Do 17.03.2011
Knapp 25 Jahre nach dem Super-GAU in Tschernobyl ist die Atomkraft nicht sicherer, sondern nur älter geworden. Auf dramatische Weise zeigt sich das jetzt in Japan. Klar ist: eine Atommafia hat sich hier jahrzehntelang bereichert. Und die JapanerInnen müssen nun dafür bezahlen.
Aber die Katastrophe hat international die Atomenergie wieder ins Zentrum gerückt. Die deutsche Regierung macht einen zumindest vorläufigen Rückzieher von ihrer Pro-AKW-Politik. Überall gehen Menschen auf die Straße – sie wollen eine sichere, keine verstrahlte Zukunft!
Atom in Österreich
Auch in Österreich ist das Thema hochbrisant: über 30 AKWs stehen rund um Österreich – sicher sind wir hier also nicht, auch wenn wir kein „eigenes“ AKW haben. Und die Herrschenden packeln mit der Atomlobby! Ein Beispiel? Ex-Kanzler Schüssel (ÖVP) kassiert neben Abgeordnetengehalt und Pension auch noch 117.000.- pro Jahr als Aufsichtsrat von RWE. Er ist Lobbyist dieses Atomkraftwerkbetreibers. Wo ist der Unterschied zwischen Bestechung und Lobbying? RWE besitzt auch 49% der Kärntner KELAG, ist also auch in Österreich vertreten. Österreich ist Mitglied von EURATOM, dem Projekt zur Förderung von Atomenergie der EU. Jährlicher Mitgliedsbeitrag: 40 Mio Euro. Auf Gemeinden, die das Volksbegehren zum Ausstieg aus EURATOM; unterstützen wollten wurde vom Innenministerium Druck ausgeübt und vor einer Bewerbung „gewarnt“.
Informationen werden uns vorenthalten: So gibt es z.B. eine „Schweigeklausel“ zu Sicherheitsfragen im slowakischen AKW Mochovce. Auch die Internationale Atomenergiebehörde IAEO zeigt, wo sie steht: sie ist der verlängerte Arm der japanischen Regierung und der Atommafia. Nicht nur hat sie in der Vergangenheit nichts gegen die unsicheren AKWs in Japan getan. Bei der aktuellen Katastrophe geizt sie mit Informationen und agiert damit im Sinne der Atomlobby.
1978 hat sich eine Mehrheit in Österreich gegen die Inbetriebnahme des AKWs Zwentendorf ausgesprochen. Auch damals wollten die PolitikerInnen das AKW – aber eine starke Bewegung hat es verhindert. Die Anti-Atombewegung und der massive Druck von unten sind auch heute der Weg, um gegen die Atomindustrie anzukämpfen!
Stromsparen nicht durch Einschränken bei den KonsumentInnen, sondern durch neue Technologien
Angesichts der radioaktiven Müllberge ist es ein Hohn, dass Atomlobbyisten die Kernenergie als "saubere" Alternative zu Kohlekraftwerken darstellen. Uranabbau, Uranerzaufbereitung und Uranansetzen erhebliche Mengen von Treibhausgasen frei. Kernkraftwerke wandeln nur ein Drittel der bei der Kernspaltung freigesetzten Energie in Strom um, der Rest heizt Flüsse und die Atmosphäre auf.
Die Umstellung auf regenerative Energien ist nötig und mit der massiven Steigerung der öffentlichen Forschungsausgaben auch möglich. Die Möglichkeiten, welche Sonne, Wind, Wasser, Erdwärme, Ebbe und Flut (Gezeitenkraftwerke) und Biomasse zur Energiegewinnung bieten, sind ausreichend vorhanden. Der heute nutzbare Anteil der Sonnenenergie ist dreimal größer als der weltweite Verbrauch an Energie.
In vielen Bereichen kann Energie gespart werden. Nicht, indem „wir alle“ z.B. aufs warm duschen verzichten, sondern indem z.B. von der Energieschleuder Privat-PKW auf einen kostenlosen und gut ausgebauten Öffentlichen Verkehr umgestellt wird. Durch Sanierung und Neubau von energiesparenden Gebäuden, durch Investitionen bei Forschung, Bau und Betrieb regenerativer Energiegewinnungsanlagen etc. könnte Energie gespart werden. Und sinnvolle Jobs für jene Menschen entstehen, die heute in der Atomindustrie arbeiten müssen.
Stromkonzerne in öffentliches Eigentum überführen
Die Herrschenden werden nicht freiwillig auf Kernergie verzichten. Es gibt Interesse an nuklearwaffenfähigem Material, das AKWs produzieren. Was uns als Irrsinn erscheint, ist für andere eine Goldgrube: Große Stromkonzerne wie RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall, verdienen an einem Kernkraftwerk jeden Tag bis zu einer Million Euro.
Atommüll-Beseitigung, Krankheitskosten, Umweltschäden, Polizeieinsätze (zum Beispiel beim Castor-Transport) zahlt der/ die SteuerzahlerIn. Die Atomindustrie bekam zwischen 1950 bis 2008 165 Mrd Euro Subventionen, darunter der Atomanlagenhersteller Siemens.
Die Konzerne wollen an beidem verdienen, "Ökostrom" und Atomstrom. Deswegen darf die Energieversorgung nicht in den Händen von Energieriesen liegen, sondern muss staatlich organisiert sein.
Staatsunternehmen wie der schwedische Vattenfall-Konzern sind Hauptprofiteure der Atomkraft. Im Kapitalismus ist auch staatliche Energieförderung keineswegs im Interesse der Mehrheit. Daher müssen in öffentliches Eigentum überführte Unternehmen auch demokratisch kontrolliert und verwaltet werden. In Gremien sollten VertreterInnen der Belegschaften, der Beschäftigten, der Regierung sowie SpezialistInnen der Umweltschutz- und Verbraucherverbände beraten und entscheiden. Um persönlicher Bereicherung und Missmanagement vorzubeugen, müssen alle Mitglieder in Leitungsgremien jederzeit wähl- und abwählbar sein. Ohne privilegierte ManagerInnen könnten Innovationen aus den Belegschaften umgesetzt werden, Kreativität würde frei.
Für eine demokratisch geplante Wirtschaft, die sich an den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt orientiert
Die Enteignung der Atommafia kann der erste Schritt sein hin zu einer gesamtgesellschaftlichen, demokratisch geplanten Wirtschaft. Wären alle Konzerne und Banken in öffentliches Eigentum überführt, ließen sich die wirklichen gesellschaftlichen Bedürfnisse ermitteln, entsprechende Pläne erstellen und umsetzen, zumal einzelne Betriebe nicht mehr in Konkurrenz zueinander stünden, sondern effektiv zusammenarbeiten könnten.
Güter würden möglichst nah am Verbraucher produziert, und nicht mit Lkw, Flugzeug und Schiff um die Welt befördert werden. Wohnortnahe Arbeitsplätze könnten die CO2-Emissionen erheblich reduzieren. Allein durch den Wegfall der Rüstungsausgaben (1,24 Billionen Euro 2009) ständen viele Mittel zur Verfügung.
Heute entscheiden eine Handvoll Konzernchefs und BürokratInnen. Vorschläge von Beschäftigten und AktivistInnen interessieren nicht. Im Sozialismus haben demokratische Diskussionen und Entscheidungen Vorrang. Im Ostblock existierte kein Sozialismus. Dort wurde die Wirtschaft bürokratisch organisiert. Die Angst der Elite vor Machtverlust verhinderte Innovationen und umweltfreundliche Technologien.
Die Zeit drängt: Wir müssen uns von der Profitwirtschaft befreien, wenn die Zukunft nicht für Konten, Yachten und Champagner-Cocktails einiger Weniger den Bach runter gehen soll.
Wir fordern:
- Schließung aller AKWs weltweit!
- Öffentliches Investitionsprogramm zur Energieeinsparung durch Wärmedämmung, Erneuerung von Heizungsanlagen, Wärmerückgewinnung, Kraft-Wärme-Kopplung etc.
- Alle Stromkonzerne in öffentliches Eigentum. Demokratische Kontrolle und Verwaltung der Energiebetriebe durch Belegschaftskomitees, VertreterInnen der arbeitenden Bevölkerung, Umweltschutz- und Verbraucherverbänden.
- Enteignung der Atomlobby und ihrer Profiteure in Wirtschaft und Politik. Dieses Geld muss für die Opfer und den Umstieg in saubere Energieformen verwendet werden.