Fr 12.04.2013
Wieder wurden Interessen von Staat und Wirtschaft, die arbeitenden Menschen nichts nützen, mit blanker Gewalt durchgesetzt. Wieder wurden Menschen, die vor Armut, Gewalt, Terror und Verfolgung geflüchtet sind mit erheblichem Aufwand gegen ihren Willen nach Nigeria deportiert, von wo sie geflohen waren. 50-100 Menschen versammelten sich am Donnerstag, 11.4.2013, vor dem Polizeianhaltezentrum (PAZ) Rossauer Lände in Wien, um gegen diese Grauslichkeit zu protestieren. Schon im Vorfeld scheute die Polizei keinen Aufwand, die Deportation sicherzustellen und durchzusetzen. Offenbar wird nun bereits bei jeder Abschiebung mit großem Protest gerechnet. Bereits vor 18.00 Uhr waren etwa hundert PolizistInnen rund um das Gebäude bis zur U-Bahn-Station aufgestellt und der gesamte Gehweg vor dem Gebäude mit Tretgittern abgesperrt sowie entlang des gesamten Gebäudes Polizeifahrzeuge abgestellt.
Die DemonstrantInnen zeigten Solidarität mit den InsassInnen des PAZ und den zu deportierenden Menschen, protestierten lautstark gegen Deportationen und forderten Bleiberecht, Schutz und Menschlichkeit für alle, die das brauchen. In Reden wurde besonders die Situation in Nigeria thematisiert und darauf aufmerksam gemacht, dass es jedem Verständnis von Menschenrechten entbehrt, wenn Menschen in ein Land deportiert werden, wo ihnen Armut, Verfolgung, Tod und Gewalt drohen.
Die aktuelle Flüchtlingsbewegung in Wien gab ein weiteres Zeichen von sich. Dass hier nicht wie ständig behauptet wird, „gewaltbereite Berufsdemonstranten“, sondern Menschen protestieren, denen es um die Verhinderung von Gewalt geht, zeigte sich z.B. daran, dass eine gutbürgerliche etwa 50jährige Frau ihrer Verzweiflung Ausdruck gab, indem sie den PolizistInnen wiederholt sagte, Deportationen sind vor 75 Jahren geschehen und dass sie sich schämen sollen.
Vor 22.00 Uhr kamen etwas mehr DemonstrantInnen und die Polizei zeigte steigende Nervosität und erhöhte Gewaltbereitschaft. Es wurden die Helme aufgesetzt und eine Kette entlang der Rossauer Lände gebildet. Für einen Bus, in dem sich vermutlich Deportierte befanden, wurde der Weg brutal freigeprügelt.
Später wurden weitere Ketten gebildet, mit denen auch die Seitengassen abgesperrt wurden. Schließlich stürmten PolizistInnen blitzschnell auf DemonstrantInnen zu, prügelten auf sie ein, räumten sie auf die Seite, um den Weg für weitere zwei Busse freizumachen, die dann wegfuhren. Die Deportationen konnten also offenbar plangemäß und ohne Verzögerung durchgeführt werden, wenn auch mit sehr großem Aufwand. Kurz darauf wurden etwa 20 DemonstrantInnen von der Polizei eingekesselt, teilweise zu Boden gebracht und einige festgenommen. Der Grund dafür und was die Betroffenen angestellt haben sollen, bleibt im Dunkeln.
Der polizeiliche Zugang zu Menschen zeigte sich daran, dass ein Befehl deutlich hörbar lautete, „immer drei Stück“ aus dem Kessel herauszulassen und die Personalien aufzunehmen. AktivistInnen der SLP waren ständig vor Ort und nahmen am Protest teil, weil Deportationen nicht nur moralisch unakzeptabel sind, sondern weil Flüchtlinge, AsylwerberInnen, MigrantInnen vor allem ArbeiterInnen sind und staatlicher Rassismus dazu dient, Interessen von Wirtschaft und etablierter Politik auf Kosten von ArbeiterInnen durchzusetzen, indem ArbeiterInnen nach rassistischen Merkmalen gespalten werden, was uns allen schadet. Wir blieben schließlich, bis die letzten Festgenommenen freigelassen wurden.
Es hat sich gezeigt: Im Kapitalismus sind Menschenrechte nur ein Lippenbekenntnis und gelten nur solange, wie Profite nicht gefährdet sind. Der Staat rüstet auf gegen ArbeiterInnen, wenn Profite in Gefahr sind. Der Aufwand, der hier getrieben wurde, war riesig und es zeigt sich, dass der Aufwand für Deportationen ständig erhöht wird. Das zeigt aber auch, dass der Widerstand ernstgenommen wird, in vielen Fällen auch erfolgreich ist und deshalb weitergeführt und ausgeweitet werden muss.