Sa 15.05.2004
Am 13. Mai fand im Lokal „Lokomotive“ in Linz ein Treffen von EisenbahnerInnen statt. Anlass war das verheerende Ergebnis zum „Dienstrecht neu“ und den massiven Verschlechterungen v.a. bei den Arbeitszeiten der sogenannten Turnus-Dienstler (diese machen etwa ein Drittel der rund 45.000 Beschäftigten aus). Zu diesem Treffen riefen unabhängige oberösterreichische Eisenbahner auf. Die SLP unterstützte und verbreitete diesen Aufruf im Rahmen der „Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften“ in Linz und auf Bahnhöfen in Wien.
Die Rückmeldungen waren ... enorm. Zum Treffen erschienen an die 80 Eisenbahner (aus mindestens vier Bundesländern), einige fanden keinen Platz mehr, etwa 10 Leute standen rund 3 Stunden, um der lebhaften Diskussion zu folgen. Wie weit die Ablehnung der Gewerkschaftsführung und ihrer Politik fortgeschritten ist, war überdeutlich. Die Gewerkschaftsspitze versuchte mit einigen Funktionären, den Unmut abzubremsen bzw. ein Bild vom Ausmaß der Unzufriedenheit zu bekommen.
Die wesentlichen Diskussionspunkte umfassten die Fragen, wie man die Verschlechterungen noch stoppen kann (Klage etc.), die einer Spaltung zwischen Turnus (Schicht-Dienst) und S-Plan („normale“ Arbeitszeiten, meist Büroarbeit) sowie zwischen „alt“ und „jung“, des Streiks bzw. undemokratischen Streikabbruchs 2003, die negative Rolle der GdE-Führung sowie der Gründung einer eigenen kämpferischen Fachgewerkschaft. Offensichtlich war eine Stimmung, die sich gegen die Spitzen der FSG richtete. Vertreter der GUG (Grüne Eisenbahner) brachten die Idee einer Sammelklage ein. Dies stieß auf Interesse. Gleichzeitig waren jedoch auch Stimmen zu hören, die die Effektivität dieser Mittel in Frage stellten. Als erster konkreter Schritt sind Klage und Einspruch auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, KollegInnen von verschiedenen Dienststellen zusammenzubringen.
Zur „Spaltung“ gab es einerseits mehrere Wortmeldungen, man solle einem Auseinanderdividieren entgegenwirken. Andererseits stellte so mancher Kollege fest, dass die Spaltung durch die Politik von Regierung, Management und Gewerkschaftsführung bereits Tatsache ist und man nun reagieren müsste eigene Fachgewerkschaft für Turnus-DienstlerInnen). Einige forderten, man solle als ersten Schritt die Gewerkschaftsbeiträge in einem eigenen Fonds verwalten und für juristische und andere Maßnahmen verwenden.
Viel wurde auch um Details der bevorstehenden Verschlechterungen diskutiert. Da die Informationspolitik der GdE-Personalvertretung sehr schlecht zu sein scheint, nutzten viele Kollegen verständlicherweise die Möglichkeit, den anwesenden Funktionären Fragen zu stellen. Diese nutzten dies wiederum, um Ergebnisse des Treffens zu verschleppen. Hierbei kam es einmal zu einem Wendepunkt, als ein wütender Eisenbahner die Initiative ergriff, den FSG-Funktionär niederschrie und forderte, konkret über Kampfmaßnahmen zu sprechen und dass die meisten hier her gekommen sind, weil sie bereits wüssten, dass sie GEGEN das Dienstrecht sind.
Interessant war ein Beitrag eines Betriebsrates aus dem Drucker-Gewerbe, der einen tiefen Einblick in die Situation der kollektivverträge in Österreich hat und meinte, von insgesamt 400 KVs würden die Eisenbahner auf Stelle 250 rangieren (von wegen Privilegien).
Ein Vertreter der fraktions- und branchen-übergreifenden „Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften“ und SLP-Aktivist brachte in einer Wortmeldung folgende Punkte ein, die allesamt sehr positiv aufgenommen wurden: Diese Entwicklung ist für die gesamte ArbeiterInnenschaft in Österreich von großer Bedeutung! Der Erfolg des Treffens sollte genutzt werden: eine gute Möglichkeit, die hier aufgeworfenen Fragen ausführlicher sowie unter Einbindung von KollegInnen aller Fachgruppen zu erörtern, ist die Einberufung eines österreichweiten Treffens innerhalb der nächsten Wochen. Die Frage, bei welcher Fraktion man ist, oder fraktionslos oder nicht einmal Gewerkschaftsmitglied, darf kein Hindernis für gemeinsamen Widerstand sein! Auch ist eine Einbindung von KollegInnen anderer Branchen sinnvoll, u.a. um Auswirkungen in der gesamten Gewerkschaftsbewegung zu zeitigen.
Nun hängt sehr viel davon ab, wie die betroffenen Oberösterreichischen Kollegen weitermachen werden. Auf ihnen lastet viel Druck. Für kommende Treffen wird einer der Knackpunkte sein, etwaigen „Bremsern“ zu verunmöglichen, das Treffen zu stören und konkrete Ergebnisse zu verhindern. Ein nächstes Treffen sollte eine unmittelbare Perspektive zur Organisierung des Widerstandes geben, aber die exakte Form dieser Organisierung in dem Sinne offen lassen, um möglichst viele, die aktiv etwas tun wollen, in Diskussion und Aktionsplanung einzubinden.
Um Solidaritätsbotschaften an die aktiven EisenbahnerInnen wird gebeten: wir leiten sie gerne weiter!