Fr 01.06.2012
Am 22. März gingen in Montreal, Kanada, über 200.000 Studierende gegen eine Erhöhung der Studiengebühren, beantragt von der liberalen Regierung unter Jean Charest, auf die Straße. Die geplante Erhöhung beläuft sich auf satte 75%. Sie würde Studierende aus ArbeiterInnenfamilien (die ihr Studium heute bereits mit durchschnittlich knapp 11.000 Euro Schulden beenden) hart treffen, wenn nicht sogar zur Gänze vom Zugang zur Universität abschneiden. Laut einem Flugblatt der Alternative Socialiste (CWI in Quebec) befinden sich derzeit über 215.000 StudentInnen auf unbestimmte Dauer im Generalstreik. Die Regierung argumentiert, dass hinreichende finanzielle Mittel für die Bildung fehlen würden, weswegen die Studierenden dieses Defizit durch Gebühren ausgleichen müssten. Sie verliert allerdings kein Wort über UniversitätsrektorInnen, die zum Teil Gehälter jenseits der 230.000 Euro im Jahr beziehen. Sie unternimmt auch nichts gegen die Steuerhinterziehung, durch die dem Staat durchschnittlich fast zwei Milliarden Euro jährlich verloren gehen.
Es gab mehrere Versuche von Seiten der Regierung, die streikenden StudentInnen in Misskredit zu bringen. Sie würden „ihren Beitrag an der Gesellschaft nicht leisten“ und wären daher im Unrecht. Hinter den Kulissen zeigt sich jedoch, dass mit allen Mitteln versucht wird, die DemonstrantInnen einzuschüchtern. So kam Pfefferspray gegen friedliche DemonstrantInnen zum Einsatz, im Stadtzentrum von Montreal wurden die Streikenden von der Polizei sogar mit Granaten beworfen, wobei Francis Grenier, ein Student, schwer verletzt wurde. All diesen Einschüchterungsversuchen des Staatsapparates zum Trotz bleiben die StudentInnen standhaft. Ein Sieg der DemonstrantInnen und ein Nachgeben des Staates wäre ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der StudentInnenbewegungen von Québec. Schon zwei Mal (1996 und 2005) war die Regierung gezwungen, die geplanten Erhöhungen der Studiengebühren aufgrund von Protesten zurückzuziehen. Die StudentInnenbewegung in Quebec ist ein großartiges Beispiel dafür, wie Massenproteste gegen staatliche Repression, Kürzungen und Gebühren aussehen können und sollte hierzulande ebenfalls zur Aktivität anregen.