch auf die gleiche Weise hielt. Diese frauenfeindliche Kritik am Verhalten schwangerer Frauen steht ganz im Einklang mit der allgemeinen Besessenheit der Presse und des kapitalistischen Establishments von royalen Schwangerschaften – mit dem Unterton, dass diese Frauen ihre einzige Aufgabe erfüllt haben: Einen Erben zu produzieren. Aber es steckt auch unverhohlener Rassismus hinter der unterschiedlichen Behandlung der Frauen, und diejenigen, die das leugnen – vor allem diejenigen in der Boulevardpresse – sind ein Teil des Problems.

Sollten wir überrascht sein?

Während viele von den Enthüllungen über Rassismus in der königlichen Familie schockiert waren, wird es für andere keine Überraschung sein. Diese Institution hat ihren gigantischen Reichtum und ihre Macht auf dem Rücken von Hunderten von Jahren des Kolonialismus, der Sklaverei und der Unterdrückung der Arbeiter*innenklasse aufgebaut, sogar schon vor der Zeit des Kapitalismus.

Dies ist nur ein weiterer Schlag für eine sterbende Institution. Erst letztes Jahr tauchten Nachrichten über die gut dokumentierten Verbindungen von Prinz Andrew mit dem milliardenschweren Sexualverbrecher Jeffrey Epstein auf. Anfang dieses Jahres tauchten Nachrichten auf, dass die königliche Familie nicht so politisch neutral ist, wie sie vorgibt zu sein, da die Königin mehr als 1000 parlamentarische Gesetze blockierte, die das wahre Ausmaß des königlichen Reichtums zu enthüllen drohten, was den wirklichen Spielraum für die Macht des Monarchin offenbarte, als „Reservewaffe“ gegen Bewegungen der Arbeiter*innenklasse in Zeiten der „Krise“ eingesetzt zu werden.

Seit der Veröffentlichung des Interviews gibt es in den Nachrichten und den sozialen Medien Empörung darüber. Piers Morgan – schon immer ein aufmerksamkeitshungriger Boulevard-Rechter (eine Art britischer Franz-Josef Wagner, Anm.d.Übers.) – stürmte gestern Morgen bei „Good Morning Britain“ (britisches Frühstücksfernsehen, A.d.Ü.) hinaus, nachdem er seine Abneigung gegen Meghan Markle geäußert und versucht hatte, die Bedenken gegen die königliche Familie herunterzuspielen.

Dies führt zu einem Schlüsselproblem. Während Meghan Markle das Leben eine Millionärin führt, das in vielerlei Hinsicht von den Erfahrungen vieler anderer unterdrückter Menschen und Menschen aus der Arbeiter*innenklasse entfernt ist, ist es diese Erfahrung, abgelehnt und in Frage gestellt zu werden und sich als Außenseiterin zu fühlen, die sie mit Millionen Menschen teilt, die täglich Rassismus, Frauenfeindlichkeit und psychische Probleme erleben. Und die große Mehrheit der Menschen hat nicht die materiellen Mittel, um dem irgendwie zu entkommen und es auf die Art bloßzustellen, wie es Harry und Meghan tun!

Der Kapitalismus und überholte vorkapitalistische Institutionen wie die Monarchie horten Macht und Reichtum um einige wenige Auserwählte herum und lassen diese glauben, sie seien unantastbar. Es ist leicht zu erkennen, welche Werkzeuge die 1% benutzen, um ihren Reichtum weiter zu vergrößern und Macht und Reichtum von denen fernzuhalten, denen sie eigentlich gehören.

Die Rolle der Medien

Durch Victim Blaming und extrem einseitige Darstellung wollen die kapitalistischen Medien die öffentliche Aufmerksamkeit von den wirklichen, tiefgreifenden Problemen innerhalb der Gesellschaft ablenken. Dies ist beim besten Willen kein tragfähiges System. Solange der Kapitalismus existiert, werden Menschen zum Schweigen gebracht und dämonisiert, nur um die 1% an der Spitze zu halten.

Die Aussagen des Paares spiegeln den jahrelangen, tief verwurzelten Rassismus in den britischen Medien wider und zeigen deutlich, dass Institutionen wie das Königshaus auf Elitedenken, Privilegien und der Unterdrückung anderer aufgebaut sind.

Für uns Sozialist*innen steht die Monarchie im Widerspruch zu allem, an das wir glauben. Die Idee, dass eine Person mit dem Recht zu herrschen geboren werden kann, ist rückständig und hat keinerlei Platz in der Zukunft, für deren Aufbau wir kämpfen.

Gewöhnliche arbeitende Menschen und all jene, die Unterdrückung erfahren, müssen die Menschen sein, die entscheiden dürfen, wie wir die Gesellschaft führen und was mit dem Reichtum geschieht, auf dem die Kapitalist*innen sitzen. Wir können nicht blind ein paar Wenigen vertrauen, die keinerlei echte Erfahrung mit der Welt haben, die sie kontrollieren.

Der Kapitalismus ist schuld

In den Jahren, in denen Meghan Markle einen „guten Ruf“ hatte, schien die königliche Familie sie zu nutzen, um die Monarchie als „fortschrittliche“ Institution darzustellen und zu „modernisieren“, mit einer Frau of Colour in einer hohen Position. Doch alles, was sie dadurch erreicht haben, ist zu zeigen, dass das gegenwärtige System durch und durch verdorben ist.

Das kapitalistische System hat nie – und wird nie – ohne eine Unterscheidung zwischen „uns“ und „ihnen“ existieren. Unter dem vernichtenden Schlag der Pandemie beginnen die Menschen dies zu begreifen. Das derzeitige System ist in jeder Hinsicht unhaltbar. Wir brauchen eine Veränderung.

Es wurde behauptet, dass die Hochzeit von Meghan Markle mit Prinz Harry der Welt signalisieren sollte, wie wir uns als Gesellschaft weiterentwickeln. Stattdessen hat sie gezeigt, dass das System immer wieder in rassistische und elitäre Rhetorik verfällt, selbst wenn man ihm die Chance gibt, sich vorwärts zu bewegen.

Aber als Marxist*innen und Sozialist*innen können wir zeigen, dass wir wirklich die Macht haben, die Dinge zu verändern. Es ist wichtig, dass wir uns mit denjenigen solidarisieren, die sich gegen Rassismus und Sexismus aussprechen – auch mit denen, die aus elitären Kreisen kommen. Aber das zu tun, erfordert einen kompromisslosen sozialistisch-feministischen Ansatz, der gegen Rassismus, Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vorgeht, zur gewerkschaftlichen Organisierung aufruft und den schwachen Faux-‚Feminismus‘ und ‚Antirassismus‘ der herrschenden Klasse entlarvt.

Wir werden niemals in der Lage sein, diese Probleme richtig anzugehen, solange wir nicht das System in Frage stellen, das die Bedingungen dafür schafft, dass diese Unterdrückungen stattfinden kann. Wir müssen für eine demokratische, sozialistische Gesellschaft kämpfen, in der alle Menschen, egal welcher Herkunft, in der Lage sein werden, sich gegen Unterdrückung auszusprechen, ohne dafür bestraft zu werden