Di 13.04.2021
Trotz der Drohung des MAN-Konzerns, das Werk in Steyr zu schließen, wenn die Belegschaft bei der Urabstimmung gegen eine Übernahme stimmt, erteilten zwei Drittel der Beschäftigten Siegfried Wolfs Kahlschlags-Plänen eine klare Abfuhr. Im Gegensatz zu Minister*innen wie Kocher oder Schramböck sahen sie keine „positive Zukunft“ oder „Sicherung der Arbeitsplätze“ in der Kündigung fast der halben Belegschaft und Lohnverlusten für den Rest. MAN erklärte erwartungsgemäß, das Werk jetzt schließen zu wollen. Ohne eine Strategie, mit welchen Kampfmitteln und Methoden das Werk verteidigt werden kann, droht die richtige Entscheidung, den WSA-Deal abzulehnen, nachträglich zur Katastrophe der Werkschließung zu führen.
Gewerkschaft bisher ohne echte Kampfstrategie - doch es ist noch nicht zu spät!
Betriebsrat und ÖGB können weiterhin keine solche Strategie vorlegen. Die Abstimmung wäre ein Anlass für eine breite Kampagne gegen WSA-Deal und die Werkschließung gewesen. Stattdessen verzichteten die Belegschaftsvertreter*innen sogar auf eine klare, öffentliche Positionierung und „signalisierten“ nur Ablehnung gegen den Deal mit Wolf. Sofort nach der Abstimmung kehrten sie zum Mantra der notwendigen „konstruktiven Verhandlungen“ und zum Appellieren an den MAN-Konzern und seine „große Verantwortung für die Region“ zurück. Das grenzt an Realitätsverweigerung. Offenbar glauben Katzian, Wimmer, Schwarz & Co., in Steyr einen ähnlichen Deal wie die IG Metall in Deutschland erreichen zu können. Aber dieser Deal zwischen IG Metall und MAN schadet nicht nur 3.500 Kolleg*innen, die in Deutschland ihre Jobs verlieren. Er bedeutet auch, dass ein standortübergreifender Kampf schwieriger wird und schwächt die dadurch isolierte Steyrer Belegschaft. Das macht einen Kampf um eine Lösung im Interesse der Belegschaft schwieriger und auch einen miesen Deal mit Stellenstreichungen, Zugeständnissen bei Löhnen und Arbeitsbedingungen, aber Erhaltung des Werkes innerhalb des VW-Konzerns, wie ihn der Betriebsrat offenbar anstrebt, immer unwahrscheinlicher. Vor allem, wenn sich Betriebsrat und ÖGB auf moralische Appelle und das Einklagen des Standortsicherungsvertrages beschränken und das stärkste Druckmittel der Belegschaft weiterhin ignorieren: Ein Streik, der die Produktion lahmlegt und den Konzern trifft, wo es ihm weh tut: Bei den Profiten. MAN bzw. VW ist kein maroder Konzern und nach wie vor auf die Produktion aus dem Steyrer Werk angewiesen - ein Streik inklusive Blockade der Lager kann daher echten ökonomischen Druck aufbauen. Der vergangene Warnstreik hat gezeigt, wie groß die Solidarität mit der Beschäftigten ist. Von der Bevölkerung der Region und Belegschaften anderer Betriebe können die MAN-Arbeiter*innen sicher auf große Solidarität zählen.
Mit einer echten Kampfstrategie ist es immer noch möglich, alle Jobs, Löhne und Arbeitsbedingungen bei MAN Steyr zu verteidigen. Doch selbst um die Werkschließung bzw. massiven Stellenabbau und Lohnkürzungen zu verhindern, ist eine entschlossene, kämpferische Bewegung nötig. Eine solche Bewegung kann nur von der Belegschaft ausgehen und sollte demokratisch von den Beschäftigten kontrolliert werden: Betriebs- und Streikversammlungen, die demokratisch über Forderungen, Kampagnen- und Kampfmethoden diskutieren und Urabstimmungen der Belegschaft zu möglichen kommenden Übernahmeangeboten oder Kompromissvorschlägen des Konzerns.
Alternative: Echte Verstaatlichung
Aber die Sackgasse durch die Wolf-Pläne zeigen auch das Elend der meisten Übernahmepläne: Wenn neue Investor*innen das Werk übernehmen, dann nur, um möglichst viel Profite zu machen. Das wird so gut wie sicher zu Verschlechterungen für die Kolleg*innen führen.
Deshalb muss die Option einer echten Verstaatlichung auf den Tisch. Die Regierung hat in den letzten Monaten zig Milliarden an Unternehmen verteilt, die dann oft trotzdem Beschäftigte entlassen haben. Aktuell diskutiert die Bundesregierung z.B. über einen sogenannten Wiederaufbauplan, für den auch EU-Gelder zur Verfügung stehen, die Verstaatlichung und Umrüstung wäre eine sinnvollere Investition zur Rettung von Arbeitsplätzen als irgendwelche Boni für Konzerne. Es spricht nichts dagegen, dass der Staat das Werk mit der hochqualifizierten Belegschaft übernimmt, doch es braucht eine echte und volle Übernahme des Werkes durch die öffentliche Hand unter Kontrolle und Verwaltung der Belegschaft. Dann könnte die Produktion auch unter Kontrolle der Beschäftigten in Richtung Energiewende umgerüstet werden.
Diese Forderung muss Teil des Kampfes sein. Und sogar wenn Forderungen nach Verstaatlichung nicht erfüllt werden: Je entschlossener die Belegschaft und je klarer die Kampfstrategie ist, umso besser sind ihre Karten in jeder Verhandlung: Sei es für eine Verstaatlichung, bei einer Übernahme, oder wenn der Betrieb durch die Beschäftigten selbst weitergeführt wird. Das haben auch internationale Erfahrungen gezeigt.
SLP-Flugblatt:
MAN Steyr: Wie weiter nach der Urabstimmug?
Zwei Drittel der Beschäftigten erteilten Siegfried Wolfs Kahlschlags-Plänen eine klare Abfuhr. Gut so! Aber ohne eine Strategie, mit welchen Kampfmitteln und Methoden das Werk verteidigt werden kann, besteht die Gefahr, dass der VW-Konzern seine Drohung wahrmachen und das Werk schließen kann.
Können Betriebsrat und ÖGB eine solche Strategie vorlegen? Die Abstimmung wäre ein Anlass für eine breite Kampagne gegen WSA-Deal und die Werkschließung gewesen. Stattdessen verzichteten die Belegschaftsvertreter*innen sogar auf eine klare, öffentliche Positionierung, auch wenn sie Ablehnung gegen den Deal mit Wolf signalisierten. Sofort nach der Abstimmung kehrten sie zum Mantra der notwendigen „konstruktiven Verhandlungen“ und zum Appellieren an den MAN-Konzern und seine „große Verantwortung für die Region“ zurück. Grenzt das nicht an Realitätsverweigerung? Glauben Katzian, Wimmer, Schwarz & Co., in Steyr einen ähnlichen Deal wie die IG Metall in Deutschland erreichen zu können? Dieser Deal zwischen IG Metall und MAN schadet nicht nur 3.500 Kolleg*innen, die in Deutschland ihre Jobs verlieren. Er bedeutet auch, dass ein standortübergreifender Kampf schwieriger wird und schwächt die dadurch isolierte Steyrer Belegschaft. Das macht einen Kampf um eine Lösung im Interesse der Belegschaft schwieriger und auch einen miesen Deal mit Stellenstreichungen, Zugeständnissen bei Löhnen und Arbeitsbedingungen, aber Erhaltung des Werkes innerhalb des VW-Konzerns, wie ihn der Betriebsrat offenbar anstrebt, immer unwahrscheinlicher. Vor allem, wenn sich Betriebsrat und ÖGB auf moralische Appelle und das Einklagen des Standortsicherungsvertrages beschränken. Wurde das stärkste Druckmittel der Belegschaft bisher nicht ignoriert? Ein Streik, der den Konzern trifft, wo es ihm weh tut, bei den Profiten? Die fährt er mit täglich neu in Steyr gefertigten LKWs weiterhin ein. Der Warnstreik im Oktober hat gezeigt: Auf die Solidarität der Bevölkerung und der Belegschaften anderer Betriebe können die MAN-Arbeiter*innen zählen.
Wir glauben, es ist möglich, das Werk, alle Jobs, Löhne und Arbeitsbedingungen bei MAN Steyr zu verteidigen. Doch dafür ist eine entschlossene Bewegung nötig!
Alternative: Echte Verstaatlichung
Die Wolf-Pläne zeigen das Problem der meisten Übernahmepläne: Neue Investor*innen übernehmen das Werk nur, um möglichst viel Profit zu machen. Führt das nicht praktisch sicher zu Verschlechterungen für die Kolleg*innen?
Warum ist die Forderung nach Wiederverstaatlichung noch nicht am Tisch? Die Regierung hat in den letzten Monaten zig Milliarden an Konzerne verteilt, die dann oft trotzdem Beschäftigte entlassen. Wegen öffentlicher Gelder und der Leistung der Belegschaft in den letzten Jahrzehnten gehört das Werk ohnehin eigentlich längst uns allen. Was spricht gegen ein volle staatliche Übernahme des Werks mit der hochqualifizierten Belegschaft? Die Produktion könnte so unter Kontrolle der Beschäftigten in Richtung Energiewende umgerüstet werden.
Sicher ist: Je entschlossener die Belegschaft und je klarer ihre Kampfstrategie ist, umso besser sind ihre Karten in jeder Verhandlung: Sei es für eine Verstaatlichung, eine Übernahme, oder wenn der Betrieb durch die Beschäftigten selbst weitergeführt wird. Das haben auch internationale Erfahrungen gezeigt.
Rückseite Flugblatt:
Betriebsrat und Gewerkschaften fordern seit sieben Monaten konstruktive Verhandlungen mit der Konzernzentrale – und werden ignoriert. Warum nicht den Konzern zum Verhandeln zwingen? Wer nicht hören will, muss fühlen!
Die Auftragslage ist gut, jede Stunde, die das Steyrer Werk nicht produziert, kostet VW Profite.
Ein eintägiger Vollstreik; die Forderung, die Werkschließung sofort vom Tisch zu nehmen; und die Ankündigung eines zweitägigen Vollstreiks als nächsten Schritt in der folgenden Woche, wenn der Konzern kein brauchbares Angebot zur Fortführung der Produktion in Steyr macht und einer weiteren Eskalationsstrategie wenn der Konzern nicht einlenkt. Streiks sind weder verboten noch “unklug” - sie sind offensichtlich die einzige Möglichkeit, wie die Belegschaft zu ihrem Recht kommt! Rechtlich ist das kein Problem. Es gibt kein Gesetz, das Streiks verbietet.
Gewerkschaftsführung und viele Betriebsrät*innen sind gewohnt, Entscheidungen über die Köpfe der Kolleg*innen hinweg zu treffen. Aber entscheiden, was nötig ist für einen erfolgreichen Arbeitskampf müssen und können die Beschäftigten selber!
Regelmäßige, am besten tägliche, Betriebs- bzw. Streikversammlungen bieten die Möglichkeit, jeden Schritt gemeinsam zu entscheiden und damit stärker zu werden. Wann und in welcher Form sind Streiks und Demonstrationen sinnvoll? Wie können Solidaritätskomitees von Kolleg*innen aus anderen Betrieben und der Bevölkerung aufgebaut werden, wie können sie den Kampf unterstützen? Kann es notwendig werden, den Betrieb zu besetzen, um den Abtransport von Maschinen zu verhindern? Sind Aktionsteams wie beim AUA-Streik 2003 sinnvoll (damals waren 130 Kolleg*innen in solchen Teams engagiert), oder ein Streikkomitee, das unabhängig vom Betriebsrat handeln kann und der Belegschaft gegenüber rechenschaftspflichtig ist? Welche Kolleg*innen werden zu den Verhandlungen mit der Konzernleitung entsandt? Wie sind Kompromiss-, Übernahme- oder Verstaatlichungsvorschläge einzuschätzen? Wenn sie nicht annehmbar sind, wie kann weitergekämpft werden? Alle diese Fragen und viele mehr müssen von der ganzen Belegschaft offen diskutiert und demokratisch beschlossen werden.
Wie könnte ein „Kickstart“ für eine Bewegung zur Verteidigung des Werkes aussehen?
Eine Betriebsversammlung für alle Kolleg*innen, mit offenem Mikrofon, wo sich jede*r zu Wort melden und Anträge einbringen kann – ohne Teilnahme von Vertreter*innen des Konzerns; das wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Dort könnten alle diese Fragen ordentlich diskutiert werden. Leider widerspricht das der “österreichischen Gewerkschaftskultur”, deshalb wird so etwas nur passieren, wenn Kolleg*innen es aktiv einfordern! Möchtest du der Verhandlungstaktik etwas Wirkungsvolleres gegenüberstellen, und/oder kennst du Kolleg*innen kennst, die das auch wollen? Melde dich bei uns. Wir sind keine große Gruppe, aber beschäftigen uns intensiv mit Erfahrungen, die Kolleg*innen bei Kämpfen in ähnlichen Situationen gemacht haben – in Österreich und weltweit. Diskutieren wir unverbindlich, welche Möglichkeiten es gibt, um eine Bewegung aufzubauen.