Di 01.03.2005
Auch wenn rechte Hetzer unbelehrbar sind: Die Fakten sprechen gegen sie
“Null Toleranz bei Asylmissbrauch. Zuwanderung stoppen.” (HC Strache, FPÖ Wien)
“Innenministerin Liese Prokop (V) verteidigt die Verschärfung im Asylwesen” (Kurier, 23.2.2005)
“SPÖ will restriktiveres Asylgesetz mittragen” (der Standard, 23.2.2005)
Tatsächlich kann der Glaube an den gewaltigen Flüchtlingsstrom seit dem Fall des eisernen Vorhangs als einer der hartnäckigsten politischen Mythen gelten. Zwar stieg die Zahl der in Österreich lebenden AusländerInnen in den ersten drei Jahren nach 1989 sprunghaft von rund 300.000 auf 600.000 Personen an. Diese kamen aber zum überwiegenden Teil aus den traditionellen Gastarbeiterländern Jugoslawien und Türkei und wurden entweder direkt von Unternehmen angeheuert oder kamen in Form der Familienzusammenführung. In den 1990ern wurden insgesamt 13.647 Asylanträge positiv abgeschlossen, in den Jahren 1989 bis 1992 waren es 8.501 - gerademal 3% des gesamten Wachstums der ausländischen Wohnbevölkerung.
Sinkende Anerkennungsquoten
Die Zahl der Asylanträge ist in Österreich weiter rückläufig. Im Jänner haben nach Daten des Innenministeriums 1.537 Flüchtlinge um Asyl angesucht, ein Rückgang um 38,7 % zum Vorjahr. Die meisten Asylanträge stammen von Menschen aus der GUS (v.a. Tschetschenien, Georgien, Moldawien). Die Anerkennungsquoten liegen bei manchen Ländern nur knapp über 10 % (Georgien, Türkei), oder weit darunter (Moldawien 4 %). Tatsache ist, dass 2002 gerade einmal 1.073 positive Anträge, 4 285 negative Anträge bilanziert und 24 523 Anträge aus unterschiedlichsten Gründen (z.B.: Zurückziehung, Zurückweisung, Einstellung) eingestellt wurden. Das heißt, die so genannte Anerkennungsquote lag bei 25,04%! 2004 lag sie auf Grund des neuen Asylrechts, das am 1.Mai in Kraft getreten ist, sogar nur bei 21,4%. Österreich ist überdies immer ein sogenanntes Transferland gewesen. Die überwiegende Zahl der Asylsuchenden reis(t)en durch Österreich durch. 70 Prozent der AsylwerberInnen werden derzeit übrigens nicht in die sogenannte Bundesbetreuung genommen, also nicht von der Republik betreut! (Angaben auf Basis von Informationen der “asylkoordination österreich”.)
470.000 “AusländerInnen” in Wien ?
“In den 90er Jahren verzeichnete Wien eine unkontrollierte Massenzuwanderung von mehr als 250.000 Ausländern. Der Ausländeranteil Wiens liegt daher heute bereits im europäischen Spitzenfeld. In Wien leben dadurch insgesamt über 470.000 Ausländer, davon mehr als 100.000 illegal. In einzelnen Bezirken liegt der Ausländeranteil bei etwa 40 %.”(Auszug aus dem FPÖ Parteiprogramm)
Tatsache ist, dass laut dem Wiener Integrationsfond 2003 der AusländerInnenanteil Wiens bei 16,4% lag, das entspricht 257.000 Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft. Was die FPÖ hier betreibt, ist reine Manipulation, denn eine Diskrepanz von 200.000 kann man beim besten Willen nicht den verschiedenen Auslegungen von Statistiken anlasten. Ebenso gelogen ist natürlich die Behauptung der “unkontrollierten” Zuwanderung: In den letzten 15 Jahren wurden die Ausländergesetze mehrmals verschärft - offensichtlich völlig sinnlose Maßnahmen wenn es wirklich “100.000 Illegale” in Wien gibt. Wir meinen: Die einzig sinnvollen Maßnahmen gegen “Illegale” sind volle soziale und politische Rechte für alle Menschen, die hier arbeiten und leben. Nur das verhindert Lohndruck, illegale Beschäftigung und Kriminalität.
Aggressive Afrikaner?
“... die Art der Schwarzafrikaner! Sie schauen nicht nur anders aus (...), sondern sie sind auch anders, und zwar sind sie ganz besonders aggressiv. Das liegt offensichtlich in der Natur dieser Menschen. Sie sind meist illegal da (...), meist Drogendealer(...)”. (FPÖ-Abgeordnete Partik-Pablé)
Wer tatsächlich aggressiv und wer gefährdet ist, berichtet die konservative Presse unter dem Titel “Afrikaner in Österreich in besonderer Gefahr” (Presse vom 15.2): “Besonderer Gefahr ausgesetzt seien insbesondere in Wien lebende Schwarzafrikaner, die oft wegen angeblicher Verwicklungen in den Drogenhandel stigmatisiert würden. So gebe es mehrere Fälle willkürlicher Ausweiskontrollen und Misshandlungen durch Polizeibeamte.” Verschlechterungen im Asylbereich, Polizeiübergriffe gegen Schwarzafrikaner sowie “rassistische und fremdenfeindliche Untertöne” in Politik und Medien, so lautet auch das Urteil der Experten der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz.
Die Grenzen der Diskussion
Das Grundproblem ist, dass es mit tatsächlichen Rassisten wenig Sinn macht, darüber zu diskutieren, dass nur eine Minderheit der Drogendealer tatsächlich aus Afrika stammt, oder dass es in Wien um das Jahr 1900 wesentlich mehr Kinder nichtdeutscher Muttersprache in den Schulen gab als heute. Migration ist - ebenso wie Flucht vor Not und Verfolgung - eine Tatsache. Als SozialistInnen kämpfen wir einerseits dafür, jedem Menschen, wo immer er lebt (bzw. leben möchte), ein menschenwürdiges Dasein zu garantieren. Gleichzeitig ist die Durchdringung von Sprachen und Kulturen ebenfalls längst ein Faktum geworden. Es gilt, diese nicht als Bedrohung an die Wand zu malen, sondern als Chance und Bereicherung gemeinsam zu gestalten. Das ist letztlich vor allem eine Frage des Geldes: MigrantInnen konzentrieren sich nicht freiwillig in den schlechtesten Wohngegenden, weisen nicht freiwillig die höchste Armutsgefährdung und schlechteste Schulbildung auf. Voller Zugang zum Sozialsystem und zum öffentlichen Wohnbau wäre hier nur der erste Schritt. Kapitalismus basiert insgesamt seit jeher auch auf rassistischer Diskriminierung, auf hunderten Ausländergesetzen, um uns zu spalten und gegeneinander auszuspielen. Nur die Abschaffung dieser Strukturen könnte letztlich eine Gesellschaft ohne Rassismus schaffen.
Die Fakten: Arm und Ausgebeutet
Laut Bericht über die soziale Lage 2003-2004, sind 27 Prozent der Personen aus “Haushalten mit Ausländer/innen” armutsgefährdet. In Zahlen bedeutet dies, dass 121.500 MigrantInnen in Bezug auf die Gesamtbevölkerung stärker armutsgefährdet sind. In Bezug auf die Indikatoren zur Lebenssituation von stärker armutsgefährdeten Bevölkerungsgruppen - Haushalte mit Langzeitarbeitslosen, Ausländer/innen und Haushalte mit behinderten Personen - ergab, dass 50 Prozent der MigrantInnen bei unerwarteten Ausgaben nicht entsprechend finanziell reagieren können. Hoch sind auch die schlechten Wohnverhältnisse bei MigrantInnen: 37 Prozent leben in Substandard- oder überbelegten Wohnungen. Bei 36 Prozent liegt der Anteil jener MigrantInnen, die sich einen Urlaub aus finanziellen Gründen nicht leisten können. Während der Anteil der 20- bis 64-jährigen Gesamtbevölkerung mit nur einem Pflichtschulabschluss bei 18 Prozent liegt, ist der entsprechende Anteil bei den drei oben genannten Bevölkerungsgruppen deutlich höher, heißt es in dem Bericht. So haben 27 Prozent der Personen in Haushalten von MigrantInnen lediglich einen Pflichtschulabschluss. (Vgl.: http://volksgruppen.orf.at)