Mi 04.10.2006
Das Jahr 2006 hat in Chile Mobilisierungen der Studierenden in großem Ausmaß gesehen. Mehr als 600.000 Studierende gingen auf die Straße. Auf Initiaive der OberschülerInnen wurden Hunderte von Mittelschulen von den “Pinguinen”, wie sie in Chile wegen ihrer Uniformen genannt werden, besetzt. Das hat auch die StudentInnen an den Universitäten und sogar die SchülerInnen an den Grundschulen dazu mitgerissen, sich an der Organisierung direkter Demokratie, die tadellos funktioniert, zu beteiligen.
Die Proteste richteten sich gegen die sehr schlechte Qualität des Bildungswesens, die Ausgrenzung der Jugendlichen aus Arbeiterfamilien und die soziale Ungleichheit, die das chilenische Bildungswesen reproduziert. Die Studierenden gaben sich eine sehr effektive demokratische Organisation. Alles wurde in demokratischen Versammlungen entschieden. Die Diskussion wurde zuvor in allen Klassen geführt, die DelegiertInnen mussten ihren KollegInnen Rede und Antwort stehen und diese konnten sie jederzeit abwählen und auswechseln.
Die Studierenden forderten besseres Unterrichtsmaterial, Zugang zu den Schulen ohne zeitliches Limit, Ausspeisung. Aber sie brachten auch das verfassungsmäßige System zur Sprache, das von der Pinochet-Diktatur hinterlassen und von der Concertación (Anmerkung d. Übersetzers: breites Oppositionsbündnis von bürgerlichen Kräften bis hin zur KP, eine Art Volksfront) an der Regierung mit Ausnahme einiger schüchterner Reformen, die niemals das Wesentliche berührten, beibehalten wurde. Die “Pinguine” forderten die Abschaffung des LOCE (Ley Constitucional de la Educación - Verfassungsgesetz zum Bildungswesen), das letzte Gesetz, das Pinochet noch einen Tag vor seinem Rücktritt erlassen hat. Es garantiert die Privatisierung des Unterrichtswesens. Heute stimmen alle der Ansicht zu, dass das chilenische Bildungswesen ein Flop ist, aber weder die Regierung Bachelet noch die Rechte hat den politischen Willen, es so zu reformieren, wie es die Studierenden fordern: dass die Qualität und die Unentgeltlichkeit garantiert werden.
Die Behörden installierten, um Zeit zu gewinnen, einen Beratenden Rat der Präsidentin für das Bildungswesen, um das Problem Bildungswesen eingehend zu untersuchen. Es hat sich aber bis jetzt als handlungsunfähig entpuppt. Die Studierenden beginnen daher, des Wartens überdrüssig zu werden und brüten wieder Protestaktionen aus, während die Behörden mit Manövern begonnen haben, um die studentische Mobilisierung zu spalten. Sie versuchen, FührerInnen in den Rat zu kooptieren oder aus ihren Anstalten auszuschließen.
Ein solcher Fall ist der von Simón Sepúlveda, seit einem halben Jahr Schüler der 4. Klasse in Maipú in Santiago und einer der Sprecher der studentischen Versammlung in der Hauptstadt, Zone West, der am 28. August auf unbestimmte Zeit suspendiert wurde.
Ein anderer Fall sind die jeweils 10 StudentInnen und ProfessorInnen, die von der Privatuniversität ARCIS suspendiert bzw. entlassen wurden. Das ist besonders skandalös, weil es sich um eine Universität im Eigentum der KP und um ManagerInnen handelt, die in der Vergangenheit beim MIR (Anmerkung des Übersetzers: Movimiento Izquierda Revolucionario - Bewegung der Revolutionären Linken, deren Kader nach dem Militärputsch durch Pinochet in den Untergrund gingen) waren. Die StudentInnen wurden hinausgeworfen, indem sie für mehrere Semester suspendiert wurden, weil sie die Universität besetzt hatten. Die zehn Professoren, die entlassen wurden, sind AkademikerInnen von großem Ansehen und mit langer Laufbahn an der Universität, sogar der letzte nationale Preisträger für Geschichte, Gabriel Salazar, ist dabei.
Die Studierenden gingen am 5. September massenweise auf die Straße von Maipú, wo sie aus allen Gymnasien der West-Zone Santiagos aufmarschierten, um gegen den Beratenden Rat der Präsidentin für das Bildungswesen zu protestieren und sich mit Simón Sepúlveda zu solidarisieren. Eine beeindruckende Demonstration, die mit Wasser und Tränengas hart bekämpft wurde und zu Auseinandersetzungen mit der Polizei und zu Unruhen führte.
Eine öffentliche Solidaritätskampagne mit den Studierenden, die Repressalien erleiden, ist im Laufen. Dabei wird über die Situation dieser und anderer Jugendlicher berichtet und konkrete Protest- und Solidaritätsaktionen werden vorbereitet. Unter http://www.solidaridadestudiantes.blogspot.com/ kann man unter “Solidaridad Estudiantes” mehr Informationen finden.
Bitte um Weiterverbreitung:
Im Folgenden ein Musterbrief, der an die chilenischen Behörden mit dem Ersuchen geschickt werden soll, die Repressalien gegen den jungen studentischen Führer Simón Sepúlveda zu beenden. Am Schluss eine Liste der Adressen, an die die Protest-E-Mails geschickt werden sollen.
Distinguido/a Señor/a:
Hemos tomado conocimiento a través de los compañeros del Comité por una Internacional de los Trabajadores (CIT), una organización internacional que esta presente en mas de 35 países, que el joven estudiante Simón Sepúlveda que es uno de los voceros de la Asamblea de Estudiantes Secundarios de la zona poniente de la región metropolitana (Santiago de Chile) ha sido victima de una represión brutal contra sus derechos democráticos fundamentales. El ha sido suspendido indefinidamente del Liceo Polivalente José Ignacio Zenteno de la comuna de Maipú, esta es una medida que busca conculcar los derechos democráticos de los estudiantes y los trabajadores.
Nosotros tenemos vínculos con los hermanos y hermanas chilenos, los luchadores chilenos contra la dictadura de Pinochet. Mucha gente ha sufrido mucho y la solidaridad entre nosotros y los representantes de los trabajadores en el mundo debe ser una cosa de todos los días.
Entonces Señor/Señora con mucho dolor debemos protestar contra las medidas del gobierno Bachelet en contra de los estudiantes, la represión con agua y gases lacrimógenos, los atropellos de la policía y los arrestos son en nuestra humilde opinión muy parecido a los medios usados por la dictadura de Pinochet.
Nosotros escribimos para solidarizar con el caso de Simón Sepúlveda, estudiante secundario de cuarto medio del Liceo Polivalente José Ignacio Zenteno de Maipú, Santiago, que fue suspendido indefinidamente de clases, el 28 de agosto pasado. Se trata claramente de una represalia, a todas luces exagerada, por la destacada actuación que ha tenido este joven luchador en el movimiento estudiantil.
La suspensión indefinida claramente busca amedrentar a todos los jóvenes dirigentes estudiantiles, esto impedirá a Simón su derecho de opinión y pensamiento, su derecho a representar sus compañeros y compañeras y por su derecho a terminar su año escolar normalmente, con todas las consecuencias que esto supone.
Nos dirigimos a usted para exigirle que tome medidas inmediatas para poner fin a las represalias contra Simón Sepúlveda y todos los estudiantes y profesores que hoy son victimas de la criminal represión del gobierno de Bachelet y su control del aparato represivo del estado.
Reciba nuestros saludos.
……….. (firma)
Geschätzte Frau, Geschätzter Herr,
wir wurden durch die GenossInnen des Komitees für eine Arbeiterinternationale (CIT), einer internationalen Organisation, die in mehr als 35 Ländern vertreten ist, davon in Kenntnis gesetzt, dass der junge Oberschüler Simón Sepúlveda, der einer der Sprecher der Versammlung der OberschülerInnen der Zone West in der Hauptstadt (Santiago de Chile) ist, Opfer einer brutalen Repression gegen seine grundlegenden demokratischen Rechte geworden ist. Er ist auf unbestimmte Zeit vom Gymnasium Polivalente José Ignacio Zenteno in der Gemeinde Maipú suspendiert worden. Mit dieser Maßnahme wird versucht, die demokratischen Rechte der Studierenden und der ArbeiterInnen zu verletzen.
Wir fühlen uns mit den chilenischen Brüdern und Schwestern, mit den chilenischen KämpferInnen gegen die Pinochet-Diktatur verbunden. Viele Leute haben dabei viel gelitten und die Solidarität zwischen uns und den VertreterInnen der ArbeiterInnen auf der ganzen Welt soll eine alltägliche Sache sein.
Darum, Señor / Señora, müssen wir mit großem Schmerz gegen die Maßnahmen der Regierung Bachelet gegen die Studierenden protestieren. Unserer bescheidenen Meinung nach sind die Repression mit Wasser und Tränengas, die Polizeiübergriffe und die Arretierungen den von der Pinochet-Diktatur angewandten Mitteln sehr ähnlich.
Wir schreiben Ihnen, um uns mit Simón Sepúlveda, Oberschüler in der Vierten des Gymnasiums Polivalente José Ignacio Zenteno in Maipú, Santiago, der am 28. August auf unbestimmte Zeit von seiner Klasse suspendiert wurde, zu solidarisieren. Es handelt sich offenkundig um eine in jeder Hinsicht übertriebenen Repressionsmaßnahme, die wegen der herausragenden Tätigkeit, die der junge Kämpfer in der studentischen Bewegung innegehabt hat, gesetzt wurde.
Die Suspendierung auf unbestimmte Zeit soll offenkundig alle jungen studentischen FührerInnen einschüchtern. Damit wird Simón Sepúlveda an der Ausübung seiner Rechte gehindert: dem Recht auf Meinungs- und Gedankenfreiheit, dem Recht, seine Kolleginnen und Kollegen zu vertreten, und an seinem Recht, sein Schuljahr normal zu beenden, mit all den Konsequenzen, die das mit sich bringt.
Wir wenden uns an Sie mit der Forderung, sofortige Maßnahmen zur Beendigung der Repressalien gegen Simón Sepúlveda und alle Studierenden und ProfessorInnen zu ergreifen, die Opfer der kriminellen Unterdrückung der Regierung Bachelet und ihrer Kontrolle des staatlichen Repressionsapparates sind.
Hochachtungsvoll
…………….. (Unterschrift)
Bitte senden an:
- Präsidentin von Chile, Sra. Michele Bachelet (um ein E-Mail zu senden, gehe / gehen Sie auf die Seite http://www.presidencia.cl/view/view/RegistraUsuario.asp)
- Bildungsministerin, Sra. Yasna Provoste (600minduc@minduc.cl)
- Bürgermeister von Maipú, Sr. Alberto Undurroga Vicuña (alcaldia@maipu.cl)
- Direktorin des Gymnasiums Polivalente de José Ignacio Zenteno, Sra. Cecilia Barrenechea (um ein E-Mail zu senden, gehe / gehen Sie auf die Seite http://www.codeduc.cl/index.php?option=com_contact&Itemid=3)