Mi 17.08.2016
Im Folgenden veröffentlichen wir einen Artikel aus der aktuellen Ausgabe von „The Socialist“, Zeitung der „Socialist Party“ in Irland. Darin geht es um die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem massenhaften Boykott gegen die Wasser-Abgabe, bei dem die „Socialist Party“ und ihre drei Abgeordneten der „Anti Austerity Alliance“ (Paul Murphy, Ruth Coppinger und Mick Barry) an vorderster Front der Mobilisierungen stehen.
Erinnert ihr euch, dass die Mehrheit der Bevölkerung durch die Fortsetzung eines Zahlungsboykotts das Thema der Wassergebühren im letzten Wahlkampf auf die Tagesordnung gebracht hat und dass 70 Prozent der Wählerschaft für KandidatInnen gestimmt haben, die sich gegen diese Sondersteuer ausgesprochen haben? Erinnert ihr euch an die neue und schwache Regierung, die das Thema klammheimlich unter den Teppich kehren wollte, indem sie die Zahlungsaufforderungen ausgesetzt und einen schwammigen Plan zur Einrichtung einer „Experten“-Kommission aufgestellt hat? Nichtsdestotrotz scheint das Thema nun mit voller Wucht erneut über die Regierung hereinzubrechen.
Als die vorige Regierung 2014 beim Versuch die Wassergebühren einzuführen, auf eine beeindruckende Basis-Bewegung stieß, die sich gegen diese Sonderabgabe zur Wehr setzte, setzte sie auf die „Zuckerbrot-und-Peitsche“-Methode. So sah sie sich unter anderem gezwungen, die Höhe der Gebühr drastisch zu reduzieren. Trotzdem wurde der Massen-Boykott aufrechterhalten, und die Position der Regierung wurde so stark geschwächt, dass sie das äußerst bedeutsame Zugeständnis machen musste, im Nachgang der letzten Wahlen sämtliche Gebührenpläne wieder auf Eis zu legen.
„Zuckerbrot und Peitsche“
Und nun kommt eine neue und noch viel schwächere Regierung auf dem Weg in ihre Sommerpause daher … und was findet wieder seinen Platz auf der Tagesordnung? Die Wassergebühren! Und was macht die Regierung? Sie versucht es erneut mit der alten „Zuckerbrot und Peitsche“-Taktik. Und schon wieder läuft es nicht nach ihrem Plan.
Das „Zuckerbrot“ wird uns dankenswerter Weise von Joe O’Toole, einem „Experten“ für die Zahlung von Wassergebühren (und ehemaligem Bürokraten des Gewerkschaftsbunds „Irish Congress of Trade Unions“!), erklärt, der nun den Sprecher der Expertenkommission gibt: „Die Menschen haben gewählt, wie sie gewählt haben. Das irische Parlament Leinster House ist nicht bereit, das heiße Eisen anzupacken, weshalb wir eine Lösung finden müssen, die mit genügend Zuckerguss überzogen ist, damit die Medizin leichter durch den Rachen gleiten kann“.
Nur für den Fall, dass irgendjemand noch der Illusion unterlegen war, diese Kommission könne eventuell zu einem positiven Ergebnis führen, hat O’Toole uns allen damit nun deutlich gemacht, worum es in Wirklichkeit gehen wird. Die „Socialist Party“ (Schwesterorganisation CWI in Ireland) und die Parlamentsabgeordneten des Wahlbündnisses „Anti Austerity Alliance“ haben darauf hingewiesen, dass seine Äußerungen diese „Experten“-Kommission zum Gespött werden lassen. Für seine plumpe Unverblümtheit sind wir hingegen äußerst dankbar. Bald darauf ist O’Toole dazu gedrängt worden, sich seinen Gehaltsscheck für die geleistete Arbeit abzuholen, womit er zum zweiten Mal in Folge zum Fiasko für die Regierung geworden ist.
EU verlangt nach der Wassergebühr
Parallel dazu ist die EU-Kommission eingeladen worden, ihr Urteil darüber zu fällen, ob wir die Wassergebühr nun zahlen sollen oder nicht. Sie brauchten zwei Anläufe, um zu einem „korrekten“ Ergebnis zu gelangen. Beim ersten Mal – es war Ende Mai – äußerten sie sich noch recht unverbindlich. Doch nach einem Stups in die Seite und einem gewissen Zunicken und Augenzwinkern verfestigten sie ihre Antwort. Und – ratet mal, wie sie lautete: Die nicht durch eine Wahl legitimierte, für Privatisierungen stehende EU-Kommission meint, dass wir definitiv Wassergebühren bezahlen sollen. Nur wenige Tage nach dem „Brexit“ haben sie ihr wahres Gesicht gezeigt, indem sie die Interessen der multinationalen Konzerne verteidigt und sich gegen den klaren Willen der Mehrheit der Menschen aus der irischen Arbeiterklasse für die neoliberale Agenda einer nicht enden wollenden Austerität ausgesprochen haben.
Den Druck aufrechterhalten
Trotz der Manöver über zwei Jahre hinweg ist das Establishment ohne Erfolg geblieben. Sie haben es nicht geschafft, uns die Abgabe auf unser Trinkwasser abzuringen. Die aktuellsten Zahlen bezüglich der Nicht-ZahlerInnen der Gebühr zeigen, dass nach dem letzten Debakel noch mehr Menschen mit den Füßen abgestimmt haben als zuvor: Die Zahl derer, die sich weigern die Wassergebühr zu entrichten, ist von 45 Prozent auf 75 Prozent der Haushalte angestiegen! Massenhafter Widerstand auf der Straße und vor allen Dingen die Weigerung zu bezahlen, haben diese neoliberale Steuer zum Desaster für die Regierung werden lassen.
Diese jüngsten Geschehnisse zeigen aber auch, dass das Establishment noch längst nicht aufgegeben hat. Die Bewegung gegen die Wassergebühren hat ihren Plänen zwar einen sehr bedeutsamen Schlag versetzt. Wir müssen aber wachsam bleiben und mobilisieren, damit sie nicht vergessen, was wir in Wirklichkeit wollen: Die Abschaffung der Gebühren – jetzt!