Die Ärmsten leiden am meisten unter den Erdbeben in Kaschmir, Afghanistan, Pakistan und Indien

Die mangelhafte Finanzierung des öffentlichen Dienstes verschlimmert die Katastrophe noch zusätzlich
Rukhsana Manzoor und Khalid Bhatti, Lahore, Socialist Movement Pakistan/CWI

Um 8 Uhr 55 an diesem Morgen schlug die Katastrophe zu, als acht Wellen des Erdbebens begannen. JedeR in der Region ist in Panik. Das pakistanische geologische Institut hat davor gewarnt, daß innerhalb der folgenden 48 Stunden weitere Beben folgen können. Die westlichen Medien sind voll mit Interviews mit Vertretern der pakistanischen Bundesregierung und mit Militärvertretern, die behaupten, daß eine vollständige Rettungsmission bereits anläuft ist und daß "alle Ressourcen mobilisiert werden". Glauben Sie ihnen nicht! Dieses ist ein typisches Ablenkungsmanöver der Musharraf Regierung.

Die Leben der ArbeiterInnenklasse und der armen Bauernschaft in ganz Südostasien sind schon normalerweise von Elend und Katastrophe geprägt. Jetzt ist die Situation untragbar geworden. Das Erdbeben hat die gebirgigen und entferntesten Regionen am schlimmsten getroffen. Das sind auch jene Regionen, in denen einige der ärmsten Menschen in unserer Region leben. In vielen der Dörfern werden die Häuser der Menschen aus Lehm gebaut und sind sofort eingestürzt. Erdrutsche haben die Straßen blockiert und das hat macht es unmöglich, das Rettungsmissionen in die bedürftigsten Regionen vordringen können oder das die am schwersten verletzten in ein Krankenhaus transportiert werden können. Aber die Opferzahl wäre noch weit höher gewesen, wenn das Epizentrum des Erdbebens beim oder nahe bei einer der Hauptstädte von Pakistan gewesen wäre.

Es kommen laufend neue Nachrichten – aber es scheint der Fall zu sein, das Kaschmir und möglicherweise auch das von Pakistan besetzte Kaschmir die schlimmsten Zerstörungen gesehen hat. Sechzig Prozent von Muzafarabad, einer wichtigen Stadt, sind zerstört worden. Es gibt Berichte, das heute früh ein Erdrutsch in Folge des Erdbebens einen der Hauptflüsse nahe der Stadt blockierte hat. Es gab in den letzten Stunden schwere Regenfälle. Wenn die Behörden den Fluß nicht freischaufeln, könnte es massive Überschwemmung geben.

Die meisten Städte und Dörfer in Kaschmir haben weder laufendes Wasser noch Elektrizität. Rawalkot und Bagh, zwei andere wichtige Städte im von Pakistan besetzten Kaschmir, wurden schwer verwüstet - obgleich es sehr schwierig ist, genau Informationen über die Situation zu bekommen, weil alle Telephonleitungen unterbrochen und Straßen blockiert sind. Fernsehreporter schätzen das über 300.000 Kashmiris, einschließlich vieler Verletzter, die Straßen säumen, entsetzt und obdachlos und auf Hilfe warten, die nicht zu kommen scheint. In Kotli einem Dorf in Kaschmir, in dem CWI-Mitglieder leben, wurden die Häuser der meisten Menschen zerstört.

Die Gebirgsregionen der nordwestlichen Grenzprovinz wurden ebenfalls schrecklich getroffen. Ein Dorf namens Kalam in der Provinz von Swat, in pakistischen Sektion des CWI (Socialist Movement) eine kleine Gruppe von Mitgliedern hat, ist zerstört worden. Es ist bisher nicht möglich gewesen, genaue Informationen darüber zu geben, ob alle Mitglieder des CWI in Pakistan und in Kaschmir in Sicherheit sind.

Der Premierminister von pakistanisch besetztem Kaschmir hat die Zahlen für Todesopfer in Kaschmir auf mindestens 1.500 geschätzt. Aber diese Zahl kann noch stark ansteigen. Was in den letzten Stunden deutlich geworden ist, ist wie die schockierend der Zustand der öffentlichen Infrastruktur in Pakistan als Folge von Jahrzehnten der Vernachlässigung ist. In jeder Stadt, in jedem Dorf – auch in jenen, die weniger betroffen sind – sind jene Gebäude, die die meisten Beschädigungen gezeigt haben, Schulen. Viele der Opfer sind VolksschülerInnen und SchülerInnen höherer Schulen, über denen die Klassenzimmer buchstäblich zusammengebrochen sind. Das ist die direkte Folgen von Jahrzehntelanger Vernachlässing bei der Finanzierung. Öffentliche Einrichtungen, wie Katastrophenschutz oder Feuerwehren sind kaum in der Lage gewesen zu helfen, weil sie kaum bestehen - wieder wegen des Mangels an Finanzierung. Das Gesundheitswesen ist vollständig überfordert wegen des Mangels an DoktorInnen und Krankenhäusern. Verletzte werden in den verschiedenen Teilen der Region in den Höfen und in einigen Fällen auf der Straße versorgt, weil die Kliniken und die Krankenhäuser voll sind. Und das gilt für jene, die das Glück haben, dorthin gelangt zu sein!

In Pakistan werden 45% des Budgets ($3.5 Milliarden US-Dollar) für die Verteidigung ausgegeben. Und nur 1.7% werden für Gesundheit eingesetzt! Der Unterschied zwischen diesen zwei Zahlen führt dazu, das die Opferzahl in einer Situation wie jetzt um so höher sein werden. Trotz der Behauptungen von Ministern der Regierung, haben die Rettungsaktionen kaum angefangen – Dorfgemeinschaften sind völlig auf sich allein gestellt. Während in den nächsten Tag mehr Informationen kommen werden ist bereits jetzt klar, dass Kapitalismus und Feudalismus diese Katastrophe massiv verschlimmert haben. Die Regierung ist sehr bewusst darüber, dass der Zorn der Menschen bereits steigt. Sprecher des Musharraf-Regimes haben in den Medien während des Tages immer wieder gesagt, dass dies ein nationaler Notstand ist, in dem nationale Einheit im Vordergrund stehen und es keine Kritik der Regierung geben sollte.

Die Regierung konnte heute gerade einmal die Entsendung von 10 LKWS mit Nahrungsmittel in die nordwestlichen Grenzprovinz verkünden - eine vollständige Provinz mit einer Bevölkerung von Millionen! Die Bundesregierung hat ein Hilfspaket von einer Milliarde Rupien (15 Million Euro) verkündet, aber diese stellt gerade einen Tropfen im Ozean dar von dem, was im Augenblick benötigt wird!

Die Sozialistische Bewegung Pakistan (SMP – Sektion des CWI in Pakistan, Socialist Movement) wird in den nächsten Tagen die Forderung aufwerfen, lokale Komitees für die Erdbebenkatastrophe zu wählen, die die Wiederaufbau und Rettungsarbeiten organisieren sollen.

Das SMP fordert:

  • Ein

    umfassende Rettungsoperation bei der alle Mitteln der Luftwaffe und der

    Marine eingesetzt werden, einschließlich der Errichtung von kostenlosen

    Feldkrankenhäusern sowie von Notschlafstellen und Feldküchen .

  • Die

    Verteilung der Zelte, Nahrung, der ärztlichen Betreuung, finanzieller

    Unterstützung und von Trinkwasser muss unter der Kontrolle von lokalen

    Komitees für die Erdbebenkatastrophe sein.

  • Die

    Schadensermittlung der lokalen Gemeinschaften sollte von den Repräsentanten

    der Komitees und nicht der Regierungsbeamten, wie in früheren

    Katastrophen, durchgeführt werden. Vollen Kompensation im Ausmass der

    Wiederaufbaukosten für alle, die ihr Zuhause verloren haben.

  • Es

    müssen sofort Kontrolle der Miethöhe und der Preise von Häusern, Grund

    etc. eingeführt werden

  • Eine

    Deckelung der Preise von Zement, Ziegelsteinen und weiterem Baumaterials

    muss sofort eingeführt werden

  • Für

    die Wieder-Verstaatlichung aller Firmen im Bau- und Reparatursektor

  • Für

    eine massive Zunahme der öffentlichen Ausgaben um die Infrastruktur zu

    verbessern.

8. Oktober 2005