Mi 24.02.2016
Vor der Wahl zur/m Bundespräsidentin/en versuchen alle möglichen KandidatInnen v.a. eines – sich unabhängig zu geben. Tatsächlich sind sie natürlich alle mehr oder weniger Teil einer politischen Partei bzw. so gut wie alle VertreterInnen des Establishments.
Absurd geradezu der Wunsch mancher Linker nach einem/r starken Bundespräsidentin/en der/die eine blau-schwarze Regierung nicht angeloben würde. Glauben sie wirklich an einen starken Mann/eine starke Frau als Mittel gegen den Aufstieg des Rechtsextremismus? Eine rechtsextreme Partei mit starkem Führerelement verhindern durch eineN quasi-diktatorischen Präsidenten/in? Khol, Hundstorfer, Griess und Lugner sind ohnehin unwählbar, manche erhoffen sich von Van der Bellen ein solches Bollwerk gegen rechts. Doch abgesehen davon, dass er bezüglich seiner Position zu einer eventuellen FPÖ-Regierung und auch in Fragen von Migration/Asyl keineswegs als Fels in der antirassistischen Brandung steht, ist er Vertreter einer wirtschaftsfreundlichen und EU-befürwortenden Linie („Wenn es die EU nicht gäbe, müsste man sie erfinden.“).
Das Amt des/der Bundespräsidentin/en ist an sich schon reaktionär. Es wurde nach dem Abflauen der Österreichischen Revolution 1920 neu geschaffen. In der heutigen Form geht es zudem auf die Verfassungsreform 1929 zurück. Mit dieser wollten Bürgerliche und faschistische Heimwehren gezielt das Parlament bzw. die parlamentarische Linke schwächen. Das Amt hat weitreichende quasi-diktatorische Befugnisse: Der/die BundespräsidentIn ist Staatsoberhaupt, OberbefehlshaberIn des Bundesheers, kann den Nationalrat auflösen, die Bundesregierung entlassen und per Notverordnung regieren. Nur weil das bisher keiner getan hat, ändert das nichts daran: dieses Amt ist undemokratisch und gehört abgeschafft.
Solange es das Amt gibt, ist die Frage: Wie umgehen? Bei den kommenden Wahlen wird noch zu sehen sein, welche KandidatInnen antreten, wie ihr Programm ist. Weil der Wahlkampf eine gewisse Polarisierung und Politisierung bedeuten wird, wäre eine linke Kandidatur zu begrüßen. Eine Kandidatur, die sich nicht primär auf das Amt und damit StellvertreterInnenpolitik, sondern das Organisieren von Widerstand konzentriert. Zur Zeit gibt es in „der Linken“ an verschiedenen Ecken Debatten über die Notwendigkeit einer neuen linken Kraft, einer neuen ArbeiterInnenpartei, einer Linkspartei etc. Eine solche Kandidatur hätte auch ein Ansatz dafür sein können, diese Kräfte zusammen zu bringen. Die Kandidatur von El Awadalla versteht sich als links, hat aber die Chance vergeben, ein solches Zusammenbringen verschiedener linker Kräfte zu schaffen. Schade. Um sehen zu können, wie der Wahlkampf von El Awadalla sein wird, welche inhaltlichen Punkte, welche Methoden aufgegriffen werden, muss sie Unterstützungserklärungen sammeln. Die SLP lehnt die undemokratische Hürde von Unterstützungserklärungen ab, die dazu dienen, dass KandidatInnen des Establishments unter sich bleiben. Mitglieder der SLP helfen daher dabei mit, diese Hürde zu nehmen.
Die Positionen der verschiedenen KandidatInnen und ihre Methoden werden in den kommenden Monaten zu beobachten sein. Ob die SLP El Awadalla unterstützt, wird Ergebnis der genauen Betrachtung ihrer Inhalte und der Frage sein, ob sie Teil von sozialen Bewegungen ist und ob ihre Kandidatur ein Schritt in Richtung einer neuen Formation ist.