Phänomen “Rechtsrock”

Keinen Raum für rechte Propaganda!
Sebastion Kugler

Musik war schon immer ein beliebtes und effektives Medium um politische oder religiöse Überzeugungen weiterzugeben. In der Pop-Musik gibt es seit ihrem Bestehen ein klares Übergewicht der antifaschistischen und antikapitalistischen Texte und KünstlerInnen. Rechtsextreme, nationalistische oder faschistische MusikerInnen konnten sich bisher wenig bis gar nicht mit ihren menschenverachtenden Texten im Mainstream behaupten. Aber auch der dümmste Skinhead kommt irgendwann auf die Idee, dass er seine Ideologie mit einer Gitarre vielleicht besser anbringt als mit einem Baseballschläger.

Phänomen "Rechtsrock"

Die 1980er Jahre markierten den Anfang des so genannten "Rechtsrock". Die britische Band "Skrewdriver" war der Vorreiter der internationalen "Blood and Honour" Szene, und bald erreichte das Phänomen "Rechtsrock" auch Deutschland. Die Platte "Der nette Mann" von der Band "Böhse Onkelz" war die erste Rockplatte, die wegen nationalsozialistischer Inhalte beschlagnahmt wurde. Auf ihr finden sich unter anderem Textstellen wie: "Wir sind die bösen Jungs/und herrschen mit der Rechten/wir sind die Herrscher und die Könige der Macht/gemeinsam werden wir die Welt regieren/…/heute gehört uns Deutschland, morgen die ganze Welt." Die "Onkelz" distanzierten sich nach einiger Zeit von dieser Platte, sie verdienen jedoch nach wie vor an ihr.
In den 1980er Jahren blieb rechtsextreme Musik jedoch ein Randgruppenphänomen. Das Epizentrum des Rechtsrock markierte damals das rechtsextreme Plattenlabel "Rock-O-Rama". Im Zuge von starkem antifaschistischen Widerstand verlor das Label jedoch an Bedeutung. Rechtsextreme Musik war deshalb nicht tot, im Gegenteil. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands radikalisierte sich die rechte Musikszene zunehmend. Es gab einige, im Musikbusiness erfolgreiche rechte Bands, zum Beispiel "Störkraft", die Anfang der Neunziger Jahre sogar im Fernsehen auftreten konnte. Andere, wie zum Beispiel "Landser", versuchten erst gar nicht, eine Indizierung ihrer Platten zu verhindern, verherrlichten unverhohlen den Nationalsozialismus und riefen zur Gewalt gegen MigrantInnen auf. Heute erleben wir, dass rechtsextreme Musik so stark ist wie selten zuvor. Schätzungen zufolge veröffentlichten circa 380 deutsche Bands im Zeitraum zwischen 1990 und 2004 annähernd 1.000 Rechtsrock-Platten.

"Schulhof-CDs"

Rechtsradikale Musik gilt als “Einstiegsdroge” in die rechte Szene, das wissen auch die Nazis. In Deutschland versuchten 2004 Rechtsradikale aus dem Lager der "freien Kameradschaften", durch so genannte "Schulhof-CDs" SchülerInnen mit ihrem Gedankengut zu infizieren. Sie verteilten vor Schulen einen Sampler mit dem Namen "Anpassung ist Feigheit. Lieder aus dem Untergrund". Auf ihm befanden sich Songs von einschlägigen rechtsextremen Bands wie "Noie Werte", "Frontalkraft" oder "Spirit of 88". Nachdem der Sampler verboten worden war, boten die Nazis ihn auf einer Website zum Download an und machten die Jugendlichen durch Plakataktionen nahe der Schule darauf aufmerksam. Die Rechtsradikale NPD nahm diese Idee sofort auf und produzierte für die Wahlen für den sächsischen Landtag eigene Schulhof-CDs, die vor allem das "junge Wählerpotential" ansprechen hätten sollen. Ihr Sampler "Schnauze Voll? Wahltag ist Zahltag!" enthält Songs derselben "Künstler", die bereits auf der ersten Schulhof-CD zu finden waren. Auch für den Bundestagswahlkampf 2005 verteilte die NPD über 20000 Exemplare des Samplers "Der Schrecken aller linken Spießer und Pauker". Wieder waren beinahe dieselben Bands darauf vertreten wie bei der letzten Verteilaktion.

Salonfähiges Spiel mit faschistischer “Ästhetik”?

Es gibt jedoch auch Bands, die sehr wohl im Mainstream erfolgreich sind und mit zweifelhaften Attitüden auf sich aufmerksam machen. "Rammstein" beispielsweise spielen sehr mit faschistischer “Ästhetik”. In dem Video zu ihrem Song "Stripped" (einem "Depeche Mode"-Cover) verwenden sie Bildmaterial von Leni Riefenstahl. Auf ihr Spiel mit der NS-”Ästhetik” antworten "Rammstein", dass sie nicht ins rechte Eck gestellt werden wollen und dass das ganze eher als Provokation gedacht war. 2001 veröffentlichten "Rammstein" den Song "Links 2 3 4" mit dem sie sich von allen Anschuldigungen distanzieren und zeigen wollen, dass sie "links" sind. Von Projekten wie "Rock gegen Rechts" halten sie sich jedoch trotzdem fern. Vielleicht aus Angst, einen Teil ihrer Hörerschaft zu vergrämen. Rechtsextreme Musik wird auch in Zukunft ein Problem sein - solange die rechte Szene nicht auf allen Gebieten offensiv ausgegrenzt und bekämpft wird.  Jugendliche müssen hier selbst aktiv werden: Kein Raum, keine Sendezeit, keine Bewerbung, kein Plattenverkauf (...) für Rechtsrocker!

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