"Power of Politics" statt "Power of Workingclass"

Ein Computerspiel, in dem keine fremden Planeten besiedelt oder Mohrhuhnjagden durchgeführt werden
Pia Abel

In "Power of Politics" – kurz "PoP" – wird  "Politik gemacht". Entwickelt von einem Politikwissenschafter und einem Programmierer wurde das Browsergame am 28.November 2005 online gestellt.

Politik ist populär

Schon in den ersten 7 Wochen war die 10.000er-Grenze an SpielerInnen fast erreicht, mittlerweile haben sich fast 20.000 Menschen eine/-n virtuelle/-n PolitikerIn kreiert . Das Ziel ist: möglichst viele Stimmen bei den sonntäglichen Wahlen zu ergattern. Hierzu kann man entweder eine eigene Partei gründen oder einer Bestehenden beitreten. Gekämpft wird zunächst auf Bezirksebene, später ist der Aufstieg auf Landes- und Bundesebene möglich. Zentrale Elemente des Aufstiegs und Falls der PolitikerInnen sind die persönlichen Termine, einzutragen im Terminkalender, der Wahlkampf mit professionellen Teams, Diskussionen mit KonkurentInnen, die Entwicklung eines  "EGOs" und der Aufbau eines MitarbeiterInnenstabes. Die Schwelle mitzuspielen ist extrem niedrig: niemand muss sich bei Themen wirklich auskennen.  Daraus erklärt sich - neben der Sehnsucht, auch einmal "Power" zu haben und "Politics" zu machen - auch der hohe Grad an Beteiligung.  

Popularität: die Macht der Medien

In diesem Spiel geht es um viel: nur nicht um Inhalte. Für das Ergebnis bei den Wahlen zählt ausschließlich "Popularität": zentral ist hierbei die Berechnung des "Medienwertes" einer/-s Politikerin/-s, der sich unter anderem aus den gesammelten "Öffentlichkeitspunkten" und "Wissenspunkten" und deren Widerspiegelung in den Medien zusammensetzt. Hierzu wird die Dichte realer Schlagzeilen von den wichtigsten Zeitungen bzw. Internetdienste ausgewertet, welche sich ständig ändert. Die PoltikerInnen können sich in 18 Themen positionieren, diese reichen von "Natur und Umwelt" über "Arbeit" bis "Sicherheit und Recht". Was jede/r Einzelne mit diesen Themen inhaltlich verbindet ist vollkommen irrelevant. Politik ist einzig allein eine Frage des Images, der Popularität.

Luftballons und Lebensqualität

Mützen, T-Shirts, Luftballons, Clowns, Gulaschkanonen können die heiß umkämpften WechselwählerInnen überzeugen: ein Erfolg, der abhängig davon ist, wie viel Geld investiert wird. Außerdem kommt es darauf an, wie gut die Themen des Wahlkampfes laut Umfragen im jeweiligen Quadranten des Wahlkampfes bei der Bevölkerung vor Ort ankommen. Relevant sind wiederum nur die "schlechtesten Themen" des Bezirks, ohne das auf deren Lösung und politische Strategien Rücksicht genommen wird: in den Gebieten gibt es nämlich ein Ranking der Lebensqualität, welches abhängig davon ist, in welcher Koalitionstärke  und  -disziplin die MandatarInnen Gesetze verabschieden. Für Koalitionen gilt: Sowohl Minderheitsregierung als auch "Variante Machtrausch" ist schlecht. "Streiks" und "Soziale Spannungen" bedeuten für "die Lebensqualität" ebenso ein großes Minus. Für die Methoden der ArbeiterInnenbewegung ist in diesem Spiel leider kein Platz.

Politik: Ergebnis der "freien Kräftespiels"

Die Parteien in PoP schweben über den Klasseninteressen - belohnt wird Pragmatismus, Medienkonformität und eine gute Organisation des Terminkalenders. Streiks und Demonstrationen haben nur dann Einfluss auf die Politik, wenn Schlagzeilen über sie berichten. Ebenso werden Phänomene wie Politikverdrossenheit und Rechtsextremismus ignoriert, die ja durchaus ihre Ursachen im "PoP"-Verständnis der etablierten Parteien im richtigen Leben (RL) haben. Auch spielen potente GeldgeberInnen für die Parteien keine Rolle: Parteien wie "Vereinigte Linke - SozialistInnen International" verfügen über denselben Zugang zu Ressourcen, wie die "Liberale Partei der Onlinemanager". Dieses "freie Spiel der Kräfte" ist natürlich nur im virtuellen Raum politische Praxis und eine der liberalen Grundannahmen dieses Spiels.

PoP statt Solitaire

Trotz dieses oberflächlichen Zugangs gibt es aber auch Platz für inhaltliche Diskussionen und es ergeben sich mannigfaltige Kontaktmöglichkeiten über "Handys" und Foren im virtuellen Raum. Gegenüber eher isolierenden Computerspielen ist PoP ein soziales Ereignis: aber eine Art "Brechtsches Lehrstück", in dem durch die Spielregeln immer wieder Brüche mit politischen Prinzipien und Grundsätzen der AkteurInnen hervorgerufen werden. Fragen, wie: "mit wem koalieren?", "gibt es ein Parteiprogramm?", "wer kandidiert für den Vorsitz?", "sind Namen nur Schall und Rauch?" prallen auf die Inhaltsleere des Spiels und führen zu hitzigen Debatten. Darüber hinaus gibt es im "Gebietsforum" die Möglichkeit, sich mit rassistischen Vorurteilen auseinander zu setzen, während im "Parteiforum" eine Diskussion über "Reform oder Revolution" im Gange ist - alles in allem spannende Nebeneffekte des Spiels, die den Alltag ein wenig auffrischen können. Mit anderen Worten handelt es sich bei PoP um eine nette Alternative zu "Solitaire" im wahrsten Sinne  - die Beteiligung daran kann den Aufbau einer Partei für Jugendliche, ArbeitnehmerInnen und Arbeitslose im richtigen Leben aber natürlich nicht ersetzen.

www.powerofpolitics.com

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