Mi 31.07.2013
Wir dokumentieren hier die Eintrittserklärung der niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Heidrun Dittrich, die sich der SAV (der deutschen Schwesterorganisation der SLP) und dem Komitee für eine ArbeiterInneninternationale (CWI) angeschlossen hat. Diesem Schritt ging eine intensive Zusammenarbeit über Monate im Rahmen der LINKEN und der Antikapitalistischen Linken (AKL) voraus.
Warum ich in die SAV eintrete
Angesichts der Massenbewegungen auf fast allen Kontinenten, der gleichzeitigen Alternativlosigkeit vieler Menschen und der Enttäuschung über die neoliberalen Parteien, ist der Aufbau starker sozialistischer Kräfte entscheidend, um einen Ausweg aus der Krise des Kapitalismus aufzuzeigen. Sonst können prokapitalistische oder sogar faschistische Gruppen die bestehende Unzufriedenheit ausnutzen, aus progressiven Bewegungen werden Bürgerkriege wie in Syrien oder es kommt zur Herrschaft des Militärs wie in Ägypten. Solche Entwicklungen können nur verhindert werden, wenn die Arbeiterklasse international als eigenständige politische Kraft eine Alternative erkämpft.
Ich habe mich jetzt entschlossen, der Sozialistischen Alternative (SAV) beizutreten, weil ich eine internationale marxistische Organisation für notwendig halte, die eine solche Perspektive vertritt.
Die Hälfte meines Lebens verstehe ich mich als Marxistin und kämpfe gemeinsam mit KollegInnen, GewerkschafterInnen und Erwerbslosen für eine Alternative zu Krieg, Armut und Lohnsklaverei. Dafür bin ich seit meinem 16. Lebensjahr in der Gewerkschaft und im Betrieb aktiv. Vor fünf Jahren habe ich mich der LINKEN angeschlossen, weil eine starke sozialistische Partei, die eine gesellschaftliche Alternative zum kapitalistischen System aufzeigt, nötig ist. 2009 bin ich über die Landesliste Niedersachsen in den Bundestag für unsere Partei eingezogen. Ich bin der Meinung, dass unser Wirken im Parlament vor allem dazu genutzt werden sollte – wie es Rosa Luxemburg vor über hundert Jahren schon schrieb – um die Heuchelei der bürgerlichen Parteien zu offenbaren, unsere politischen Alternativen bekannt zu machen, Forderungen der außerparlamentarischen Bewegungen Gehör zu verschaffen und den Widerstand vor Ort zu stärken. Ich habe mich immer dagegen gewandt, parlamentarische Positionen als Selbstzweck zu begreifen.
Ich bin ebenfalls in der Antikapitalistischen Linken (AKL) aktiv, um in der Partei einen basisorientierten linken Flügel aufzubauen, der Mehrheiten für antikapitalistische und sozialistische Politik gewinnen kann. In der Partei und der AKL habe ich GenossInnen der LINKEN kennengelernt, die auch Mitglied der SAV sind. Über eine monatelange Zusammenarbeit habe ich erkennen können, dass meine Vorstellungen und die Vorstellungen der SAV von einer kämpferischen, demokratischen und sozialistischen LINKEN übereinstimmen.
Genauso wie ich, meinen die GenossInnen der SAV, dass die heutige Krise keine einfache Krise der Finanzmärkte, sondern eine systemische Krise des Kapitalismus ist. Diese Krise ist nicht durch Umverteilung zu lösen, weil die zentrale Triebfeder des Kapitalismus die Maximierung von Profit ist. Deshalb kann aus meiner Sicht eine Lösung nur durch die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und ökologisch-gesellschaftlicher Planung in einer sozialistischen Gesellschaft bestehen. Unsere Aufgabe ist es, ausgehend von den tagtäglichen Problemen der Menschen, einen sozialistischen Ausweg aufzuzeigen und eine Brücke zu einer sozialistischen Alternative zu bilden.
Die Herrschenden erzählen uns immer, es gebe keine Alternative zum Kapitalismus. Doch die weltweite Zerstörung unserer Umwelt, Kriege und die dramatische Verschlechterung der Lebensbedingungen von Millionen Menschen weltweit, lässt für mich keinen anderen Schluss zu, als den Kampf für eine sozialistische Gesellschaft zu führen -sonst zerstört der Kapitalismus die zivilisatorischen Lebensgrundlagen der Menschheit. Uns muss es gelingen, unsere Vorschläge nicht abstrakt, sondern konkret zu formulieren. Ausgehend von Kämpfen gegen Niedriglöhne, Entlassungen, Sozialabbau, für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn-und Personalausgleich, staatliche Investitionsprogramme in Bildung, Gesundheit und Soziales etc. ist es nötig, eine Verbindung zu antikapitalistischen Positionen zu schlagen und deutlich zu machen, dass dauerhafte Verbesserungennur durch die Überwindung der kapitalistischen Profitwirtschaft möglich sein werden.
Um die gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend zu ändern, brauchen wir die Mehrheit in der Gesellschaft. Diese können wir nur dadurch erlangen, dass unsere Partei zu Selbstaktivität auffordert und immer mehr Menschen durch Aktivität in einen Widerspruch zum System geraten. Das erreichen wir nicht durch parlamentarische Koalitionen mit bürgerlichen Parteien wie SPD und Grüne.
SAV-Mitglieder kämpfen in der LINKEN unter anderem gegen eine Anpassung an SPD und Grüne. Eine starke SAV stärkt die Linke in der LINKEN und hilft, eine Rechtsverschiebung der Partei entlang der Linie des Forums Demokratischer Sozialismus (FDS) zu vermeiden. SAV-GenossInnen verbinden die tagtägliche Aktivität zur Entwicklung von Gegenwehr und Gegenmacht durch Aufbau der LINKEN, der Linksjugend[‚solid] und Gewerkschaften mit der Idee einer sozialistischen Veränderung der Gesellschaft. Im aktuellen Bundestagswahlkampf werde ich mich gemeinsam mit SAV-Mitgliedern und der ganzen Partei für einen möglichst starken Wiedereinzug der LINKEN in den Bundestag einsetzen. Die Stärkung der SAV und der Aufbau der LINKEN sind kein Widerspruch.
Besonders beeindruckt bin ich von der Arbeit von SAV-Genossen beim Aufbau der ver.di Betriebsgruppe an der Charité, wo beispielhafte gewerkschaftliche Kampagnen geführt werden. Ich hatte die Gelegenheit auf einer internationalen Versammlung Mitglieder des Komitees für eine Arbeiterinternationale (der internationalen Organisation, der die SAV angeschlossen ist) kennenzulernen und eine tatsächliche internationale, sozialistische Vereinigung zu erleben. Insbesondere die Rolle der GenossInnen der Democratic Socialist Movement bei den Bergarbeiterstreiks und dem Aufbau einer neuen Arbeiterpartei in Südafrika und der Kampf von Xekinima für eine Einheit der griechischen Linken auf klarer sozialistischer programmatischer Grundlage, sind für mich beispielhaft für die Aufgaben der sozialistischen Linken international.
Ich habe als Bundestagsabgeordnete bisher bereits viel für außerparlamentarische Bewegungen gespendet. Die SAV schlägt vor, dass alle MandatsträgerInnen nicht mehr verdienen, als einen durchschnitten Lohn eines/einer FacharbeiterIn. Zum einen, um die Tätigkeit im Bundestag nicht aus persönlichem finanziellen Interesse auszuüben. Zum anderen, weil es wichtig ist, materiell nicht besser gestellt zu sein, als diejenigen, die man vertritt. Deshalb hab ich mich entschieden, ab sofort von meinen Diäten 2.400 Euro, angelehnt an mein Gehalt bevor ich Abgeordnete wurde, für meinen Lebensunterhalt zu verwenden und alles darüber hinaus an soziale Bewegungen und politische Projekte zu spenden.
Heidrun Dittrich