Fr 26.10.2012
Seit dem Platzen der Immobilienblase in den USA 2007 sind Millionen Menschen von der schlimmsten Wirtschaftskrise seit den 1930ern betroffen. Der Kapitalismus hat offen gezeigt, dass er ArbeiterInnen nichts zu bieten hat und immer wieder zu Krisen führt. Bezahlen sollen die Verluste nun wir. In ganz Europa gehen Volkswirtschaften den Bach hinunter. Es werden brutale Kürzungspakete geschnürt und Millionen Menschen in den Ruin getrieben. Es regt sich aber auch weltweit Widerstand. In Griechenland gab es seit dem Eintreten in die Krise 13 Generalstreiks, in der arabischen Welt wurden Diktatoren gestürzt. Auch in Ländern wie z.B. Irland werden die Proteste intensiver. Viele Menschen sind mit dem Kapitalismus unzufrieden, wissen jedoch nicht, wie eine Alternative aussehen könnte.
1917 erschütterte die Russische Revolution die gesamte Welt. Zwar hat sich seither einiges verändert, nicht jedoch der Kapitalismus als Grund des Übels an sich. Revolutionen fallen nicht vom Himmel. Sie entstehen durch den Kampf unterschiedlicher Klassen für ihre Interessen. Im Kapitalismus sind es ArbeiterInnen und UnternehmerInnen. Die einen besitzen die Fabriken und Produktionsmittel, die anderen besitzen nichts und müssen vom Verkauf ihrer Arbeitskraft leben. Da der Kapitalismus auf der Ausbeutung der Arbeitskraft beruht, kann diese innerhalb des Systems auch nicht einfach beendet werden. Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise stoßen damit normale Forderungen, wie z.B. eine Lohnerhöhung, schnell an die Grenzen des kapitalistischen Systems. In Ländern wie Griechenland wird die gesamte ArbeiterInnenklasse ihrer Existenz beraubt. Im Rahmen des Kapitalismus gibt es kaum eine Chance für sie! Wollen die GriechInnen ihren Lebensstandard halten, ihre Kinder auf Schulen schicken, eine Kranken- und Altersversorgung, dann gibt es keinen anderen Weg als den Kapitalismus zu stürzen. Daraus ergibt sich die grundsätzlich „revolutionäre“ Rolle der ArbeiterInnenklasse, wenn sie ihre Probleme lösen will. Der Weg zum Erkennen der eigenen Stärke und Rolle als ArbeiterInnenklasse führt nur über soziale Bewegungen und Kämpfe wie z.B. Streiks. In Russland 1917 machte die ArbeiterInnenklasse nur ca. 8 % aus. Allerdings entwickelte sie infolge der Kämpfe gegen die Lebens- und Arbeitsbedingungen des 1. Weltkrieges und schließlich auch gegen den rückständigen Zarismus schnell ein starkes Klassenbewusstsein.
Im Februar 1917 waren es die TextilarbeiterInnen St. Petersburgs, die mit einem Streik die Revolution einleiteten und den Zar zum Abdanken zwangen. Zwar waren die in die Regierung aus Menschewiki und Sozialrevolutionären gesetzten Illusionen zunächst groß. Die Regierung blieb aber im Boden des Kapitalismus verwurzelt. Sie war nicht willens, den Krieg zu beenden bzw. andere zentrale Forderungen der Menschen zu erfüllen. Selbst die Bolschewiki waren anfangs noch uneins darüber, wie sie sich gegenüber der neuen Regierung verhalten sollten. Doch nach der Rückkehr Lenins aus dem Exil setzte er sich mit Unterstützung Trotzkis durch. Sie waren gegen jegliche Unterstützung der bürgerlichen Regierung und auch zu keinen Zugeständnissen wegen irgendwelcher „Sachzwänge“ bereit. Im weiteren Verlauf der revolutionären Bewegung gewannen sie so innerhalb weniger Monate die Unterstützung von Hunderttausenden. Das bildete die soziale und politische Basis der Oktober-Revolution.
Neue Parteien dürfen sich nicht die Finger mit der Kürzungspolitik bürgerlicher Regierungen schmutzig machen!
Heute sehen wir neue linke Formationen entstehen. Viele von ihnen haben aber keinen Plan, wie sie die tagtäglichen Forderungen mit den nächsten Schritten und schließlich einem Umsturz der Gesellschaft verknüpfen sollen. Deswegen bleiben sie auch im „Reformismus“ stecken und landen über kurz oder lang in der Unterstützung bürgerlicher Regierungen oder treten sogar in diese ein. Damit werden sie in den Augen der Menschen auch zu Recht mitverantwortlich für Sparpakete und Kürzungspolitik. Ihre eigene politische Alternativlosigkeit macht aus ihnen schließlich für die Menschen selbst keine Alternative. Wir sehen daher auch den Verfall mancher solcher Parteien, wie etwa der italienischen RC, in die politische Bedeutungslosigkeit. In Griechenland erlangte das Linksbündnis Syriza vor dem Hintergrund der Krise enorme Popularität. Aber Syriza bleibt in vielen wesentlichen Fragen wie jener nach einem EURO-Austritt Griechenlands schwammig und schwer fassbar. Auch fehlt ein konkretes Aktionsprogramm zum Sturz der bürgerlichen Regierung und Klarheit, was eine linke Regierung stattdessen machen würde. Das Wahlergebnis war ein großer Vertrauensbeweis und Syriza trägt damit auch eine riesige Verantwortung! Unsere griechische Schwerpartei „Xekinima“ unterstützt Syriza und arbeitet auf vielen Ebenen mit ihr zusammen. Wir müssen allerdings auch klar sagen, wo die Probleme und Gefahren liegen. Alles andere wäre unverantwortlich gegenüber den WählerInnen von Syriza und der Bewegung gegen die Krise.
In Deutschland geht „Die Linke“ Bündnisse mit bürgerlichen Parteien ein. Sie sitzt als linkes Feigenblatt in Berlin und anderen Bundesländern an der Seite der SPD in den Landesregierungen. Statt gegen die Kürzungen zu kämpfen, sind sie selbst dafür verantwortlich! Die Folge ist, dass „Die Linke“ in der Krise dem Unmut der Menschen kaum eine Stimme und Unterstützung gibt. In Deutschland arbeitet unsere Schwesterorganisation SAV in der Linken. Sie kämpfen entschieden gegen das Mittragen von Kürzungspolitik und für einen sozialistischen Kurswechsel in der Linken.
Besonders fatal ist eine derartige Politik in wirtschaftlich schwächeren Ländern. Immer wieder versuchen Linke in diesen Ländern, bürgerliche, oft reaktionäre Kräfte (z.B. die Muslim Bruderschaft in Ägypten) zu unterstützen. Sie erhoffen sich dadurch, dass diese Kräfte einen Staat mit entwickelter Ökonomie und westlichem Parlamentarismus errichten, bevor die sozialistische Revolution in Angriff genommen werden kann. In diesen Ländern gibt es jedoch kein starkes, eigenständiges und vom Ausland unabhängiges Bürgertum, das diese Aufgaben lösen könnte. Diese Länder und ihr schwaches Bürgertum werden von imperialistischen Kräften und scheindemokratischen Regimen kontrolliert. Sie haben nur Interesse daran, die Länder auszubeuten, und nicht an Demokratie oder Wohlstand der breiten Masse. Auch die religiösen Scheinalternativen stehen unter Kontrolle des Westens oder anderer Staaten, wie dem Iran oder Saudi-Arabien, die so ihren Einfluss ausdehnen wollen.
Wir sehen, dass seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts der Kapitalismus ein Stadium erreicht hat, in dem eine eigenständige nationale Entwicklung nicht mehr möglich ist. In Russland herrschte 1917 auch eine solche Situation. Lenin und Trotzki erkannten, dass der bürgerlichen Revolution eine Sozialistische folgen musste, um demokratische und soziale Rechte abzusichern und auszubauen. Genauso wenig wie die bürgerliche Provisorische Regierung 1917 in Russland in der Lage war, Frieden, Demokratie und genug Essen zu garantieren, ist es der Kapitalismus auch heute nicht! Deswegen stoßen demokratische Forderungen in diesen Ländern schnell an die Grenzen und stellen damit die Überwindung des Kapitalismus auf die Tagesordnung. Das ist eine der zentralsten Lehren der Oktober-Revolution bis heute.