Di 01.04.1997
Wahlzeit ist auf der Uni ausgebrochen. Die abgelaufene Periode der Interessensvertretung der Studierenden war wohl eine der turbulentesten in ihrer Geschichte. Erstmals war es vor zwei Jahren gelungen, die Vorherrschaft der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft zu brechen. Dann folgte 1996 mit den StudentInnenstreiks die größte Jugendbewegung, die es in Österreich jemals gab.
Die rechten Fraktionen AG, JES und RFS, die sich voriges Jahr aktiv als Streikbrecher betätigten, haben mit ihrem Wahlkampf eine offene Schlammschlacht gegen „die Linken“ eröffnet: Antisemitische Hetzparolen gibt`s vom freiheitlichen RFS, deftige Wortwahl “Wir lassen uns nicht verarschen” von der AG. Und die monarchistische JES möchte den Linken die „rote Karte“ zeigen. AG-JES-RFS hat offensichtlich sowohl der Streik, wie der etwas „andere Wind“, der seit zwei Jahren in der ÖH weht, zu schaffen gemacht. Die ÖH ist die einzige große Interessensvertretung, die zumindest theoretisch nicht beim Rechtsruck, Auseinanderdividieren von sozial Schwachen und der Sozialabbauhysterie mitmacht.
Doch während die BasisaktivistInnen oft gute Arbeit leisten - sie werden jetzt wenigstens nicht mehr „von oben“ behindert - hat sich an der Arbeitsweise der ÖH-Spitze wenig verändert. Taktieren und fraktionieren mit (fast) jedem ist auch der „linken“ ÖH-Führung nicht fremd.
Das wichtigste politische Ereignis in der Unipolitik der letzten zwei Jahre war sicherlich die Protestbewegung der StudentInnen im Frühjahr 1996. Während die einzelnen linken ÖH-BasisaktivistInnen größtenteils voll in diese Bewegung integriert waren, versuchte sich insbesondere die Führung der bundesweiten ÖH eher am Rande dieser Bewegung zu halten. Dementsprechend wurden dann auch - entgegen den Forderungen der AktivistInnen - von der ÖH-Vorsitzenden Verhandlungen geführt.
Der Streik war weder „real“ völlig erfolglos - immerhin wurden drohende Studiengebühren kurzfristig abgewendet - noch gesellschaftspolitisch. Zum ersten Mal seit langem wehrte sich eine ganze Bevölkerungsgruppe. Aber im folgenden Herbst war bei den StudentInnen die Luft draußen - viele bemerkten erst jetzt, was die Maßnahmen für sie und ihr Studium bedeuten und versuchten, sich noch irgendwie durchzuboxen. Die ÖH-Führung hat hier kein Angebot formuliert, wie der Widerstand weiter gehen kann.
Entscheidend für die linken Fraktionen wird es sein, den Streik und seine Bilanz offensiv zum Thema zu machen. Es stimmt - Uni-Politik ist für die meisten Studierenden uninteressant. Aber noch nie war das Interesse der StudentInnen für Uni-Politik so groß wie während des Streiks. Sich dieser grundsätzlichen Auseinandersetzung nicht zu stellen, hieße, dieses Feld den Konservativen zu überlassen. Es täte den linken ÖHlerInnen auch nicht schlecht, einmal auf die eigene Basis zu bauen, statt ständig Angst vor deren reaktionärer Gesinnung zu haben. Am ehesten dürfte der Kommunistische StudentInnenverband (KSV) - wenn auch auf eine relativ abgehobene Art - in seinem Wahlkampf in positiver Weise an die Streikbewegung anknüpfen.