,Mei Favoriten is ned deppat‘ – Nein zur rassistischen Hetze!

von Celina Brandstötter

Der 10. Wiener Gemeindebezirk Favoriten gilt bereits seit längerem als  ,Neukölln 2.0’, Negativschlagzeilen mit rassistischem Ton um Wiens einwohner*innenstärksten Bezirk häufen sich jedoch seit Jahresbeginn zunehmend. In Zentrum stehen hierbei vor allem Delikte wie Körperverletzung, Diebstähle, Drogenhandel oder sexualisierte Übergriffe, die durch die Polizei vermeldet werden. Diese Probleme im Bezirk sind ernstzunehmen, sie werden jedoch einerseits medial überzeichnet, andererseits politisch und medial ganz klar mit einer ,außer Kontrolle geratenen’ Migrations- und Asylpolitik in Verbindung gebracht. Mehr Polizei im Bezirk oder eine neue Waffenverbotszone werden keine längerfristige Lösung für soziale Probleme im Bezirk sein. Letztlich sind sie auch Mittel zum Zweck, um zusätzlich rassistische Vorurteile und antimuslimischen Rassismus zu schüren, der Favoriten spalten soll. 

Der Stadtpolitik sind Frauen und Favoriten egal!

Sowohl FPÖ und ÖVP nutzen Vorfälle im Bezirk in der derzeitigen Vorphase zur Nationalratswahl gezielt, um soziale Probleme mit dem Bild des nicht integrierbaren migrantischen Jugendlichen zu verbinden. Neben rassistischer Hetze (,Selbst Ausländer warnen vor diesen Örtlichkeiten’) fordern beide Parteien einen massiven Ausbau der Polizei im Bezirk. Die ÖVP fordert zudem die Senkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre. Etliche Forderungen der ÖVP und FPÖ stellen ganz klar muslimische migrantische Jugendliche per se als Gruppe gefährlicher potenzieller Straftäter*innen dar. Diese Hetze ist nicht nur gefährlich für Migrant*innen und spaltet die Gesellschaft - sie soll auch von der eigenen Rolle im System von Armut und Perspektivlosigkeit ablenken. Doch auch Wiens Regierungsparteien, die SPÖ und NEOS (früher auch die Grünen), sind mitverantwortlich für die soziale Misere, in der sich besonders Migrant*innen in einem von Wiens ärmsten Bezirken befinden: Mangelnder und teils schlecht instand gehaltener geförderter Wohnraum sowie fehlende schulische Strategien zur psychosozialen Unterstützung während Krisen wie der Corona-Pandemie sind hier nur einige Beispiele. Echte Lösungen von der Stadtregierung? Fehlanzeige. Stattdessen fordern auch SPÖ und Neos mehr Polizeipräsenz. 

Soziale Perspektiven statt rechter Hetze!

Wer Kriminalität in Favoriten wirklich beenden will, muss sich den realen sozialen Problemen und der gesellschaftlichen Ausgrenzung von migrantischen Menschen in Wien widmen. Gerade in Zeiten der kapitalistischen Mehrfachkrisen sind besonders für junge Menschen Zukunftsängste und psychische Belastung allgegenwärtig. Armut und soziale Isolation von der sogenannten ,Leitkultur’ treffen insbesondere Migrant*innen. Nicht zufällig sind die ärmsten Bezirke Wiens auch jene mit den höchsten Migrant*innenanteil. Sie brauchen echte Zukunftsperspektiven, die ihnen sichere Jobs, Wohnraum und genügend Geld zum Leben bieten. Für solche Perspektiven braucht es aber auch eine Politik abseits kapitalistischer Sachzwänge und rechter Hetze. 

Info:

Ein Blick in die polizeiliche Statistik zu Strafdelikten zeigt, dass Favoriten in seiner Kriminalitätsrate durchaus mit Städten wie Linz oder Innsbruck vergleichbar ist. Diese weisen bei gleicher Einwohner*innenanzahl eine ähnlich hohe statistische Kriminalitätsrate auf. Ebenso zeigt der Vergleich verschiedener Wiener Bezirke, dass bei Favoriten nicht von DEM ,Problembezirk’ gesprochen werden kann. Bemessen an der Einwohner*innenzahl liegen in der allgemeinen Kriminalitätsstatistik Bezirke wie Mariahilf oder Alsergrund vorne. Bei spezifischen Delikten wie Gewalttaten befinden sich der 16. und 2. Bezirk an der Spitze. In Favoriten selbst sind neben dem ‚verschrieenen'  Reumannplatz vor allem der Hauptbahnhof Wien und das Fußballstadion der Wiener Austria Konfliktzonen, in denen Straftaten gemeldet werden.   

 

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