Fr 14.09.2001
Der tausendfache Tod als Folge der Selbstmordanschläge auf das World Trade Center in New York und den Pentagon in Washington DC ist ein Weltereignis, wie es kein vergleichbares gab. Neue Technologien und die Schnelligkeit moderner Kommunikationsmittel haben es Millionen Menschen auf allen Kontinenten ermöglicht, die schrecklichen Ereignisse zu verfolgen. Das hat zu einer riesigen Betroffenheit, tiefer Sorge und Abscheu auf der ganzen Welt geführt. Diese Stimmung ist in den industrialisierten Ländern, vor allem den USA und Europa, am stärksten.
In der neokolonialen Welt, vor allem dem Nahen Osten, gibt es auch offenes Bedauern über die Tatsache, dass Unschuldige zu Opfern wurden. Dies geht jedoch einher mit einem Gefühl, dass es sich hierbei um das Ergebnis der Verbrechen der US-Imperialismus in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas handelt. Die Ereignisse hatten schon kolossale Auswirkungen in den USA und weltweit. Die Auswirkungen sind noch ganz frisch und deshalb können noch keine völlig sicheren Schlussfolgerungen aus den Ereignissen gezogen werden.
Tausende Menschen wurden umgebracht und unzählige weitere verstümmelt an diesem blutigsten Tag der Gewalt auf US-amerikanischem Boden seit der Schlacht von Antietam im Bürgerkrieg des 19. Jahrhunderts. Über 300 Feuerwehrleute, die heldenhaft in das World Trade Center gestürmt waren um Opfer zu retten, wurden getötet. Viele Notdienst-Einsatzkräfte sind umgekommen. Es ist unmöglich von diesen Szenen der Zerstörung und des Todes nicht betroffen zu sein und dies ist das vorherrschende Gefühl auf der ganzen Welt.
Die Anschläge auf das World Trade Center und die Passagierflugzeuge haben eine schreckliche menschliche Tragödie und gleichzeitig Heldentum in allen möglichen Dimensionen hervorgebracht. Ein Überlebender sagte zum Beispiel über den Heldenmut der Feuerwehrleute, dass diese, während er verzweifelt die Treppen hinunter lief, hinauf liefen, um die in den oberen Stockwerken eingeschlossenen zu retten. Diese kamen später um, als das World Trade Center zusammen brach. Die Szenen von Menschen, die in einem verzweifelten Versuch ihr Leben zu retten aus den Fenstern sprangen - inklusive eines Paares, das sich an den Händen hielt - sind in das Bewusstsein der Welt eingeprägt worden. Die bemerkenswerte Geschichte eines Mannes, der 83 Stockwerke tief fiel und überlebte ist ein weiteres Beispiel. Es gab auch den tragischen Fall eines Feuerwehrmannes, der versuchte Menschen zu retten, die durch Leute getötet wurden, die aus den Fenstern des World Trade Center gesprungen waren.
All das hat die menschlichen Gefühle des Schreckens über diese Ereignisse verstärkt. Diese Gefühle werden von Leuten wie uns geteilt, die die Augen nicht vor den schrecklichen Verhältnissen verschließen, die die Selbstmordattentäter zu ihrer Tat motivierten und die keinen Schulterschluss mit den Heuchlern Bush, Blair und den kapitalistischen Herrschern der Welt eingehen werden, die nun die Kriegstrommeln schlagen, um eine Militäraktion gegen die mutmaßlichen Täter der Anschläge vorzubereiten.
Die Anschläge waren völlig willkürlicher Natur. Ironischerweise befanden sich unter den vielen tausend Todesopfern im World Trade Center Menschen vieler unterschiedlicher ethnischer und nationaler Ursprünge aus der neokolonialen Welt. SozialistInnen verurteilen diese Anschläge. Sie haben der herrschenden Klasse in den USA und international nur in die Hände gespielt und die Konsequenzen werden auf die Massen in der neokolonialen Welt zurückschlagen.
Auswirkungen
Die "sicherheitspolitischen", wirtschaftlichen, sozialen und politischen Auswirkungen werden bedeutend sein und können im Moment nur vorläufig vorhergesehen werden. Die größten unmittelbaren Auswirkungen gibt es natürlich in den USA. Aber es handelt sich um ein Weltereignis, das keinen Teil der Welt unberührt lassen wird. Wie viele Kommentatoren angemerkt haben, handelt es sich um den schwersten Angriff, den es jemals gegen die USA gegeben hat. Vergleiche wurden mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour 1941 gezogen. Aber selbst dieser verblasst im Vergleich mit den Selbstmordanschlägen auf das World Trade Center und den Pentagon. Knapp über zweitausend wurden beim Angriff auf Pearl Harbour getötet, die vorläufigen Zahlen der Todesopfer im World Trade Center sind viel größer. Dazu kommt, dass der Angriff auf Pearl Harbour auf einer pazifischen Insel stattfand. Das ist der erste Angriff auf das US-Festland seit dem Krieg 1812-1814 mit Großbritannien. Die USA haben einen solchen Anschlag noch nicht erfahren (abgesehen von dem gescheiterten Anschlag auf das World Trade Center 1993), obwohl sie den Zweiten Weltkrieg, den Kalten Krieg, die Kuba-Krise und den Golfkrieg durchgemacht haben.
Eine handvoll mit Messern bewaffnete Selbstmordattentäter haben es geschafft, das Finanzzentrum der USA und, daher, der Welt zu verwüsten - das WTC, die Innenstadt von Manhattan und, indirekt, die Wall Street - und die militärische Macht der USA, die im Pentagon konzentriert ist. Gleichzeitig behaupten Sprecher des US-Präsidenten, dass das in Pittsburgh abgestürzte Flugzeug wahrscheinlich das Weiße Haus, Camp David oder sogar Airforce One, mit Bush an Bord, zum Ziel hatte.
New York City, dass nach den Anschlägen tagelang gelähmt war, gehört zu den reichsten Städten der Welt, die "alleine mehr Geld gescheffelt hat, als alle der entwickeltesten Länder auf der Welt. 1998 übertraf der Haushalt der Stadt den einiger großer Staaten inklusive Russland." New York "ist mehr als eine reiche Stadt mit acht Millionen EinwohnerInnen. Sie ist die Finanzhauptstadt der weltgrößten Volkswirtschaft. Als die Bedeutung der Ereignisse von New York im Land klar wurden, schlossen eine kleinere Börse nach der anderen. Aber es ist New Yorks Börse, die die weltweiten Finanzereignisse antreibt." (aus der Stratfor Website vom 11.September)
Dies ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass die New Yorker Finanzmärkte für zwei aufeinanderfolgende Arbeitstage geschlossen wurden. Mit den wahrscheinlichen wirtschaftlichen Auswirkungen werden wir uns später in dieser Stellungnahme auseinandersetzen.
Noch bevor die Tragweite der Tragödie abgesehen werden kann, sind in der herrschenden Klasse der USA und der Welt schon Fragen aufgeworfen worden und tauchen erste Spaltungslinien auf. Fragen werden gestellt, wie es möglich war, dass der US-Imperialismus und seine "Sicherheitsdienste", mit ihrem Arsenal an hochmoderner Hi-Tech-Ausstattung, mit einer Armee von "Gegenspionen" scheinbar nicht vor den Anschlägen gewarnt waren. Und dies obwohl der von US-Sprechern als wahrscheinlicher Urheber der Ereignisse bezeichnete Osama bin Laden erst vor drei Monaten vor Vergeltung gegen die USA für "die Verbrechen gegen die Völker des Nahen Ostens und des gesamten Islam" gewarnt hatte.
Dazu kommt, dass andere Staaten, wie Frankreich, kürzliche Warnungen vernommen hatten und gegen Angriffe islamistischer Kämpfer vorgegangen sind. Es ist also kein Wunder, dass der ehemalige CIA-Mitarbeiter Reuel Marc Gerecht in der letzten Ausgabe von Atlantic Monthly entrüstet schreibt: "Der CIA hat wahrscheinlich nicht einen einzigen wirklich qualifizierten arabisch-sprechenden Agenten mit arabischem Ursprung, der überzeugend einen moslemischen Fundamentalisten spielen könnte und sich freiwillig melden würde, Jahres seines Lebens mit mieser Verpflegung und ohne Frauen in den Bergen Afghanistans zu verbringen. Um Gottes Willen, die meisten Agenten leben in den Vororten von Virginia. Solche Sachen machen wir nicht." (zitiert in der Financial Times vom 11. September)
Gründlich verschätzt
Mit anderen Worten haben sich die US-"Sicherheits"dienste gründlich verschätzt. Sie kämpften immer noch eine Version des "kalten Krieges" anstatt vorauszusehen, welche Folgen die US-Unterstützung für Israel und dessen unterdrückerische Politik gegen die PalästinenserInnen und der allgemeine Hass gegen den US-Imperialismus im Nahen Osten und der arabischen Welt haben würden.
Die Ereignisse haben auch ein für allemal die angebliche "Unverletzbarkeit" der USA erschüttert. Sie haben auch die Versuche von Bush und den Republikanern eine "unilaterale" (einseitige) Außenpolitik zu machen zerstört. Die Vorstellung, dass die USA der Nabel der Welt sind, dass außerhalb ihrer Grenzen wenig von Bedeutung geschieht und dass sie weitgehend unberührt von internationalen Ereignissen bleiben kann, ist in der US-Psychologie tief verwurzelt. Dies wurde durch die Ereignisse ein für allemal erschüttert.
Vermischt mit der Verwirrung und der Wut über die Anschläge und ihre Verursacher ist eine wachsende Wahrnehmung und eine Ratlosigkeit über die Tatsache, dass die USA international nicht als "Verteidigerin der Freiheit" betrachtet werden, sondern von wichtigen Teilen der Weltbevölkerung aufgrund ihrer Rolle als Unterdrückerin, vor allem in der neokolonialen Welt, gehasst wird. Sie ist die führende Macht und Verfechterin des unkontrollierten globalen Kapitalismus.
Die Ereignisse markieren einen wichtigen Wendepunkt für die Weltgeschichte und besonders für die USA. Schnee von gestern ist nun das Konzept der "Festung USA". Die Auswirkungen auf das Bewusstsein des US-amerikanischen Volkes, und vor allem auf die Arbeiterklasse der USA; wird mittel- und langfristig zu spüren sein. Paradoxerweise wird die Idee, dass das Schicksal der Mehrheit der US-Bevölkerung mit dem der Völker Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und natürlich Europas verbunden ist, Verbreitung finden. Aber kurzfristig wird eine patriotische und möglicherweise sogar xenophobe (fremdenfeindliche) Stimmung sich entwickeln und von der herrschenden Klasse der USA angeheizt werden.
Unbeholfene Führung
In jedem Fall wird der 11. September für immer im Bewusstsein der Weltbevölkerung aufgrund des Horrors in New York und Washington DC, aber auch aufgrund der offenen und offensichtlichen Unbeholfenheit und Panik der politischen Führung der herrschenden Klasse der USA, eingebrannt sein. Unvergesslich ist das Bild von Bushs erster Reaktion im Fernsehen, als er die Selbstmordattentäter als "diese Leute" ("these folks") bezeichnete! Die Tatsache, dass er, bevor er nach Washington DC zurückkehrte, in einem Bunker in Nebraska Unterschlupf suchte und kreuz und quer durch die USA flog, hat ihn nicht gerade in einem heldenhaften Licht erscheinen lassen. Das gleiche kann man von den Kongressabgeordneten und SenatorInnen sagen, die Washington DC hastig verließen bevor sie am nächsten Tag wiederkehrten, um die Nationalhymne und andere patriotische Lieder zu singen.
Die ArbeiterInnen der USA werden den Vergleich ziehen zwischen dem Verhalten "ihrer Führer" und dem Heroismus der Feuerwehrleute, PolizistInnen und anderen. Selbst Boris Jelzin kommt in den Augen von Kommentatoren durch sein Verhalten beim Putschversuch 1991 besser weg als Bush heute: "Niemals klang ein Politiker so lächerlich hohl. Dies ist ein riesiges Land; es kann seine einzige sensible Landgrenze nicht vor der Einreise illegaler Einwanderer sichern, es kann seine Küste nicht vor Schiffsladungen von illegalen Drogen sichern. In der modernen Welt erscheint Schutz angesichts einer entschlossenen, rücksichtslosen und unsichtbaren Opposition unmöglich. Und bisher erschien es auch niemals im entferntesten notwendig. Ein Sprecher des Präsidenten mag das Spiel verloren haben, als er die zwei Prioritäten des Tages auflistete: 1. Die Sicherheit des Präsidenten; 2. Ihn zurück nach Washington zu bringen, um dem amerikanischen Volk ein Gefühl von Sicherheit zu geben. Diese Information wurde über CNN von einer Militärbasis in Louisiana, weit weg von Washington, verbreitet. Von dort wurde der Präsident nach Nebraska gebracht, was nicht näher liegt. Es gab ebenfalls Berichte, das Führer des Kongresses zu geheimen Orten gebracht wurden. Wenn man mutiges Führungsverhalten vergleicht, kann all dies nicht standhalten mit dem Auftreten auf einem Panzer in Moskau oder selbst dem Verbleib im Buckingham Palast während des Blitzkriegs." (Matthew Engel, The Guardian, London 12. September)
Die Anschläge haben auch die Sinnlosigkeit von Bushs "Star Wars"-Projekt , das mehr als 100 Milliarden US-Dollar kosten wird, illustriert. Dieses "Verteidigungssystem" wäre nicht nur völlig ineffektiv gegen die Selbstmordattentäter gewesen, sondern wäre dies noch mehr angesichts eines Szenarios des "jüngsten Gerichts", welches Nukleargerät in einem Koffer oder den Einsatz von biologischen Waffen von Individuen beinhalten würde, wie in Japan durch die Aum-Sekte geschehen. Und es sollte keine Illusionen geben, dass solche Entwicklungen nicht möglich wären, denn die Zahl der zum Kauf angebotenen Waffen auf der Welt vermehrt sich kolossal nach dem Zusammenbruch des Stalinismus in Osteuropa und der früheren Sowjetunion. Das beinhaltet nukleares Material.
Die herrschende Klasse der USA und ihre Verbündeten scheinen jedoch exakt gegensätzliche Schlussfolgerungen zu ziehen. So kommentierte die International Herald Tribune: "Es ist nicht länger möglich, sich über die Sorgen der USA bezüglich möglicher Raketenangriffe von 'Schurkenstaaten' wie Iran oder Nordkorea lustig zu machen. Und es macht wenig mehr Sinn zu sagen, dass die große Sorge der Vereinigten Staaten bezüglich des Terrorismus, vor allem ihre falsche Analyse der Nuancen der islamischen Welt verdecken sollen." (John Vincour, 13. September)
Noch beunruhigender sind die Schlussfolgerungen dieses Autors, wenn er folgendes schreibt: "Es ist unmöglich zu versuchen die USA, mit ihren tausenden Kriegstoten, zu beeinflussen, wenn man nicht die Prämisse, dass eine Zusammenstoß der Zivilisationen begonnen hat, akzeptiert." Die populären (also Boulevard-) Zeitungen drücken dieselben Gefühle aus, nur grober. Sie behaupten, es handele sich um eine Schlacht zwischen den 'Zivilisierten' und 'Unzivilisierten' , zwischen 'Gut' und 'Böse'. Vincour sagt weiterhin: "Die Angriffe werden die Opposition gegen die Idee eines Raketenabwehrschildes im Kongress zusammenschmelzen lassen und damit auch den Widerstand unter den NATO-Verbündeten."
Noch schlimmer ist seine Schlussfolgerung: "In einer weniger direkten, aber trotzdem realen Weise werden die Anschläge wahrscheinlich einen Großteil der Hysterie in den Diskussionen über die Globalisierung der Weltfinanzmärkte und des Handels beenden ... [Die Anschläge auf das WTC] haben die Absurdität von Gewalt gegen die Globalisierung unterstrichen und die Stellung der Behörden, die dagegen vorgehen, gestärkt."
Der wichtigste Teil seiner Stellungnahme ist folgender: "Die Dämonisierung der Vereinigten Staaten und der Welthandelsorganisationen in einem gewalttätigen Zusammenhang haben plötzlich die Konturen eines mörderischen Unternehmens."
Das ist ein kleiner Vorgeschmack darauf, wie die Weltbourgeoisie, beginnend mit den USA, versuchen wird diese Ereignisse zu nutzen, um die antikapitalistischen und antiglobalisierungs- Proteste zu diskreditieren und gleichzeitig den Repressionsapparat des Staates zu stärken. Nach dem Bombenanschlag in Oklahoma wurden Maßnahmen ergriffen, die "Sicherheit" zu verstärken. Aber nicht nur in den USA oder im Inlands- bzw. internationalen Flugverkehr werden die kapitalistischen Staaten ihre Rolle verstärken. Es wird ernsthafte Versuche geben, die Persönlichkeitsrechte, wie zum Beispiel Reiserechte einzuschränken. So hat zum Beispiel in Deutschland die oppositionelle CSU schon vorgeschlagen, dass die Bundeswehr nun auch zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit eingesetzt werden soll, was bisher verboten ist. Die Nationalgarde und die Armee wurden mit ihren Panzern und Sicherheitswagen in New York und Washington DC eingesetzt.
Sinnlosigkeit des Terrorismus
Die Ereignisse bestätigen das Argument, das MarxistInnen immer gegen die Anwendung terroristischer Methoden von konspirativen Gruppen vorgebracht haben. Dass diese, unabhängig von den tiefer liegenden Gründen - Unterdrückung, Diskriminierung, Armut etc. - immer die gegenteiligen und eben reaktionären Konsequenzen im Vergleich zu den Zielen der Verursacher haben.
In der Vergangenheit mussten MarxistInnen, die für Massenaktion eintreten, "individuellen Terrorismus" ablehnen, der in der Regel in Aktionen von Einzelnen oder kleinen Gruppen bestand, die bestimmte Vertreter der herrschenden Klasse, umbrachten, welche doch nur durch neue Führer ersetzt wurden. Die Anschläge in den USA sind jedoch eine Form des von einer konspirativen Gruppe ausgeführten Massenterrorismus, die nicht nur einen Schlag gegen die Symbole des Reichtums und der Macht der USA darstellen, sondern willkürlich den Tod von tausenden einfachen Menschen kosteten.
Die Anklage gegen die "Terroristen" aus den Mündern von Tony Blair, Bush, Ariel Sharon, Wladimir Putin und anderen ist reine Heuchelei. Sie sind die größten Verursacher von Massenterror gegen Menschen, die sich in der Regel nicht verteidigen können. Blair hat tagtäglich den Massenterror gegen das serbische Volk während des Kosova-Krieges verteidigt. Bushs Vater und sein damaliger Generalstabschef Norman Schwarzkopf übten Massenterror gegen die geschlagene und schutzlose irakische Arme während des Golfkrieges aus. Die zahllosen zivilen Opfer im Irak, welche selbst die schreckliche Anzahl der Todesopfer in New York und im Pentagon als klein erscheinen lassen, wurden von Schwarzkopf als "Kollateralschaden" bezeichnet.
Der langjährige Nahost-Experte Robert Fisk schrieb in der britischen Tageszeitung The Independent: "Frage einen Araber, wie er auf 20.000 oder 30.000 unschuldige Tote reagiert und er wird antworten, wie es anständige Menschen machen sollten, dass es sich um ein unaussprechliches Verbrechen handelt. Aber er wird fragen, warum wir solche Begriffe nicht zu den Sanktionen benutzen, die das Leben von vielleicht einer halben Million Kinder im Irak zerstört haben [ein palästinensischer Journalist hat im Guardian von einer Million Kinder gesprochen, die aufgrund der Folgen von angereichertem Uran und Hunger gestorben sind], warum wir nicht aufgrund der 17.500 bei der israelischen Invasion im Libanon 1982 getöteten Zivilisten Sturm liefen. Und die grundlegende Ursachen für den Ausbruch der Kämpfe in Nahen Osten letzten September - die israelische Besatzung arabischen Landes, der Diebstahl an PalästinenserInnen, die Bombardierungen und staatlich-geförderten Exekutionen ... all dies muss versteckt werden, damit nicht ein auch noch so kleiner Grund für die gestrigen Brutalitäten geliefert werden kann." [12. September]
Führer der G7 haben in Genua mit Putin an einem Tisch gesessen, Russlands Premierminister während der letzten russischen Angriffe auf Grosny in Tschetschenien, die 1999 zum Abschlachten von tausenden Menschen geführt haben.
Wir sind gegen 'Terrorismus', aber wir benutzen diesen Begriff in einer anderen Art, als die Bourgeoisie. Für Blair, Sharon und Bush trifft er nicht auf sie zu, wenn sie Methoden des Massenterrors anwenden. Andererseits halten sie es für gerechtfertigt, diesen Begriff zu benutzen, wenn ein bestimmtes Volk sich bewaffnet, um sich gegen ein unterdrückerisches Regime zu verteidigen. Mit dieser Argumentation hatten die südafrikanischen Massen kein Recht sich gegen das Apartheidsregime, das bis an die Zähne bewaffnet war, zu wehren. Die palästinensischen Massen sollen sich ruhig verhalten und sanftmütig die unbeschreiblichen sozialen Verhältnisse, die Verweigerung der legitimen demokratischen und nationalen Rechte, die Folterungen und die täglichen Bombardierungen und Tötungen auch von Frauen und Kindern akzeptieren.
SozialistInnen und MarxstInnen haben nichts gemeinsam mit dieser Heuchelei, wenn wir unsere Argumente gegen diejenigen darstellen, die terroristische Methoden anwenden. Diese Methoden können den Kapitalismus und Imperialismus nicht erfolgreich schwächen, geschweige denn stürzen und eine Veränderung der Gesellschaft herbeiführen. Im Gegenteil zeigen die Erfahrungen der Arbeiterbewegung und der Kämpfe der Völker in der neokolonialen Welt die Ineffektivität und Sinnlosigkeit solcher Methoden. Sogar die Geschichte des palästinensischen Kampfes selber unterstreicht dieses Argument: es waren nicht die palästinensischen Guerillakämpfer, sondern der Massenaufstand des palästinensischen Volkes (die Intifada), die die israelische herrschende Klasse zurückdrängte und ihr 'Zugeständnisse' abrang.
Ähnlich zeigt sich schon in den ersten Tagen nach den Ereignissen, das unter dem Strich das Ergebnis ist, dass nun Bedingungen geschaffen wurden, die es den herrschenden Klassen der Welt möglich machen, repressive Maßnahmen zu verstärken und dies zu rechtfertigen, und zwar nicht nur gegen 'Terroristen', sondern auch gegen die Arbeiterbewegung, gegen Radikale und solche, die gegen die Ungleichheit und Ungerechtigkeit des kapitalistischen Systems protestieren wollen. Dies ist das Ergebnis, unabhängig von der Motivation der Selbstmordattentäter. Das wird unterstrichen durch die oben zitierte Stellungnahme aus der International Herald Tribune.
Das Wall Street Journal, das nie besonders nüchtern an soziale oder politische Fragen herangeht, schrie am Tag nach den Anschlägen auf: "Um mit dieser Bedrohung umzugehen, werden die Regierungen darüber nachdenken müssen, wie sie mit Gruppen, die Gewalt zur Erreichung ihrer politischen Ziele anwenden und eine Politik der Beschwichtigung aufgegeben haben, umgehen. Alle Länder und alle Gruppen werden erklären müssen, wie sie zur Anwendung von Gewalt stehen und müssen dementsprechend scharf behandelt werden, wenn sie eine falsche Wahl treffen." [12. September]
In diesem Knurren ist die Drohung enthalten, dass politische Gruppen, sollten sie nicht vollständig pazifistisch und für die Kapitalisten akzeptabel sein, von Einschränkungen und Verboten betroffen sein werden. SozialistInnen und MarxistInnen haben den Methoden der 'Terroristen' immer die Idee von Massenbewegungen und Massenaktionen der Arbeiterklasse entgegengestellt. Paradoxerweise hat die Financial Times am 13.September unter dem Eindruck der Ereignisse und aus ihren eigenen klassenspezifischen Gründen die Kraft unserer Argumente anerkannt. Inmitten eines Kommentars zu den wahrscheinlichen ökonomischen Folgen, kommentiert sie die politischen Folgen der Anschläge: "Ein dezentralisiertes kapitalistisches System ist konfrontiert mit physischem Schaden außerordentlich unverwüstlich. Langwierige Bombenangriffe, wie gegen Deutschland im Zweiten Weltkrieg bringen eine Wirtschaft kaum auf die Knie. Ziviler Ungehorsam, wie die europaweiten Blockaden gegen die hohen Benzinsteuern im letzten Jahr, können eine moderne Ökonomie sehr viel schneller zum Stillstand kommen lassen. Aber das bedarf die offene Beteiligung vieler und nicht geheime Anschläge weniger."
Doch die Bourgeoisie insgesamt wird den Aufrufen für eine nüchterne Einschätzung der nötigen Maßnahmen und für Zurückhaltung in den anzuwendenden Methoden kaum Gehör schenken. Der Ausruf, dass sich die USA "im Krieg" befinden findet sich praktisch in jedem kapitalistischen Journal, den Medien und wird in Europa und der ganzen kapitalistischen Welt wiederholt.
Kriegspsychologie
Die NATO hat sogar erklärt, dass sich nicht nur die USA, sondern alle Mitgliedsländer "im Krieg" befinden. Diese Terminologie ist nicht zufällig, sondern drückt die Wut der herrschenden Klasse der USA und ihrer Verbündeten aus, und ihre Entschlossenheit Vergeltung nicht nur an den mutmaßlichen 'Terroristen', sondern auch an den 'Schurkenstaaten' zu nehmen, die diese unterstützt haben. Der US-Imperialismus ist eine verletzte Bestie, die bereit ist in alle Richtungen loszuschlagen.
Er bereitet sich offensichtlich darauf vor mit einer substanziellen militärischen Intervention, die möglicherweise tausende Truppen gegen den 'Feind' senden wird, zurückzuschlagen. Das Problem besteht darin genau zu identifizieren, wer der "Feind" ist. Roosevelt konnte zum Zeitpunkt von Pearl Harbour diesen "Tag der Schande" verurteilen und die kolossalen Ressourcen des amerikanischen Imperialismus gegen einen identifizierbaren Feind, den japanischen Imperialismus, mobilisieren. In diesem Fall ist jedoch nicht unmittelbar klar, wer verantwortlich ist und wer die Ziele eines Gegenschlags sein werden.
Doch das wird für den US-Imperialismus und seine Verbündeten belanglos sein. Bin Laden wurde als der Haupttäter identifiziert und dämonisiert, obwohl die Beweislage bisher darauf hinweist, dass wahrscheinlich ein Konsortium von islamischen Organisationen und Gruppen, die schon seit geraumer Zeit in den USA waren, verantwortlich ist. Dazu kommt, dass bin Laden eine Kreatur der Intervention des US-Imperialismus, vor allem durch den CIA (der bin Laden finanzierte), im Stellvertreterkrieg gegen die Präsenz der UdSSR in Afghanistan , den sie durch die Mujaheddin organisierten, ist. Die Sünden des US-Imperialismus aus der Vergangenheit schlagen zurück auf unschuldige amerikanische Männer, Frauen und Kinder.
Wir sollten auch daran erinnern, dass Osama bin Laden und al-Qaida in keinster Weise progressive Kräfte sind und sogar rechts von dem theokratischen Regime in Saudi-Arabien stehen.
Gleichzeitig machen sich einige Stimmen bemerkbar, die vor schnellen und überstürzten Militäraktionen warnen. Manche drängen sogar auf eine Untersuchung der sozialen und politischen Bedingungen, die zum spezifischen individuellen Terrorismus des Nahen Osten geführt haben. Wie George Will in der International Herald Tribune es ausdrückte "ist der Terrorismus die Taktik der Schwachen". [13. September]
Jedoch werden diese Stimmen übertönt von den schrillen Tönen der Mehrheit der bürgerlichen Kommentatoren in den USA, die als Sühne für die Toten nun Aktionen und Bestrafung für die Täter fordern und sagen, dass, wenn nötig, Blut fließen müsse. Das amerikanische Volk war von den Ereignissen zuerst traumatisiert, aber dem wird nun Wut folgen. Die Stimmen, die nach Vergeltung rufen, werden in den Medien schon jetzt deutlich wiedergegeben.
Kriegshysterie
Eine bewusste Politik zur Erzeugung einer Kriegshysterie, scheint die Linie der Bourgeoisie in Amerika zu sein, die ohnehin nicht für einen ausgereiften Umgang mit komplexen Problemen bekannt ist. Dies wird verschärft durch eine Bush-Administration, die sich durch ihre grobe Haltung zu nationalen und internationalen Fragen auszeichnet. Ein New Yorker erklärte am Tag der Anschläge: "Ich fühle mich, als ob ich wieder in den Krieg ziehen würde. Keine Gnade. Wir müssen wie 1941 zusammen stehen. Holen wir sie uns." [The Guardian, 12. September]
Anstatt solchen Gefühlen entgegenzutreten, scheinen die "nüchternen" Vertreter des US-Kapitalismus im Gegenteil sie noch anzustacheln. So hat zum Beispiel die Washington Post in einem Kommentar vom 13. September erklärt: "Die Nation muss sich darauf vorbereiten ihren ersten Krieg des neuen Jahrhunderts zu führen - ein Krieg, der geführt werden muss, bis alle Quellen der Unterstützung für die Terroristen eliminiert sind und die Verteidigung gegen diese unkonventionelle Kriegsführung verstärkt wurde."
Im Bezug auf den angenommenen 'Feind' erklärt sie: "Auch wenn dieser nicht eine bestimmte Adresse haben mag, hat er wahrscheinlich die Unterstützung oder Komplizenschaft einer oder mehrerer ausländischer Regierungen." Sie fährt fort: "Ein Kriegszustand bedeutet auch eine nationale Verpflichtung, Zusammenarbeit in Washington um Amerikas Feinde anzugreifen und zu besiegen. Das erfordert mehr als bestimmte Verdächtige zu erwischen und festzunehmen, wie es früher gemacht wurde ... In der Vergangenheit haben die USA sich darum gedrückt, solche Regime, die mit terroristischen Angriffen gegen Amerikaner zusammenhingen, direkt zu konfrontieren, wie den Iran im Fall des Bombenanschlag auf den Khobar-Turm 1996 in Saudi Arabien oder Afghanistan nach den Bombenanschlägen auf US-Botschaften in Kenia und Tansania durch Osama bin Ladens Netzwerk 1998. Das können sich die USA nicht länger leisten. Stattdessen müssen sie versuchen ein internationales Bündnis zusammen zu bringen, um alle Quellen für Unterstützung von terroristischen Netzwerken, die einen Krieg gegen die USA führen würden, zu identifizieren und zu eliminieren. Wenn nötig, müssen die USA alleine handeln." [IHT, 13. September]
Mit der Hilfe von Großbritanniens 'Lord' Robertson und Blair hat der US-Imperialismus de facto schon ein Bündnis zusammengebracht, was dem aus der Zeit der Intervention und Bombardierung gegen Serbien während des Kosovo/Kosova-Krieges ähnelt. Tatsächlich versucht der US-Imperialismus aber noch weiter zu gehen. Nur wenige Tage nach den Anschlägen versuchen sie eine noch breitere Koalition zu schaffen, ähnlich der zu Zeiten des Golfkriegs.
Die Wut der Araber
Wie auch immer geartete militärische Aktionen gegen die PalästinenserInnen werden diese Anstrengungen jedoch untergraben. Die arabische öffentliche Meinung kocht aufgrund der, von der Bush Administration bewilligten, militärischen Unterdrückung der palästinensischen Massen durch die israelische herrschende Klasse.
Diese Versuche sind jedoch unheilvoll und weisen auf die zukünftige Richtung, die der US-Imperialismus einschlagen wird, hin. Leo Trotzki wies darauf hin, dass der Imperialismus einen Ausweg in der internationalen Arena sucht, wenn die nationalen Spannungen eine explosive Stufe erreicht haben. Dies kann in Form der stärksten militärischen Macht auf der Welt bedeuten, dass diese sich zu mehr Interventionen entscheidet, inklusive militärischer und polizeilicher Operationen gegen 'Schurkenstaaten'.
Ein weiterer Faktor ist die Schwäche der Bush Administration, die während dieser Krise deutlich hervortrat.
Die Administration wird dies nun wahrscheinlich dadurch versuchen zu überwinden, dass sie auf der internationalen Bühne entschlossen auftritt, unabhängig von den Konsequenzen für Menschenleben und der Anzahl menschlicher Opfer.
Eine Auswirkung der Anschläge ist die Stärkung der Hegemonie des US-Imperialismus, was die Täter gerade unterterminieren wollten. Dies unterstreicht einmal mehr die unheilvollen Folgen von individuellem Terrorismus. Seit dem Zusammenbruch des Stalinismus sind die USA die einzige Supermacht, jedoch mit starken Einschränkungen ihrer Macht. Wirtschaftlich sind die USA natürlich der Koloss, der die Welt trägt. Aber aufgrund des weltweiten Kräfteverhältnisses war die überwältigende Macht des US-Imperialismus ernsthaft eingeschränkt. Nicht der geringste Faktor in diesem Zusammenhang war die Zurückhaltung des europäischen Kapitalismus aufgrund seines Misstrauens gegenüber den groben Standpunkten von US-Vertretern und seiner Weigerung bedingungslose Unterstützung für die weltweiten militärischen Maßnahmen des US-Imperialismus zu geben. Aber innerhalb weniger Tage haben Vertreter des französischen Kapitalismus, der traditionell einen gewissen Abstand zum US-Imperialismus suchte, nachgegeben. Durch die Zeitung Le Monde, und Kennedys Statement von 1963 an der Berliner Mauer aufgreifend, erklärten sie in ihrer Schlagzeile: "Wir sind alle Amerikaner!" [12. September]
Gerhard Schröder, der deutsche Bundeskanzler, der den US-Imperialismus zur Zeit des Golfkriegs kritisierte, folgt heute auch der US-Linie. Blair musste seine Position nicht verändern, da er traditionell, wie alle Vertreter des britischen Imperialismus seit 1945, wie der Pudel des amerikanischen Imperialismus handelt. Selbst der russische Imperialismus hat, in der Gestalt Putins, in dieser Frage sich deutlich hinter die USA gestellt. Auch wenn diese Koalition mittel- und langfristig nicht halten mag, so hat sie doch den US-Imperialismus enorm darin gestärkt die Maßnahmen für Gegenschläge zu ergreifen, die er für notwendig erachtet.
Militärintervention
Welche Maßnahmen ergriffen werden, ist selbst Bush und der amerikanischen herrschenden Klasse noch nicht klar. Aber zumindest wird es zu einer Militärintervention, möglicherweise nicht nur Luftangriffen, sondern auch den Einsatz von Bodentruppen, gegen bin Ladens Stützpunkte in Afghanistan kommen. Die Regierung Afghanistans hat, eine solche Intervention erwartend, schon bin Ladens Zugang zu Kommunikationsmitteln eingeschränkt. Dies wird jedoch wahrscheinlich eine militärische Intervention mit dem Vorwand des Vorgehens gegen terroristische Stützpunkte nicht verhindern, die auch militärische Maßnahmen zu Schwächung oder zum Sturz der Talibanregierung in Afghanistan beinhalten könnte. Dies hätte nicht nur in Afghanistan, sondern auch in Pakistan Folgen, wo die Muscharraf-Regierung unfähig ist, dem Aufstieg des islamischen Fundamentalismus etwas entgegen zu setzen. Das pakistanische Regime ist mit Nuklearwaffen ausgerüstet, wie auch Indien, und es ist eine wachsende Sorge des amerikanischen Imperialismus, das Konflikte in dieser Region außer Kontrolle geraten könnten und in einem begrenzten Einsatz von Atomwaffen enden könnten.
Nun könnten aber gerade die Aktionen des US-Imperialismus, wenn sie stattfinden und ein weitgehendes Ausmaß annehmen, zu einer Situation führen, wo Ereignisse außer Kontrolle geraten und ein Albtraumszenario Wirklichkeit werden könnte. Dies hört sich weit hergeholt an, aber wir befinden uns in einer völlig neuen Situation, in der die Anschläge in den USA die weitere Entwicklung der Welt verdreht haben.
Politisches Bewusstsein
Die rückschrittlichen Auswirkungen von individuellem Terrorismus wurden auch in den Reaktionen der FührerInnen der Gewerkschaften und Arbeiterbewegung, vor allem in Westeuropa, deutlich. In Großbritannien war zum Beispiel erwartet worden, dass Blair mit einer Revolte gegen Privatisierungen beim Kongress des dortigen Gewerkschaftsdachverbandes (TUC) konfrontiert sein würde. Es wurde allgemein angenommen, dass er dort dem feindlichsten Publikum in seiner vierjährigen Amtszeit gegenüber stehen würde. Kurz bevor er dort reden sollte, fanden jedoch die Anschläge in den USA statt und er sagte seine Rede ab. Daher gab es beim Kongress des TUC keine Debatte zum Thema Privatisierungen.
Dieses Schlüsselthema für die britische Arbeiterklasse und Arbeiterbewegung wurde nicht einmal ausreichend beim TUC Kongress angesprochen. Hinzu kommt, dass die Konferenz zum ersten Mal seit 1939 (seit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs) frühzeitig beendet wurde, was einen Beitrag zur "Kriegsatmosphäre" lieferte, die die britische herrschende Klasse zusammen mit den herrschenden Klassen weltweit schaffen wollen. Ein Nebenprodukt dieser "klassenlosen" bzw. "klassenübergreifenden" Herangehensweise wird sein, dass die Kapitalisten versuchen werden, bei minimaler Opposition grundlegende Angriffe auf den Lebensstandard und die Rechte der Arbeiterklasse durchzusetzen. Die Bush Administration wird gerade unter Druck gesetzt, Steuern auf Kapitaleinkünfte zu kürzen.
Die österreichischen FührerInnen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie haben ähnlich wie ihre britischen Pendants gehandelt. Obwohl sie traditionell sehr zurückhaltend dabei sind Streiks und Proteste von ArbeiterInnen gegen die Bosse oder die Regierung zu unterstützen (auch wenn sie diese Politik in letzter Zeit etwas ändern mussten) haben sie sich beeilt, eine Schweigeminute als Demonstration "nationaler Einheit" mit den Bossen und der Regierung gegen die Ereignisse in den USA in den Fabriken und Arbeitsstätten zu organisieren.
Ihnen folgten die deutschen GewerkschaftsführerInnen, die gemeinsam mit den Bossen eine fünfminütige Arbeitsniederlegung in allen Fabriken und Arbeitsstätten und eine Demonstration "des Volkes" - der Arbeitgeber, Gewerkschaften und der politischen Parteien - am Brandenburger Tor in Berlin organisierten.
Der Slogan, der in Deutschland für die Kundgebung am Brandenburger Tor benutzt wurde ist: "Keine Macht dem Terror - Solidarität mit den USA." Es ist interessant, dass die Bourgeoisie und die sozialdemokratischen Führer Bestandteile der Sprache - "Solidarität" - der Arbeiterbewegung benutzen müssen, um diesen Ausdruck von Einheit mit den Arbeitgebern und ihrem System, welches ja für die Verhältnisse, die zum Aufstieg des Terrorismus im Nahen Osten und anderswo geführt haben, zu rechtfertigen.
Der einzige Grund aus dem der britische Gewerkschaftsdachverband TUC keine ähnlichen Demonstrationen ausruft ist wahrscheinlich die Angst davor einen Präzedenzfall zu schaffen und auch ihren Mangel an Einfluss in der Gesellschaft insgesamt, aber auch unter ihren Mitgliedern. Würden sie eine solche Demonstration organisieren, würde diese sicher in Zukunft als ein Beispiel dafür herangezogen, was man gegen brennende soziale Probleme, wie Privatisierungen machen kann.
Diese Entwicklungen zeigen aber schon, welch riesige Auswirkungen die Ereignisse in den USA schon auf das Bewusstsein breiter Schichten der Bevölkerung, inklusive der Arbeiterklasse hatten. Und das bevor die Nachwirkungen der Ereignisse vollständig klar geworden sind. Österreich und Deutschland weisen darauf hin, dass die Reaktion unter der Masse der Bevölkerung, inklusive der Arbeiterklasse, zumindest in den industrialisierten Ländern ein Element von "alle zusammen" - sprich: nationaler Einheit - beinhaltet. Das ist etwas, was sich am Beginn aller Kriege ereignet. Trotzki hat darauf vor allem im Zusammenhang mit den patriotischen Massendemonstrationen zu Beginn des Ersten Weltkriegs in Österreich hingewiesen.
Natürlich ist es in Europa noch nicht so weit wie damals gekommen. Und es ist problematisch einzuschätzen, wie lange diese Stimmung anhalten wird. In den USA kann, vermischt mit dem Trauma und der Trauer, eine Stimmung von Chauvinismus und Fremdenfeindlichkeit entstehen und es, wie man leider schon sehen konnte, zu Angriffen auf Menschen arabischen Ursprungs kommen.
Die Atmosphäre von Hass und Einschüchterung gegen Moslems in den USA, die angeheizt werden wird, zeigte sich schon in Berichten aus Chicago. Viele Taxifahrer kommen aus moslemischen Ländern und eine Firma wies die Fahrer am Dienstag an, nach hause zu gehen, nachdem es eine Zunahme von beleidigenden Bemerkungen durch Fahrgäste gegeben hatte. Viele moslemische Hochschulen und Moscheen müssen beschützt werden. Auch in Europa, zum Beispiel in London, hat es Beispiele von Beleidigungen gegen AsiatInnen gegeben. Es ist eine wichtige Aufgabe für die Sozialistische Alternative in den USA (die UnterstützerInnen des CWI in den USA) die arabische/moslemische Minderheit, die in den nächsten tagen, Wochen und Monaten zum Opfer einer Hexenjagd und von Übergriffen werden kann, verbal und praktisch zu verteidigen.
Gleichzeitig müssen wir uns klar darüber sein, dass es weder in den USA noch international eine einheitliche Reaktion auf die Ereignisse gibt. Eine bewusstere Schicht von Leuten wird über die Ursachen der Ereignisse nachdenken, über die Beteiligung der herrschenden Klasse der USA bei der Schaffung der Bedingungen, die zu der Verzweiflung führten aus denen der Terrorismus erwachsen kann. Sie werden dies zweifellos mit der Ungleichheit in den USA und der großen Ungerechtigkeit in Verbindung bringen, die die herrschende Klasse der USA, ihre Verbündeten und der Weltkapitalismus aufrecht erhalten.
Es ist möglich, dass die Antiglobalisierungsbewegung zeitweilig die Orientierung verliert, einige Leute, die an der Bewegung teilgenommen haben oder bei Demonstrationen dabei waren, könnten entmutigt werden und wieder passiv werden. Aber die objektive Lage, die zu diesen Massenbewegungen führte, wird nicht verschwinden. Im Gegenteil wird sie sich durch die Schwächung der allgemeinen Lage des Weltkapitalismus verschlimmern. Wenn das CWI und seine Sektionen in einer ausgewogenen, aber klaren Art und Weise in die Situation eingreifen, mit unseren Erklärungen und zeitgemäßen und an die Lage im jeweiligen Land angepassten Forderungen, können wir für unsere Parteien und unsere Internationale neue Kräfte gewinnen.
Die allgemeine Lage wird zumindest kurzfristig nicht so günstig sein, wie wir es erwartet haben. Dies gilt vor allem für die USA. Aber mittel- und langfristig werden die fundamentalen Schwächen des US- und des Weltkapitalismus durch diese Ereignisse verstärkt. Zum Beispiel wird eine wahrscheinliche explosive militärische Intervention des US-Imperialismus, die tausende Opfer zur Folge haben wird, einen mächtigen Einfluss auf das Bewusstsein der Leute in der weltweiten Antiglobalisierungsbewegung haben. Die Frage von Krieg und Frieden wird wichtiger werden, wenn mächtige Friedensbewegungen eine Verbindung zu den Bewegungen gegen die Konzerne und den globalen Kapitalismus aufnehmen. Wir sollten uns daran erinnern, dass, wie auch Napoleon feststellen musste, der US-Imperialismus nicht ganze Nationen mit dem Bajonett in Ketten halten kann, auch wenn er mit seiner militärischen Macht Militär- und Polizeioperationen durchführen kann, die auch Invasionen und zeitweilige Besetzungen von Ländern oder Teilen von Ländern beinhalten können.
Vietnam
Die Lehren des Vietnamkrieges sind im Blut von 55.000 US-Opfern und den Millionen vietnamesischen Opfern verewigt. Dieser zeigte, dass die größte Militärmacht der Welt, mit all ihren teuflischen Vernichtungswaffen nicht in der Lage war 17 Millionen zerlumpte Bauern zu besiegen. In der modernen Ära der Globalisierung sind solche Methoden völlig ungeeignet und es ist unmöglich sie über einen längeren Zeitraum anzuwenden.
Das schließt aber einen explosiven Ausbruch des US-Imperialismus mit Unterstützung seiner Verbündeten nicht aus. Das kann die Form eines offenen oder verdeckten Kampfes zwischen "Nord und Süd", also zwischen den industrialisierten Ländern und der neokolonialen Welt, annehmen.
Eine bedeutende Nachwirkung dieses "Erdbebens" in den USA wird die ideologische Offensive sein, die nun von der Bourgeoisie gestartet wird, um ihr Weltsystem zu stärken. Das ist jedoch auch begrenzt. Die Ereignisse finden nicht vor dem Hintergrund des Zusammenbruches des Stalinismus 1990/91 statt. Es gibt aber ein Element der damaligen Situation in der heutigen Lage. Damals wurden die politischen Folgen der Rezession von 1990-92 teilweise vom Golfkrieg gelindert. Bisher handelt es sich noch nicht um einen vergleichbaren Krieg. Aber die Bourgeoisie hofft die Situation und weitere militärische Operationen dazu zu nutzen, die Aufmerksamkeit von den wachsenden wirtschaftlichen Problemen und einer möglichen tiefen Rezession abzulenken.
Wirtschaftliche Konsequenzen
Vor diesen Ereignissen stand der US- und Weltkapitalismus am Rande eines ernsthaften Rezession oder sogar eines tiefen wirtschaftlichen Absturzes. Werden die Anschläge die von uns entwickelten Perspektiven verändern? Wir können wenige Tage nach den Anschlägen nur sehr bedingte Schlussfolgerungen ziehen. Jedoch waren in der Geschichte ähnliche unvorhersehbare geopolitische Ereignisse oftmals der Auslöser für ernsthafte Rezessionen oder wirtschaftliche Abstürze.
Der unmittelbare wirtschaftliche Verlust ist schwer zu quantifizieren, er wird aber sehr groß sein. Es gibt die Verluste an den Finanzmärkten durch die Schließung der Wall Street und anderer Börsen. Es gibt die riesigen Kosten für die Absage von Zivilflügen in den USA und zwischen den USA und dem Rest der Welt. Es gibt durchschnittlich jeden Tag 55.000 Flüge in den USA. Der tägliche Verlust geht in die Größenordnung von hunderten Millionen Dollar. Der Tourismus und die Schifffahrt werden getroffen werden. Die Nachwirkung auf den Flugverkehr und den Tourismus in Europa werden beachtlich sein. Über zwei Millionen Menschen fliegen täglich durch den amerikanischen Luftraum und auch nach der Wiederaufnahme der Flüge werden die Verluste hoch sein. Die Kosten für die Versicherungen in den USA und Rückversicherer anderswo werden riesig sein. Viele Versicherungsunternehmen werden bankrott gehen. Natürlich werden es aber die Arbeiter- und die Mittelklasse sein, die letztlich durch erhöhte Versicherungsbeiträge die Kosten zahlen werden.
Versicherungskosten
Die Versicherungskosten für das World Trade Center alleine werden auf 5 Milliarden Dollar geschätzt. Es sieht nun danach aus, dass der Eigentümer des World Trade Center einen teuren Fehler damit begangen hat, nur den Verlust eines der beiden Türme zu versichern, da es "unvorstellbar" war, dass beide zerstört werden könnten. Diese Hochhäuser wurden erdbebengerecht und gegen andere Katastrophen gebaut, aber nicht gegen einen terroristischen Anschlag wie am 11. September. (Die Eigentümer scheinen jedoch auch für diese Eventualität das Gebäude unterversichert zu haben - in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar statt 5 Milliarden Dollar)
Vor diesen Ereignissen war es nur das Konsumentenverhalten, dass die USA davon abhielt in eine richtige Rezession abzugleiten, das heißt die US-Bevölkerung gab weiter Geld auf der Basis von massiven Krediten und wachsender privater Verschuldung aus. Jetzt schreiben die Financial Times: "Einige Tage Produktionsausfall hat es schon gegeben und eine trauernde und angsterfüllte Nation wird kaum in die Einkaufszentren und Autohäuser zurückkehren. New Yorks Finanzdienstleistungsindustrie, die alleine 2,7 Prozent des US-Bruttoinlandprodukts ausmacht, ist ernsthaft durcheinander gebracht." [13. September]
Der Konsum machte zwei Drittel der Wirtschaftsaktivitäten der USA aus und wuchs mit einer jährlichen Rate von 2,5 Prozent. In der Zeit nach diesen Ereignissen ist es unwahrscheinlich, dass dies aufrechterhalten werden kann. Gleichzeitig werden die zunehmenden internationalen Spannungen, die Angst vor einer neuen Runde des Terrorismus das Konsumverhalten untergraben.
Auf der anderen Seite pumpen die US und Weltbourgeoisie Geld in das System, weil sie ernsthaft erschüttert sind und Angst davor haben, dass die Ereignisse mit der schlimmsten Rezession seit 1945 zusammen fallen. Die Financial Times kommentierte: "Eine tiefe globale Rezession, mit all den schrecklichen Konsequenzen für die Schwellenländer, ist genau der Schaden, den die Terroristen anrichten wollten. Normalerweise wäre eine solche Konsequenz unmöglich. Die Schandtat vom Dienstag, so groß auch der Verlust von Menschenleben ist, ist wirtschaftlich eigentlich minimal, passiert aber zu einem solch delikaten Zeitpunkt, dass das wirtschaftliche Vertrauen überdurchschnittlich zerstört werden könnte."
Deshalb haben die Zentralbänker der USA, Europas und Japans sofort 120 Milliarden Dollar in das Finanzsystem gepumpt. Die US-Notenbank hat 38,25 Milliarden Dollar im Bankwesen in Umlauf gebracht, zehn Mal soviel wie der sonstige Tagesdurchschnitt. Die Bank von Japan und die Europäische Zentralbank haben 80 Milliarden Dollar locker gemacht. Dies kann eine Wirkung erzielen und möglicherweise den Ausbruch einer Rezession etwas verzögern oder die Folgen etwas lindern. Falls es zu weiteren Senkungen der Zinsraten kommt, könnte diese Wirkung verstärkt werden. Aber das ist alles andere als sicher.
Auf der anderen Seite findet man in der Wirtschafts- und Finanzpresse die unspezifizierten Ängste nicht namentlich genannter Firmen, die aufgrund dieses massiven finanziellen Durcheinanders die Möglichkeit einer neuen LTCM (Long Term Capital Management) - Katastrophe sehen, die zu einer weltweiten Kernschmelze des Finanzsystems führen könnte. Die nicht geringste Sorge der US Notenbank ist ein scharfer Kollaps des Dollars.
Ein weitere Faktor ist das Öl. Nach den Anschlägen stieg der Ölpreis um vier Dollar pro Barrel und hat sich bei circa 28 Dollar pro Barrel stabilisiert. Wenn ein größerer Konflikt im Nahen Osten ausbricht, wird dies den Ölpreis unweigerlich in die Höhe treiben und das wird dramatische Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben. Einige Kommentatoren haben geschrieben, dies würde in einer Rezession dadurch aufgefangen, dass die Nachfrage nach Öl sinken würde und es auch einen Abschwung im Flugverkehr geben wird. Trotzdem würde eine größerer militärischer Konflikt im Nahen Osten die Ölpreise steigen lassen. Schon zwischen 1999 und 2000 verdreifachte sich der Ölpreis von 10m Dollar auf 30 Dollar pro Barrel.
Einen Eindruck von den Auswirkungen der Anschläge auf die Weltwirtschaft sieht man in Europa. Nach Berichten der Financial Times "hat ein früherer französischer Innenminister den heutigen Finanzminister Laurent Fabius dazu gedrängt, die Einführung von Euro-Banknoten auszusetzen, um gegen die wirtschaftlichen Risiken vorzugehen, die aus den Anschlägen in den USA erwachsen." [13. September]
All das sind so lange Unwägbarkeiten, bis die Situationen klarer wird. Aber SozialistInnen müssen auf eine Reihe von Eventualitäten vorbereitet sein. Es scheint jedenfalls sicher, dass die "Kriegs"- und angeblich "Verteidigungsindustrie" an der kommenden Aufrüstung des US-Imperialismus verdienen werden, wie auch die "Sicherheitsindustrie" durch die Zunahme von Sicherheitsmaßnahmen.
Aber die grundlegende wirtschaftliche Situation hat sich nicht verändert. Sie hat sich durch die Ereignisse eher verschlechtert und trotz der Finanzspritzen ist es wahrscheinlich, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession oder einen tiefen Sturz abgeleitet. Aber selbst wenn die Aktionen der US-Notenbank und der europäischen und japanischen Zentralbanken eine vorübergehende Beruhigung des wirtschaftlichen Zyklus erreichen sollten und eine unmittelbare Rezession verhindern sollten, wäre das nur auf Kosten eines Anwachsens viel größerer Probleme zu einem späteren Zeitpunkt.
Das politische Leben hängt für den US und Weltkapitalismus von den internationalen Folgen der Ereignisse ab, vor allem von der Möglichkeit eines kleinen Kriegs oder eines militärischen Konflikts, der eine Zeit lang von den politischen und wirtschaftlichen Folgen einer Rezession ablenken könnte. Aber selbst das ist, zumindest auf Europa und Japan bezogen, zweifelhaft. In den USA mag sich eine ähnliche Situation wie in Großbritannien während des Malvinas/Falkland-Krieges entwickeln, als Thatcher trotz der schrecklichen wirtschaftlichen Situation, auf der Basis der patriotischen Welle nach dem Sieg einen großen Wahlsieg erringen konnte.
Militärischer Sieg?
All das hängt davon ab, ob die USA einen militärischen "Sieg" werden erringen können. Internationale militärische Invasionen, selbst wenn sie vorsichtig ausgeführt werden, werden die Probleme im Nahen Osten, und vor allem im Pulverfass Israel/Palästina, nur verstärken. Unter dem Schutz der Ereignisse ist die israelische herrschende Klasse zeitweilig in die Palästinensergebiete vorgedrungen und hat zwei palästinensische Städte besetzt, bevor sie sich wieder zurückzog. Sharon hat angekündigt, dass er eine Pufferzone zwischen der West Bank, dem Gazastreifen und Israel errichten möchte. Der Konflikt hat eine weitere Wendung durch das erste Selbstmordattentat eines israelischen Arabers genommen, was den Konflikt innerhalb Israels verschärft hat. Auch die Tendenz eines Teils der israelischen herrschenden Klasse das Szenario einer Neuaufteilung der Region zu befürworten wurde verstärkt. Das hätte die Vertreibung von einer Million israelischer AraberInnen, die Eingliederung einer Reihe von israelischer Siedlungen in der Westbank nach Israel und die Schaffung eines Sicherheitsstreifens um Israel herum bedeuten. Die Ausweisung aller PalästinenserInnen aus Israel würde die sozialen und ökonomischen Probleme in der Westbank und im Gazastreifen verstärken und würde auch die Basis legen für eine neue Runde von brutalem Terrorismus, von dem Amerika und der Rest der kapitalistischen Welt wieder getroffen würden, was wiederum zu Gegenmaßnahmen führen würde.
Deshalb wird der US- und Weltimperialismus keine Lösung für die Probleme finden, egal welchen Weg er einschlägt. Vorübergehend können soziale Fragen und Klassenauseinandersetzungen in den Hintergrund gedrängt werden. Aber wir müssen betonen, dass es eine Minderheit, und zwar eine bedeutende Minderheit, gibt, die nach Erklärungen sucht und ungeduldig unsere Analyse und unser Programm annehmen wird.
Die kommende Periode ist ein Test für unsere Organisation in den USA und für das ganze CWI. Aber wir werden nicht von unserem Kurs abweichen. Wir werden einer möglichen neuen Runde von ideologischer Kriegsführung der Bourgeoisie entgegentreten, die alle als "Terroristen" dämonisieren werden, die ihr System ablehnen. Aber das weltweite Kräfteverhältnis zwischen den Klassen wird durch diese Ereignisse nicht nachhaltig geändert werden. Die ökonomische Situation und ihre politischen Auswirkungen wird letztlich auf der politischen Ebene zu spüren sein. Das CWI hat schon sehr wichtige Unterstützungspunkte aufgebaut und kann substanziell wachsen, vor allem mittel- und langfristig, wenn wir die neue Situation ideologisch verarbeiten.
Es handelt sich um einen sehr wichtigen Wendepunkt in der US- und Weltgeschichte. Wie wir darauf reagieren ist ein wichtiger Test für SozialistInnen und die Mitglieder und UnterstützerInnen des CWI.
Internationales Sekretariat des Komitees für eine Arbeiterinternationale (engl. CWI) 14 September 2001